Lebenserwartung 18.Jahrhundert?

4 Antworten

Nein, das stimmt nicht - die Lebenserwartung war damals geringer, unter 30!

Hab kürzlich nach so was gesucht und dies gefunden wo es heisst, dass bei Veröffentlichung der ersten allgemeinen Sterbetafel von 1871/1881 für das damalige Reichsgebiet die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt für Männer 35,6 Jahre und für Frauen 38,5 Jahre betragen hat. Das war die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Es ist gut möglich, dass es hundert Jahre früher, also im 18. Jahrhundert, auch nicht besser war. Das ist allerdings auch nicht selbstverständlich, denn im 19. Jahrhundert gab es relativ viele Epidemien und Slums in den überfüllten Städten ohne hygienische Wasserver- und -entsorgung, das war eine ganz besonders schlechte kranke Zeit.

Google meint, dass die Lebenserwartung um 1700 und auch noch 1750 unter 30 lag (was bedeutet, dass sehr sehr viele schon als Kinder gestorben sind, und nur sehr wenige 60, 70 oder auch 80 wurden, was es schon auch gab).

In der Antike und im Mittelalter war es m.W. deutlich besser. Zur Vertiefung lies hier:

https://www.demogr.mpg.de/de/news_events_6123/news_pressemitteilungen_4630/presse/lebenserwartung_kontinuierlicher_anstieg_seit_1750_9387

Das Missverständnis um Lebenserwartungen

Es ist das übliche Missverständnis heutiger Personen, welche sich kurz mit Geschichte befassen, dass die Leute angeblich alle so früh gestorben seien und mit 40 schon alt gewesen wären.

Der Grund für sie geringe Lebenserwartung ist die sehr hohe Kindersterblichkeit, welche die gesamte Vormoderne durchzieht. Auch im 18. Jahrhundert verstarb etwa jedes 2. Kind früh undnur jeder zweite erreichte das 18. Lebensjahr. Das ist für sich genommen bereits ein grauenhaften Zustand für uns heute, war aber eben völlig normal. Diese Kindersterblichkeit senkt natürlich die durchschnittliche Lebenserwartung der gesamten Bevölkerung massiv ab.

Das heißt aber überhaupt nicht, dass die Menschen nur 37 Jahre alt geworden seien. Tatsächlich ist die Lebenserwartung von Erwachsenen weit weniger dramatisch gewesen. Natürlich, moderne Medizin, grundlegende Erkenntnisse und Antibiotika, Impfstoffe .... all das stand den Menschen damals so nicht zur Verfügung und daher überleben wir heute viele Krankheiten sicher, die damals lebensbedrohlich waren. Eine Lungenentzündung ist auch für uns gefährlich, wenn wir sie verschleppen. Damals war sie tödlich. Auch Seuchen des 18. Jahrhunderts waren damals noch nicht heilbar, während sie heute ausgerottet sind.

Die für uns harmlosen Kinderkrankheiten ie Masern waren damals für einen großen Teil der Erkrankten tödlich.

Trotzdem: die Menschen sind deutlich älter als 37 geworden. Wir wissen das so genau, weil wir verschiedene Quellen dazu haben:

  • Grabfunde auf alten Friedhöfen geben einen guten Überblick über sie Zusammensetzung der Verstorbenen nach Alter und Geschlecht in Friedenszeiten.
  • Für das 18. Jahrhundert liegen unzählige Kirchenchor vor, in denen sich die Lebensdaten der örtlichen Bevölkerung finden, auch Geburt und Tod namentlich bekannter Personen.
  • Berechnungen von Sterbewahrscheinlichkeiten aus dem Jahr 1700 für eine Versicherung z.B.

Es gibt noch andere Quellen, aber diese sind die relevantesten.

Faustformel:

Je älter der Mensch, desto größer die Überlebenschance, je jünger, desto höher das Sterberisiko. Dies ändert sich dann erst mit etwa 60/65 Lebensjahren.

Außerdem ist wichtig, dass Frauen aufgrund der hohen Geburtssterblichkeiten früher verstorben als Männer.

Für das 18. Jahrhundert gibt es übrigens such widersprechende Zahlen. Einerseits stieg die Lebenserwartung von 1700 bis 1750 um etwa 10% an, andererseits fielen sie in den vielen Krisenzeiten weit unter das Niveaus des Mittelalters. Tendenziell ging es den Menschen da tatsächlich erheblich schlechter als im Mittelalter selbst, was verschiedene Gründe hat.

Leider habe ich die Aufzeichnungen der Berechnung einer Sterbeversicherung aus dem Jahr 1700 nicht mehr. Daher muss ich aus dem Gedächtnis zitieren:

  • Etwa 5% starben älter als 75.
  • Etwa 10-20% starben älter als 60.
  • Viele starben zwischen 50 und 60.
  • Etwa ebensoviele jüngere.
  • Etwa ebensoviele starben zwischen 20 und 40.
  • Die meisten starben vor dem 18. Lebensjahr, ca. 50% - je jünger, desto häufiger. Davon der Großteil im Grundschulalter, Kindergartenalter und nach oder bei der Geburt.

Uch hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

Das könnte stimmen. Ich habe letztens gelesen, dass im Jahr 1900 die Lebenserwartung bei 44 Jahren lag.

Ja. Trotzdem gab es natürlich alte Leute. Es gab eine hohe Kindersterblichkeit, was den Durchschnitt verringert. Ausserdem war die medizinische Versorgung nicht so gut.


Schemset  16.06.2024, 17:42

Und das ist entscheidend! Die hohe Kindersterblichkeit drückt den Durchschnitt so gewaltig nach unten. Wenn man die ersten 5 Jahre mal überstanden hatte, hätte man durchaus eine gute Chance auf 60-80 Jahre, auch wenn das Risiko eines tödlichen Verlaufs bei Krankheit oder Unfall auch größer war als heute.

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