Kann man einen Atheisten dazu zwingen im Musikunterricht christliche Lieder zu hören?
Hi, ich bin ein überzeugte Atheist und fühle mich nicht gut, wenn ich in der Schule christliche Lieder wie Hallelujia singen muss. Daher die frage: Kann ich dazu gezwungen werden? Ich glaube nicht, denn im Grundgesetz Artikel 140, Artikel 136 WRV steht:
(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.
Also kann ich eigentlich nicht dazu gezwungen werden, oder?
Danke für Antworten im vorraus :)
PS: Bitte lasst solche Antworten wie "Jetzt übertreib nicht, du machst dir nur Stress, als ob es so schlimm wär ein paar christliche Lieder zu singen. Gib einfach nach und spring über deinen Schatten." Die sind nicht hilfreich, sondern nur nervig.
38 Antworten
Nach meinem Dafürhalten haben religiöse Lieder in einem regulären Musikunterricht nichts verloren. Das solltes du mal anmerken und nötigenfalls mit dem Verlassen des Unterrichts unterstreichen. Beschwer dich bei dem Schuldirektor oder einem Vertrauenslehrer. Es darf niemand gegen seinen Willen mit Dingen konfrontiert werden, die gegen das Gesetz verstoßen, denn das geschieht in diesem Fall. Sollte die Schule nicht darauf reagieren, solltest du oder deine Eltern die Schulaufsichtsbehörde anschreiben, denn schon der Religionsunterricht wird an den meisten Schulen nicht mehr abgehalten. Aber religiöse Musik ist nicht Schulpflichtig. Als Atheist hast du sogar das Recht, dich von so einem Unterricht abzumelden, wenn der religiöse Charakter ständig in den Unterricht einfließt! Lass dich nicht unterkriegen, auch wenn immerwieder religiöse Fanatiker versuchen, dich zu bekehren. Auch auf dieser Internetseite. Ich finde das absolut daneben.
Die großen Komponisten haben ihre Musik häufig für religiöse Anlässe geschrieben. Das lässt sich im Musikunterricht schlecht ausblenden.
Barock-Literatur ist vor allem religiöse, ja christliche Literatur, und die gibt es sehr oft als Kirchenlied.
Will man die Literatur und Musik unserer Kultur verstehen, kommt man an einer Beschäftigung mit ihren Inhalten nicht vorbei.
Man kann ja auch nich den Englisch-Unterricht und die Lektüre von Shakespeare ablehnen, nur weil der ständig Bibelzitate bringt, und ein atheistischer Schüler damit in "schwerste Gewissensnöte" gebracht wird.
Im laizistischen Frankreich hat der Atheist Jack Lang (er war schon Kulturminister) gefordert, dass in den Schulen wieder Bibelkenntnisse vermittelt werden sollen, weil die zur Kultur gehören.
Natürlich kannst du dazu gezwungen werden, dir die Lieder anzuhören und mitzusingen, da es sich um eine musikwissenschaftliche, kulturhistorische Auseinandersetzung handelt und nicht um eine religiöse Bekehrung oder kirchliche Rituale; das heißt, dich zwingt niemand, die vorgetragenen Inhalte nachzuleben.
Religiöse Lieder zu singen ist also kein kirchliches Ritual, dann stell mal nen Antrag auf Abschaffung der Gesangsbücher in der Kirche.
Und natürlich hat das ganze auch mit religiöser Bekehrung zu tun. Ein atheistischer Lehrer würde andere nicht religiöse Lieder wählen. Nur christliche Lehrer wählen solche Lieder und versuchen so insgeheim ihren Missionsauftrag zu erfüllen.
Musik und Kultur kann man auch ohne religiösen Unterton lehren.
Würdest du ein vertontes Märchen auch nicht mitsingen ? Oder eine vertonte Fabel ? Wenn ein z.B.Christ sich weigern würde ein Lied mitzusingen das sich gegen die Existenz Gottes richtet , dafür hätte ich ja Verständnis . Aber umgekehrt ? Letztendlich kann dir das als Atheist völlig egal sein , von was oder wem das Lied handelt . Und gerade Musik aus vergangenen Jahrhunderten handelt ja meist von Religion . Und wenn diese Musik im Unterricht behandelt wird so gehört das zur Bildung einfach dazu . Nur wenn der/die Lehrer/in damit den eigenen Glauben unterstreichen und propagieren will wird die Sache kritisch.
Du bekomst im Musikunterricht keine Religion vermittelt sondern Musikwissen. Dass ein Großteil der Musik aus dem religiösen Bereich stammt, ist dabei halt eine Tatsache, an der man nicht vorbei kommt.