Musiktheorie Gitarre Metallica?
Hallo, ich habe hier gerade so meine Probleme mit der Musiktheorie. Also so gut wie jedes Metallica-Lied ist in e-moll. So wie dass jetzt gelernt habe, sollte man dann die akkorde fis vermindert, g-dur, a-moll, h-moll, usw. verwenden. Aber Metallica spielen trd ein ganz normales f als powercord, obwohl es doch eigntlich fis sein müsste. Wieso?
4 Antworten
IMHO ist es nicht besonders erfolgsversprechend, Metal-Songs mit der Harmonielehre erklären zu wollen. Während es in der Harmonielehre ja eben darum geht, welche Akkorde wann warum gut zusammen passen geht es ja - gerade auch bei Thrashmetal -eher genau um das Gegenteil: Man will möglichst "evil" klingen und nicht so, wie es harmonisch richtig wäre und/oder die Hörer es erwarten.
Zwei Sachen, die man nach üblichem Musikverständnis eigentlich nicht macht: Tritonus (übermäßige Quart) verwenden und einen Akkord einen Halbton über dem Grundton bilden. Beides sind häufige Stilelemente von Metallica.
Wenn man will kann man diesen E-F-Intervall auch damit erklären, dass es sich um eine phrygische Tonleiter handelt, wie MediaChaos bereits anmerkte. Aber auch dann sollte man nicht damit rechnen, dass der ganze Song sich strikt nach deren Harmonien richtet.
Grunsätzlich sollte man harmonisch nicht erklärbare Akkorde einfach als bewusste Verstöße gegen bekannte musikalische Regeln und Hörgewohnheiten ansehen und sich nicht weiter wundern.
"Zwei Sachen, die man nach üblichem Musikverständnis eigentlich nicht macht: Tritonus (übermäßige Quart) verwenden und einen Akkord einen Halbton über dem Grundton bilden. " Völliger Quatsch. Beides wird schon seit weit über hundert Jahren gemacht und ist auch ausführlich beschrieben. Der Tritonus ist das charakteristische Intervall eines Dominantseptakkordes und damit Das Intervall für die Funktionsharmonik schlechthin und ein Beispiel für einen Akkord einen Halben Ton über dem Grundton einer Skala wäre beispielsweise ein sog. "verselbständigter neapolitaner".
"Grunsätzlich sollte man harmonisch nicht erklärbare Akkorde einfach als bewusste Verstöße gegen bekannte musikalische Regeln und Hörgewohnheiten ansehen und sich nicht weiter wundern." Und grundsätzlich sollte man eben nicht alles, was man sich nicht erklären kann, nicht als nicht erklärbar abtun...
Du siehst aber schon das einschränkende "eigentlich" in meiner Antwort?
Natürlich kann man Tritonus oäbenutzen ...aber für die gelten dann auch ganz bestimmte Musiktheoretische Regeln. Wenn diese Regeln nicht eingehalten werden, dann geht es eben nicht um die von dir beschriebenen Funktionen der jeweiligen Akkorde!
Wenn Metallica einen Tritonus benutzt, dann wird der in den meisten Fällen nicht so aufgelöst, wie das normalerweise üblich ist.
Eben weil Metallica den Tritonus dann nicht in der von dir beschriebenen Form benutzt.
Tritonus erzeugt Spannung: Das will man im Metal!
Akkord Halbton über Grundton erzeugt Spannung: Das will man im Metal!
Wenn das gleichzeitig noch irgendwelche musiktheoretischen Erklärungen hat: völlig irrelevant!
Das hat beim Komponieren niemanden interessiert, das interessiert beim Hören niemanden.
Du hast schön ein paar Regeln auswendig gelernt und meinst jetzt, die auf alles anwenden zu müssen, das irgendwie nach den Regeln aussieht.
Egal ob das im Gesamtkontext irgendeinen Sinn ergibt oder nicht.
Wenn man einen Hammer hat, sieht man überall Nägel
Du weißt nicht mehr als ich.
Aber du weißt nicht einmal wann du dein Wissen sinnvoll anwendbar ist und wann nicht.
Wenn ich es recht verstanden habe, nutzen die eben NICHT die E-Moll Tonleiter, sondern E. phryhisch, das ist der dritte Modus aus C-Dur.
Und in E-phrygisch kommt eben kein F# vor, sondern ein F, obwohl die Tonleiter sich sonst moll-ähnlich anhört.
Das hast du schon richtig erkannt, nur ist Musiktheorie keine Vorschrift.
Richtet man sich strikt 1/1 nach Skalen und Tonarten, ohne Abweichungen, dann kommt der moderne Pop bei raus. Und schon hat man den Salat.
So eine Tonleiter oder Tonart kann eine super Basis für etwas komplexeres sein, nur sollte es eben nicht über diese Basis hinaus gehen.
Angenommen ich spiele jetzt nur Töne der natürlichen e-moll Tonleiter. Das klingt zwar nicht schlecht, wird aber ziemlich schnell langweilig... es fehlt die Abwechslung.
Die Kunst dabei ist es, diese "Ausnahmetöne" zwischendurch ins Spiel mit rein zu bringen - aber eben die Richtigen. Ob man jetzt spontan irgendetwas improvisiert oder was im Studio aufnimmt, ist dabei egal. Das Gefühl (oder auch Wissen), welche Töne wozu, wie und in welchem Kontext passen, auch unabhängig von Tonarten oder Ähnlichem, kommt mit der Zeit und der Spielerfahrung.
