Misarchismus

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Nietzsche hat das Wort selbst gebildet.

Dabei hat er Fremdwörter aus der altgriechischen Sprache verwendet.

μῖσος (misos) = Haß, Feindschaft, μισεῖν (misein) = hassen, verabscheuen, verschmähen, vernachlässigen, nicht wollen; ἀρχή (arche) bedeutet unter anderem Herrschaft, ἄρχειν an der Spitze stehen, anführen, herrschen, gebieten.

Miso- oder Mis- kommt in Fremdwörtern vor, z. B. Misogynie oder Misanthrop.

Anarchismus (ἀναρχία [anarchia] = Herrschaftslosigkeit) ist ein Fremdwort, das mit –archismus endet.

Wörter mit -ismus am Ende bezeichnen oft eine Weltsicht/Weltanschauung/Ideologie.

Misarchismus bedeutet Haß/Feindschaft/Abscheu/Ablehnung/Unwille gegen Herrschaft bzw. den Willen zum Herrschen.

Nietzsche hält den Willen zur Macht für grundlegend, Misarchismus ist ein Wort für eine Einstellung, gegen die er sich wendet. Eine Stelle im Zusammenhang:

Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral : eine Streitschrift (1887). Zweite Abhandlung: „Schuld“, „schlechtes Gewissen“ und Verwandtes:
„Die demokratische Idiosynkrasie gegen Alles, was herrscht und herrschen will, der moderne Misarchismus (um ein schlechtes Wort für eine schlechte Sache zu bilden) hat sich allmählich dermaassen in’s Geistige, Geistigste umgesetzt und verkleidet, dass er heute Schritt für Schritt bereits in die strengsten, anscheinend objektivsten Wissenschaften eindringt, eindringen darf; ja er scheint mir schon über die ganze Physiologie und Lehre vom Leben Herr geworden zu sein, zu ihrem Schaden, wie sich von selbst versteht, indem er ihr einen Grundbegriff, den der eigentlichen Aktivität, eskamotirt hat. Man stellt dagegen unter dem Druck jener Idiosynkrasie die „Anpassung“ in den Vordergrund, das heisst eine Aktivität zweiten Ranges, eine blosse Reaktivität, ja man hat das Leben selbst als eine immer zweckmässigere innere Anpassung an äussere Umstände definirt (Herbert Spencer). Damit ist aber das Wesen des Lebens verkannt, sein Wille zur Macht; damit ist der principielle Vorrang übersehn, den die spontanen, angreifenden, übergreifenden, neu-auslegenden, neu-richtenden und gestaltenden Kräfte haben, auf deren Wirkung erst die „Anpassung“ folgt; damit ist im Organismus selbst die herrschaftliche Rolle der höchsten Funktionäre abgeleugnet, in denen der Lebenswille aktiv und formgebend erscheint.“

Bei Nietzsche:

Die demokratische Idiosynkrasie gegen Alles, was herrscht und herrschen will, der moderne Misarchismus [...] hat allmählich dermaassen in’s Geistige, Geistigste umgesetzt und verkleidet, dass er heute Schritt für Schritt bereits in die strengsten, anscheinend objektivsten Wissenschaften eindringt, eindringen darf; ja er scheint schon über die ganze Physiologie und Lehre vom Leben Herr geworden zu sein, zu ihrem Schaden, wie sich von selbst versteht, indem er ihr einen Grundbegriff, den der eigentlichen Aktivität, eskamotirt hat. = Demokratie.

Nietzsche Wörterbuch

Bzw: demokratische Idiosynkrasie

  • richtet sich gegen alles, was herrscht und herrschen will
  • der moderne Misarchismus, der bis ins Geistigste dringen will

Da wirst du auch nichts finden, da Nietzsche dieses Wort "erfunden" hat :)

Gegen alles was „herrscht und herrschen will“ entwickelt sich ein Unwille, diesen bezeichnet Nietzsche als "Misarchismus"


muroshi 
Beitragsersteller
 11.08.2011, 20:55

Danke, liebe Nimora. ;-)

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Das ist missklingender Neologismus.