kann man auf dem Hammerklavier laut und leise spielen?

5 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Nein, mit "Druck" irgendwelcher Art hat das Klavierspielen bzw. das "Tastendrücken" nichts zu tun! Druck ist etwas Statisches, Tastenschlagen hat aber etwas mit Dynamik zu tun, also mit Geschwindigkeit. Ich muss mich wiederholen, weil es scheinbar nicht oft beachtet wird, bzw. mißverstanden: der einzige Parameter, der vom Spieler abhängt, ist die Geschwindigkeit, mit der die Taste heruntergedrückt wird bzw. die G., mit der der Hammerkopf auf die Saite(n) trifft. Natürlich spielen für die Lautstärke noch andere Parameter, nämlich die Konstruktionsart und -Güte, die Massen von Saite und Hammerkopf, aber diese Parameter sind nicht mehr vom Spieler abhängig. Marc Champollion, Instrumentenbauer in Freiburg.

Die Antwort des Herrn Champollion ist wirklich amüsant. Es ist rraurig, dass er als "Fachmann" für historische Klaviere anscheinend immer noch deren Spielart nicht richtig erkannt hat. Richtig in seinen Ausführungen ist, dass die Lautstärke eines Instrumentes von seinem Material abhängt. Härtere und dickere Saiten sind in der Regel lauter und dickere Hammerköpfe erzeugen einen lauteren ton. Der wie heute üblich große Weg, den der Hammerkopf zurücklegen muss, ehe er auf die Saiten trifft, ist verantworltich für die meist unerträgliche Lautstärke moderner Klaviere. Doch warum konnten Liszt und Chopin mühelos große Säle mit ihrer Klaviermusik füllen, ohne moderne Klaviere und ohne Schallverstärker? Ganz einfach, weil beide über die Kunst des Spieles mit Gewichtung verfügten und über die Kunst des schnellen Repetierens. Beides ist notwendig, um am Hammerklavier laut und kräftig spielen zu können. Mein Lebensgefährte, der Pianist Martin Dalheimer hat etlich Einspielungen auf youtube, wo man sehr genau hören kann, dass laut und leise auf einem histroischen Hammerklavier geht. Es erfordert aber üben, üben üben. Mit modernen Instrumenten lässt sich diese Fertigkeit nicht oder nur sehr schlecht erarbeiten. Sie sind in der Regeln alle viel zu laut und haben eine viel zu schwergängige Mechanik. Beachten sie bei der Recuerdos-Einspielung einmal die Geschwindigkeit, mit der Martin repetiert, das ist auf einem Steinway undenkbar. Wenn sie Tipps zum Umgang mit dem Hammerklavier wollen, fragen sie gerne bei uns nach: broadwood1830(at)web.de Sabine Rupp