Dass ein f gut zu e-moll passt und nicht schlecht klingt, haben die Jungs von Metallica schnell rausgefunden... ist ja auch irgendwie naheliegend, allein von der Position her.
"Dass ein f gut zu e-moll passt und nicht schlecht klingt, haben die Jungs von Metallica schnell rausgefunden... ist ja auch irgendwie naheliegend, allein von der Position her." Ein F zu einem e-moll akkord klingt ziemlich beschissen. Ein F-Dur Akkord in einem e-moll Kontext spricht entweder für einen modal interchange chord, das einleiten einer Modulation oder dafür, dass es von vorn herein gar nicht e-moll sondern z.B. E phrygisch war... .
Musiktheoretiker haben sich schon mit viel zu komplexer Musik auseinandergesetzt, um von einem Metallicasong in Verlegenheit gebracht zu werden... ;)
So meinte ich das auch nicht. Viel mehr, dass Metallica das für sich schnell heraus gefunden haben. Ich glaube nämlich nicht, dass die damals (in ihren Anfängen) besonders viel Ahnung von der Theorie hatten.
Dass das Verändern eines Tones einer Skala am Ende wieder auf irgendein Anderes Modell hinaus läuft, ist ja meistens so. Bei E phrygisch ist es eben der 2. Ton, das fis, der einen Halbton tiefer ist als bei e-moll.
Nur ist es im Endeffekt ja nicht wirklich ausschlaggebend, ob man jetzt "das F im e-moll, welches eigentlich ein fis sein müsste" als unregelmäßigen "Ausnahmeton", Teil von E phrygisch oder als irgendeine Modulation definiert.
Ich muss aber auch sagen, dass ich in Musiktheorie fitter sein könnte. Ich hatte das Ganze so geschildert, wie es für mich selber am besten funktioniert und am meisten Sinn macht.
"Ich glaube nämlich nicht, dass die damals (in ihren Anfängen) besonders viel Ahnung von der Theorie hatten." Gerade Cliff Burton soll was klassische Musiktheorie angeht nicht ganz unbefleckt gewesen sein. Ich halte es für keinen Zufall, dass die musikalisch interessantesten Stücke von Metallica (vor allem das Master of Puppets Album) zu seiner Zeit entstanden sind.
Nicht alles was komplex klingt ist es auch.
Nur weil es für einzelne Akkorde/Intervalle musikaltheoretische Erklärungsversuche gibt heißt das noch lange nicht, dass das auch die Intention der Künstler war.
Noch nie hat James Hetfield bei einer Akkordfolge gedacht "Oh ne, die können wir so nicht benutzen, weil die entspricht nicht der Musiktheorie!"
Wenn in Metallica etwas phrygisch klingt dann nicht, weil die Jungs gesagt haben "Jetzt schreiben wir ein Stück in phrygisch"
Diese Einsortierung "klingt eher phrygisch" ist doch letztendlich nur ein Hilfsmittel damit man weiß welche Skalen man bei Soli verwenden kann, aber keine kompositorische Grundregel.
"Noch nie hat James Hetfield bei einer Akkordfolge gedacht "Oh ne, die können wir so nicht benutzen, weil die entspricht nicht der Musiktheorie!" Darum geht's auch nicht. Was heißt denn bitte "entspricht nicht der Musiktheorie"? Musiktheorie ist was beschreibendes und nichts reglementierendes. Mein Punkt ist, dass dem guten Herren eher nicht zuzutrauen ist, dass ihm was einfällt, was sich nicht musiktheoretisch beschreiben lässt. Im Gegenteil: meist handelt es sich um oft verwendete Klischees.
"Diese Einsortierung "klingt eher phrygisch" ist doch letztendlich nur ein Hilfsmittel damit man weiß welche Skalen man bei Soli verwenden kann, aber keine kompositorische Grundregel."
Die Einschätzung "klingt ein wenig phrygisch" ist so sinnvoll wie "ein wenig schwanger" oder "halb tot"...
Im übrigen ist Musiktheorie kein Hilfsmittel um um herauszufinden, "welche Skalen man bei Soli verwenden kann" sondern um es zu ermöglichen, ein Musikstück kompositorisch zu beschreiben und eventuell eine Systematik zu finden und sie benennen und kommunizieren zu können.
Noch ein kurzer Nachtrag:
Gute Lieder haben meistens einen ganz bestimmten Charakter, oder sehr prägnant klingende Stellen, die jedem in Erinnerung bleiben. Genau diese Stellen werden durch solche Abweichungen von der Regel geschaffen, was dem ganzen Lied auch erst einen einzigartigen Charakter gibt.
Würde man sich immer genau nach Tonarten richten, dann gäbe es auch nur genau so viele verschieden klingende Lieder wie Tonarten. Das wären ziemlich wenig.
Es gibt weitaus komplexere, musiktheoretische Erklärungsmodelle, als nur Stufenakkorde einer Skala.
Um dir da weiter zu helfen, ist schon eine genaue Akkordfolge nötig.
Naja, die Akkordfolge von e-moll eben, die kann man ja erschließen. E-moll, Fis vermindert, g dur, a moll, h moll, c dur, d dur, e-moll
Danke für eine kompetente Antwort!