Klavierstücke auswendig oder „vom Blatt“?

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Das kommt beim Klavier vor allem auf die Situation an. Wenn du einen Begleiter bist, würde ich niemals ein Stûck auswendig lernen, allein schon vom Zeitaufwand her. Das gilt auch für Kammermusik.

Wenn du aber als Solist ein Klavierkonzert oder ein Rezital vorträgst, ist Auswendiglernen schon fast Pflicht. Durch Auswendigspielen, kannst du viel besser Emotionen vermitteln und bist deutlich stärker mit dem Instrument verbunden. Das bemerkt auch das Publikum. Natürlich ist auswendigspielen aber auch riskant, denn die Chance im Konzert einen Blackout zu haben, wenn man nur durch Wiederholung das Stück im Muskelgedächtnis auswendig kann, ist ziemlich hoch. Diese Chance kann man aber durch bestimmte Strategien verringern beziehungsweise fast auf 0 setzen.

Beim Erlernen eines Stückes solltest du immer so langsam üben, dass du keine Fehler machst oder falsche Töne spielst. Erst wenn du im langsamen Tempo spielen kannst, wird das Tempo in 5% Schritten erhöht. Solltest du dann Fehler machen, reduiziere das Tempo wieder. Wenn du das Stück nie falsch gespielt hast, wirst du es mit hoher Wahrscheinlichkeit im Konzert auch nicht falsch spielen. Zudem sollte man sich alles, was man machen will (Fingersätze, Bewegungsrichtungen, Dynamik, Harmonien, Funktionen)in die Noten schreiben, denn du kannst nur das nachher auswendig können, was tatsächlcih auch in den Noten steht. Natürlich ist es wichtig einzelne Hände zu beherschen, weswegen du auch direkt vor dem Konzert noch einzelene Hände üben solltest. Zuletzt sollte das Stück völlig auf Harmonien, Melodien, Rhythmen, Form und Figuren durchanalysiert sein und die Analyse solltest du dir beim spielen denken. So kann man, sollte man herausfliegen, direkt weiterspielen, da man die nächste Harmonie jnd Figur schon kennt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Beides ... alles zu seiner Zeit. Das folgende gilt nicht nur für Klavier sondern m.E auch für andere Instrumente.

Ich denke mal, das hat was "mit dem Arbeitsauftrag" zu tun. Wenn Du z.B. übst oder auch in einem grossen Orchester spielst, kommt es auf Qualität und Genauigkeit an ... da ist das nach Noten spielen schon eher angesagt.

Stehst Du aber z.B. mit einer Band auf der Bühne, dann kommt es auf andere Dinge an und weniger darauf, ob die Note X auch genau an Stelle Y gespielt wurde. Damit sage ich nicht, dass da nicht auch Qualität gefragt ist.

Ich selbst spiele eigentlich nie nach Noten, schaue mir die aber schon an, wenn ich ein Lied für mich erlerne und vorbereite. Ab dann geht es in die Band und dann kommen meine eigenen Interpretationen und das Bandarrangement dazu und oft passen dann die Noten 1:1 gar nicht mehr, da wir eben auch nicht 1:1 covern, sondern das Stück mal mehr mal weniger unseren Möglichkeiten angleichen. Persönlich empfinde ich das Spielen nach Noten als sehr statisch, man klebt nur an den Zeilen und als Drummer kann ich auch schlecht Umblättern, von daher bleibt mir tatsächlich nur, das Stück auswendig zu spielen. Gruss


annonymus702  07.10.2020, 09:38

Auswendig genau nach Noten spielen schließt sich nicht aus. Oder wie stellst du dir das bei den ganzen Pianisten vor?

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Wie @DonCredo bereits sagte kann beides von Vorteil sein, da passt das Beispiel mit einem Orchester wirklich gut. Ich persönlich würde es so bewerten:

Es ist toll wenn man die Noten lesen kann und gleichzeitig dazu "blind" spielen kann. Zudem ist es meiner Meinung nach einfacher das Stück neu zu interpretieren oder Variationen hinzuzufügen. Das würde mir beim notenlosen Spielen schwerer fallen.

Das Schöne beim notenlosen Spielen ist nunmal, dass man keine tausende Noteblätter mit sich herumschleppen muss, diese nicht umblättern muss etc. Dafür sollte man aber das Lied wirklich gut kennen, um es nach Takt zu spielen. Jedoch bevorzuge ich das notenlose Spielen eher, da ich Lieder immer wieder in verschiedenen Pacings und mit verschiedenen Variationen spielen kann so wie ich möchte. Dabei bin ich an keinem Notenblatt gebunden.

Huh. Also ich ertappe mich da bei dem Gedanken, dass man das früher eben gemacht hat, von Noten spielen, und das man es deshalb so machen soll.

Das Problem ist, die Ansprüche daran, wie gut man ein Stück spielen muss, damit es ok ist, sind glaub ich gestiegen, sogar so sehr dass es sehr störend ist wenn man die Noten noch "hört" also wenn der Interpret tatsächlich noch die Noten im wesentlichen abliest. Dann hat er es ja nicht durchgestaltet.

Wenn man ein Stück natürlich kann ist es egal ob man die Noten noch da liegen hat oder nicht. Aber wirklich ablesen und dabei gut spielen... das ist schwierig. Insbesondere auch da uns so viele Stilrichtungen offenstehen und auch die klassische Musik kein Monostil ist. Wie soll man während dem Ablesen gleichzeitig auch noch das richtige "Gehabe", die richtige Agogik treffen, für die jeweilige Musik, ohne die Noten zu kennen? Die meisten Leute müssen ein Stück so viel üben bevor sie es gut genug können, dass sie dann nicht mehr wirklich ablesen müssen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – in der Schule haben wir Lieder gesungen (z.B. über Ponys)

Wenn man Stücke total verinnerlicht, kann man sie nach vielen, vielen Übungstunden auch auswendig, muss sich nicht mehr auf das Blatt sondern nur mehr auf die Performance konzentrieren.