Im von Cristofori kurz vor 1700 in Florenz erfundene Hammerklavier wurde (im Gegensatz zum 1397 vom Medizinstudenten Hermann Poll in Padua erfundenen Kielklavier, ital. Cembalo genannt) die Saite bzw. das Saitenpaar von einem Hämmerchen angeschlagen - statt mit einem Kiel gezupft. Die Geschwindigkeit, mit der dieser Hammer (erst eine leere Papprolle, später lederbezogene Hammerköpchen, heute Filz) die Saite anschlägt (um sie dann sofort loszulassen, denn der Hammer wird ja von der Saite regelrecht zurückgeschleudert!) bestimmt die Lautstärke: langsamer Anschlag erzeugt einen leisen Ton, genau wie wenn man auf eine Tür langsam mit dem Finger klopft, schneller Anschlag einen lauten. Und die Anschlagsgeschwindigkeit ist proportional der Geschwindigkeit (und NICHTS Anderem!), mit der der Finger die Taste niederdrückt. Denn die Energie, die somit von der Saite abgefangen, also aufgenommen wird, ist proportional der Masse des Hammerkopfes (einige Gramm) und dem Quadrat der Anschlagsgeschwindigkeit; die Saite fängt an zu schwingen; es ist diese Energie (in Joule ausdrückbar), welche die Saite(n) in Schwingung versetzt, und diese Schwingung überträgt sich auf die Luft mittels Stegstift, Steg und Resonanzboden. Beim Cembalo spielt (leider!) die Geschwindigkeit, mit der der Kiel die Saite anreisst, keine Rolle. Deshalb haben die Musiker und insbesondere die Cembalisten jahrhundertelang nach dem Klavier geschrien, aber es hat halt fast drei Jahrhunderte gedauert, bis die Erfindung kam. (Es gab zwar schon 1440 ein Fachartikel von Henri Arnaut von Zwolle, in dem das Prinzip des Klaviers, sogar mit einer, allerdings etwas primitiven Zeichnung, erklärt wurde, nun fand sich lange Zeit kein Erfinder dafür). Der große Vorteil des neuen Tasteninstruments, welches ja noch sehr lange "Cembalo" genannt wurde (noch in Beethovens Partituren findet sich dieser Terminus) - was die organologische Forschung erschwert - ist also die Möglichkeit, sofort zwischen leise und laut zu wechseln, zwischen piano und forte - was ja den Namen erklärt. Dieser Name - Pianoforte, oder auch Fortepiano, manchmal verballhornt in "Fort-bien"(!) beschreibt also diese dynamische Fähikeit; die andere Bezeichnung ("Hammerklavier", selten auch mal "Hammercembalo", am häufigsten aber "Hammerflügel") beschreibt die Konstruktionstechnik. Es ist aber (leider) die italienische Namensgebung, die übernommen worden ist, und zwar nur deren Hälfte: "Piano"; das piano, also die Möglichkeit, piano (=leise) zu spielen, war ja das erstrebte Ziel, NICHT das "forte"! Das kannte man ja vom Cembalo/Kielflügel, der NUR dauernd "forte" spielen konnte, was vor allem die Sänger gehörig störte. marc champollion, freiburg champollion@gmx.de


orgelfreak 
Beitragsersteller
 30.01.2011, 11:36

also ist es egal mit welchem Druck ich auf die Tasten haue: es kommt bloß auf die Geschwindigkeit an??! Beim heutigen Klavier kommt es ja uf den Cruck an...

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orgelfreak 
Beitragsersteller
 02.02.2011, 13:37
@orgelfreak

Nein, tschuldigung. Es kommt ja auf die geschwindigkeit an! =)

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Natürlich. Man kann mit den Pedalen abdämpfen oder je nach stärke des Anschlags die Lautstärke regulieren


orgelfreak 
Beitragsersteller
 29.01.2011, 14:05

also wie beim normalen klavier?

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Prosber  29.01.2011, 14:09
@orgelfreak

Ja. Die Tasten sind dort "gewichtet" wie bei nem richtigen Klavier

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Prosber  29.01.2011, 14:13
@Prosber

Ich weiss aber um ehrlich zu sein nicht genau, was du meinst!? Meinst du ein E-Piano? Mit dem kannst du natürlich die Lautstärke regeln, wie zb mit nem Keyboard auch

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orgelfreak 
Beitragsersteller
 29.01.2011, 14:17
@Prosber

Kein E.Piano!!!! Das ist was ganz anderes! Ich rede vom Hammerklavier, dem Vorgänger des heutigen Klaviers...

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Ich habe bei Wiki gestöbert und Folgendes gefunden:

Da durch die Klangerzeugung mithilfe von Hämmern eine Differenzierung von Lautstärken möglich wurde, benannte man Hammerklaviere auch nach dieser neuen Fähigkeit „Piano e Forte“ (= leise und laut) oder „Fortepiano“


und bei http://www.desig-n.de/musik_h.htm

heißt es

Hammerklavier

(von lat. clavis = Taste) das moderne Klavier mit Hammermechanik, auch Pianoforte genannt, da die Hammermechanik gegenüber anderen Mechaniken wie die des Cembalos eine nuanciertere Ausdrucksweise erlaubt (it. piano = leise, it. forte = laut).