Karikatur Otto von Bismarck?

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Die Karikatur erschien in: Kladderadatsch : Humoristisch-satyrisches Wochenblatt, 15. Jahrgang, Nr. 57, 14. Dezember 1862, S. 228.

https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kla1862/0228

https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kla1862/0228/scroll

Gezeigt wird Otto von Bismarck, den der preußische König Wilhelm I. am 23. September 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt hatte. Auf seinem Kopf ist die Spitze eines Helm mit Spitze (»Pickelhaube«), der in der preußischen Armee verwendet worden ist und in Darstellungen Preußen symbolisieren kann.

Bismarck äußert in der Karikatur: „Damit kann ich nicht regieren“. In seinem ausgestreckten rechten Arm hält er ein Schriftstück ein Stück weit von seinem Körper weg. Mit seiner linken Hand deutet er darauf. Zu lesen ist: „Die Kammer hat das Recht“.

Die Bildunterschrift zitiert aus Goethe, Faust II: „Das Unzulängliche, Hier wird's Ereigniß;“

Hintergrund ist ein Heereskonflikt in Preußen, der sich zum Verfassungskonflikt ausweitete. Eine Mehrheit der Abgeordneten des Abgeordnetenhauses des preußischen Landtages war mit Plänen zur einer Änderung der Heeresorganisation zum Teil nicht einverstanden und lehnte schließlich 1862 die Haushaltsgelder dafür ab. Die Opposition gegen die Heerespläne wurde von liberalen Abgeordneten getragen (1861 war von Liberalen die Deutsche Fortschrittspartei gegründet worden).

https://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fischer_Verfassungskonflikt

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/reaktionszeit/deutscherbund/heereskonflikt

Bismarck war angetreten, notfalls auch gegen die Mehrheit des gewählten Parlaments und seine Beschlüsse zu regieren. Wilhelm I. und Bismarck griffen eine Lückentheorie auf, nach der in der Verfassung nicht geregelt sei, was bei Uneinigkeit von Verfassungsorganen (König, Herrenhaus, Abgeordnetenhaus) geschehen solle und insofern eine Lücke vorhanden sei. Das Staatsleben könne aber nicht stillstehen und die Regierung dürfe nach ihren Plänen weiterregieren, damit die Staatsgeschäfte weiterlaufen können. Danach wurden im Streitfall der König und seine Regierung ausschlaggebend.

Bismarck versuchte zuerst, die Zustimmung der Abgeordneten zu bekommen, scheiterte aber damit. Am 13. Oktober 1862 ließ er die Sitzung des Landtags schließen (seine Kammern waren das Herrenhaus und das gewählte Abgeordnetenhaus). Der Landtag wurde auf das Jahr 1863 vertagt. Bismarck regierte ohne einen vom Parlament genehmigten Haushalt, was der Verfassung widersprach.

Die Äußerung „Damit kann ich nicht regieren“ bezieht sich auf die preußische Verfassung vom 31. Januar 1850, nach der das Parlament das Recht hatte, über den Staatshaushalt zu entscheiden und einer Regierungsvorlage zuzustimmen oder sie abzulehnen.

Bismarck vertritt also in der Karikatur eine reaktionäre Politik und preußische Staatsräson, bei der die Verfassung seinen Gedanken darüber, wie er regieren möchte, untergeordnet wird.

Ich denke, dass es darum geht, dass der Kaiser das "Sagen" hatte, aber Bismarck regieren wollte. Hatte er im Prinzip ja auch, bis der Enkel ihn entließ.Er war ja nur der Kanzler und ohne Zustimmung vom Kaiser ging da nichts.


ArnoldBentheim  27.11.2020, 21:35

Hier geht es um die preußische Kanzlerschaft Bismarcks ab 1862, nicht um seine Reichskanzlerschaft! 😉

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