Ist Nationalismus eine notwendige, in der menschlichen Natur angelegte Verhaltensweise - Warum?

12 Antworten

Nationalismus ist nicht angeboren, sondern anerzogen. Deshalb behaupte ich, er ist nicht in der menschlichen Natur angelegt. Genau das würde nämlich »angeboren« bedeuten.

Sich zu einer Nation dazugehörig zu fühlen entsteht erst im Laufe des Zusammenlebens mit anderen Menschen, die bestimmte Werte und Ideale teilen und danach leben.

Als es noch keine Nationen gab und die Menschen in Gruppen/Sippen zusammen lebten, war das Dazugehörigkeitsgefühl noch überlebenswichtig, obwohl ich auch da nicht sagen würde, es war angeboren.

Heute stirbt niemand, wenn er aus welchen Gründen auch immer in einem anderes Land lebt, und damit in der Regel in einer anderen Nation lebt. Du kannst als Franzose sehr gut in Deutschland leben. Und das auch dann, wenn Du den Stolz der französischen Nation in Dir trägst.

Gruß Matti

In der (sozialen) Natur des Menschen ist die Clanstruktur verankert ... halt der Höhlenmensch in uns. Da die Idee des Nationalstaates nun mal bestenfalls 400 Jahre auf dem Buckel hat, kann sie schlicht nicht in der Natur des Menschen verankert sein. Es ist schlicht ein ideologischer Überbau.

Insoweit ist auch der Nationalismus weder eine notwendige noch eine in der Natur des Menschen verankerte Verhaltensweise.

Es gibt offenbar in der menschlichen Natur eine Tendenz, "Vertrautes" vorzuziehen. Das ist ja auch verständlich aus biologischer Sicht.
Es rechtfertigt aber in einer zivilisierten Gesellschaft nicht den sozialen Ausschluss und schon gar nicht die Diskriminierung von anderen, die dem vertrauten Schema nicht entsprechen.


genusskolben  23.03.2018, 08:24

Dem ist nichts hinzuzufügen. Gute Antwort.

3

Der Mensch versucht, die für hin viel zu große Komplexität der Welt zu reduzieren. Das tut er durch soziale Systeme. Solche können auch soziale Institutionen sein.

Systeme grenzen sich durch eine Systemgrenze von ihrer Umwelt ab, und verarbeiten diese ausschließlich nach ihrem inhärenten Code. So sind Systeme in der Lage, die Komplexität auf ein erträgliches Maß herunter zu brechen.

Manche Menschen brauchen das halt stärker als andere, weil sie selbst schon ziemlich unsicher sind. Sie sind auf die Sicherheit, die solche Systeme bieten, angewiesen.

Der Natio-nalismus, also die Aufwertung des eigenen Volkes bzw. Staates ist natürlich nur eine mögliche Folge von angeborenen und erworbenen menschlichen Verhaltensmustern, darüber hinaus auch noch von gering intelligenten und gering kreativen Menschen. Das ist eben nicht zu verwechseln mit einem gesunden Nationalbewusstsein.

Nationalistische Menschen sind in ihrer sozialen Intelligenz gering gebildet, sie haben keine Ideen, um mit Fremden ihrer "Nation" umzugehen, deshalb schenken sie Fremden kein Vertrauen, nur Misstrauen; ihr Ziel ist daher zum Selbstschutz, über Fremde Macht zu erlangen, also Fremde zu bestimmen und die Werte der eigenen "Nation" über die der anderen zu stellen: Beispiele gibt es ja gerade wieder genug in verschiedenen Staaten der Erde.

Ein Problem der Geschichte ist, dass sich nationalistisch-fremdenfeindlich geführte Staaten noch immer kulturell zurückentwickelten und auch materiell zur Verarmung neigten, denn nur die mit einem gesunden Nationalbewusstsein verbundene gleichrangige Partnerschaft mit an deren Nationen bringt Wohlstand durch Handel und Fortschritt durch kulturelle Kommunikation - von Frieden ganz zu schweigen.


Skoph  24.03.2018, 08:38

Die Tragödie dabei ist, dass gerade betont rational gebildete Männer ohne hoch gebildete soziale Intelligenz (eben mit Mitgefühl bei Leistungsanspruch, aber auch dazu Vergebung), z. B. Juristen, Ärzte, ltd. Betriebswirte, Ingenieure - Techniker, Soldaten - Offiziere, "Politiker", unter bestimmten Umständen zu leicht zum Nationalismus neigen oder verführt werden können. Leider verstärkt das auch noch eine Zugehörigkeit zu einer patriarchalischen Religion.

"Nationen" wie Polen, Ungarn, Türkei sind da gegenwärtige Modelle, vielleicht sogar ganz neu Bayern. Bei genauerem Blick sind es aber auch die Nationen eines Staates, die andere nicht kontinuierlich merkbar-partnerschaftlich behandeln, z. B. Spanien > Katalonien, Russland > Ukraine, Großbritannien > Schottland.

Der erste Schritt auf dem Weg zur Lösung wäre die Erkenntnis, dass der Nationalismus eben kein besseres Nationalbewusstsein bedeutet, sondern die dümmliche absichtliche Miss- und Verachtung der zu "seiner Nation" nicht zugehörigen Menschen - und nur auf Mängeln bei den eigenen Intelligenzformen beruht... q.e.d..

0