Jedes Leben lebenswert?

9 Antworten

Der Grundsatz ist natürlich der, dass die Natur uns darauf programmiert hat, um (fast) jeden Preis zu überleben. Das macht Sinn, weil so sichergestellt ist, dass das Leben weitergeht - und wenn das Leben weitergeht, dann findet sich immer irgendein Weg.

Im Einzelfall kann das aber anders aussehen. So können Menschen aus Verzweiflung sich das Leben nehmen, weil sie keine Perspektive mehr sehen - und hätten vielleicht nur etwas abwarten müssen, bis sich der Nebel im Kopf lichtet und wieder etwas zu sehen ist.

Und dann ist es zu spät. Und Kinder haben ihre Mutter, ihren Vater, Ehepaare ihren Ehepartner, Eltern ihr Kind verloren, ein Betrieb eine wichtige Arbeitskraft oder den Chef - völlig unnötig.

Suizid wurde deshalb in vielen Kulturen entweder geächtet oder an strenge Bedingungen geknüpft (z.B. Selbsttötung bei den Samurai als ehrenhafte Art, Verantwortung für schwere Fehler zu übernehmen).

In Europa hat die Kirche Suizid geächtet. Mord wird zudem auch in fast allen Kulturen geächtet, wie bei uns auch. Die Gründe sind offensichtlich.

Daraus nun leitet man ab, dass selbst ein sterbenskranker Mensch bis zum bitteren Ende durchhalten muss, obwohl es gar keine Aussicht auf Besserung gibt, er nichts mehr zum Allgemeinwohl beitragen kann, alle seine Liebsten sich bereits auf seinen Tod einstellen, und er selbst lange und gründlich hatte darüber nachdenken können, was es für ihn bedeutet zu sterben.

Man muss zugeben, dass Sterbehilfe in einem solchen Fall weder etwas mit einem Mord oder mit Suizid als Kurzschlusshandlung zu tun hat.

Die Schweiz hat deshalb schon vor vielen Jahren die assistierte Selbsttötung bei Sterbenskranken erlaubt. Man muss dazu Mitglied in einer entsprechenden Organisation sein, geistig in der Lage, die entsprechenden Entscheide zu fällen und es braucht ärztliche Gutachten, die bezeugen, dass die Krankheit unheilbar ist und zum Tode führen wird.

Für mich gibt es keinen Grund, warum dieses Vorgehen nicht in allen europäischen Staaten eingeführt werden soll, da es kein Leid verursacht, sondern im Gegenteil Leid verhindert und jedem Menschen ein würdevolles Sterben auf eigenen Wunsch ermöglicht.

PS: Nur damit es keine Missverständnisse gibt: Natürlich MUSS man keine Sterbehilfe in Anspruch nehmen, selbst wenn man Mitglied ist in einer Sterbehilfeorganisation! Man darf. Man darf auch bis zum Moment, wo die Spritze bereits angelegt ist, sich nochmals umentscheiden. Der Prozess ist vollständig unter der Kontrolle des Sterbewilligen - es wird niemand irgendwie klammheimlich um die Ecke gebracht!

LastDayofEden und ThomasWeuster haben tolle und richtige Antworten geschrieben.

Die Natur hat uns ein Leben geschenkt. Jedes Leben ist einmalig.

Aus der Sicht der Angehörigen, gerade dann wenn man eine emotionale Bindung zu einem Menschen hat, ist es schwer zu verstehen warum sich jemand gegen das Leben entscheidet.

Aber auch das gehört für mich zu einem selbstbestimmten Leben, egal ob ich das gut finde oder nicht, das ich entscheide, wann ich meinem Leben ein Ende mache.

Eines ist allerdings sicher, egal wie das Leben aussieht, wie trüb es ist, und ob Du der Meinung bist alles ist sinnlos, keiner liebt Dich.

Es gibt auf dieser Welt mindestens einen Menschen, der Dich liebt so wie Du bist. Auch wenn Du ihn bis jetzt noch nicht gefunden hast. Irgendwann wirst Du ihm über den Weg laufen und Du wirst diesen Menschen erkennen. Und das macht Dich und Dein Leben so wertvoll wie jedes andere Leben auch.

Das ganze aufzuschreiben würde einfach zulange dauern.

Grüße =)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ein gute Frage !!

Ich glaube man sieht das Leben als lebenswert (schützendswert) an, weil man es nicht frei verteilen kann. Ich kann dir das Leben nehmen, aber ich kann es dir nicht mehr wieder geben. Im weitesten Sinne kann ich Leben "schaffen" in dem ich ein Kind zeuge. Aber das wärst nicht mehr du, sondern eben ein anderes Leben. Deswegen ist der Tod aktuell noch eine Einbahnstrasse. Bist du einmal durch diese Gegangen gibt es kein zurück. Deshalb sollte man sich genau überlegen wem / was man das Leben nimmt. Eine Insekt ist schnell zerdrückt, ein Hund schnell eingeschläfert. Aber muss das unbedingt sein?

Warum man mit aller Macht ein fremdes Leben schützen muss ist mir ein Rätsel, sofern man die Person noch nach ihrem Willen Fragen kann. Meine Oma z.B. sagte mit ihren 90 Jahren im Krankenhaus, dass sie ein erfülltes Leben haben möchte und in Würde sterben wolle. Die Ärzte hielten sie noch einen ganzen Monat zwanghaft am Leben, weil die Gesetzte es so vorsehen. Mein Vater erklärte mir damals, würde der Arzt ihrem Willen entsprechend handeln, dann würde er sich Strafbar machen. Was das allein für die Krankenkasse kostete möchte ich gar nicht wissen.

Ich selbst werde irgendwann suizid begehen, sofern ich das Leben nicht mehr als Lebenswert erachte. Wie das genau aussieht weiß ich nicht. Ich möchte mein Leben und mein Ende auf jeden Fall selbst in der Hand halten.

-- edit --

Ob Straftäter nicht mehr weiter leben dürfen ist ja eine andere Frage. Auf der einen Seite hat ein Mensch für mich das Recht auf Leben verwirkt, wenn er es nicht zu schätzen weiß. Aber das würde Berufs-Metzger mit einschliessen. Auf der anderen Seite kann jeder Mensch geleutert werden und kann seine Ansichten und Meinungen ändern. Vielleicht sieht ein "Massenmörder" irgendwann ein, dass es falsch ist zu morden. Das Recht sich zu ändern sollte man einem Menschen nicht wegnehmen.

Menschen, die so sehr leiden, dass sie letztlich sogar einen schmerzhaften Sprung von der Brücke etc. in Kauf nehmen, haben tatsächlich die A-Karte.

Dahinter steckt das nachvollziehbare Motiv der Gesellschaft, Medikamente zum Sterben nicht für jedermann frei zugänglich zu machen, da es eben eine große Zahl von Menschen gibt, die einen schmerzhaften Sprung von der Brücke so sehr fürchten, dass sie "lieber" am Leben bleiben.

Ich möchte aber in Zweifel ziehen, ob es wirklich immer besser ist, am Leben zu bleiben. Wir wissen schließlich nicht, was nach dem Leben kommt oder nicht kommt. Das Leben ist jedenfalls im Vergleich zur Zeit davor und danach eine marginale Zeitspanne und sollte daher nicht zum Nachteil des Lebenden überhöht werden.