Kritisches Gedicht zur DDR (1970-1990)?

2 Antworten

Zwischen Wand- und Widersprüchen machen sie es sich bequem.
Links ein Sofa, rechts ein Sofa, in der Mitte ein Emblem.
Auf der Lippe ein paar Thesen, Teppiche auch auf dem Klo.
Früher häufig Marx gelesen. Aber jetzt auch so schon froh.
Denn das „Kapital“ trägt Zinsen: Eigenes Auto. Außen rot. 
Einmal in der Woche Linsen. Dafür Sekt zum Abendbrot.
Und sich noch betroffen fühlen von Kritik und Ironie.
Immer eine Schippe ziehen, doch zur Schippe greifen nie.
Immer glauben, nur nicht denken und das Mäntelchen im Wind.
Wozu noch den Kopf verrenken, wenn wir für den Frieden sind?
Brüder, seht die rote Fahne hängt bei uns zur Küche raus.
Außen Sonne, innen Sahne – nun sieht Marx wie Moritz aus. 
(Kurt Bartsch: Sozialistischer Biedermeier; 
In: Zwiebelmarkt – Komisches und Satirisches aus drei Jahrzehnten – Gedichte; 
Eulenspiegel Verlag 1978, S. 232)

http://www.tschiches.de/publik/ichinbuecher/abschnitte/spurensuche.htm

Bei Wolf Biermann dürftest du fündig werden.

Seit Willy Brandts Entspannungspolitik seit ca. 1970 galt (gilt?) allzu deutliche Kritik an der DDR im Westen nicht mehr als "politisch korrekt". Deshalb dürften weitere Beispiele am ehesten in  der Ost-Untergrundliteratur zu finden sein.