Ist es es wert ein Gärtner zu sein?

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hey Jasmin,

ich beende gerade meine Ausbildung zum Staudengärtner, in zwei Woche habe ich praktische Abschlussprüfung. Ich möchte dir gerne meine subjektiven Eindrücke mitteilen.

Grundsätzlich kann die Erfahrung als Gärtner zu arbeiten sehr unterschiedlich sein, je nachdem in welcher Fachsparte du bist und in welchem Betrieb. Im Garten- und Landschaftsbau hat oftmals der bauliche Aspekt große Bedeutung, Pflastern, Zäune bauen usw. Auch immer unterwegs zu sein von Kunde zu Kunde gehört dazu. Für mich steht da die Pflanze nicht genug an erster Stelle, für andere ist es genau das richtige. Informiere dich gründlich über die Fachsparten und gleiche sie mit deinen Interessen ab. Am Ende lernen alle den Beruf Gärtner und mit den gärtnerischen Grundkenntnissen kann man auch in anderen Bereichen der Branche arbeiten. Aber in der Ausbildung sollte es mMn schon passen, damit die Lust nicht verloren geht.

Ich habe den Erwerbsgartenbau gewählt, weil mir der GaLaBau zu allgemein und zu baulich ist. Auch will ich nicht den ganzen Tag unterwegs beim Kunden sein und vielleicht einen Garten anlegen, den ich total ätzend finde. Man schaue sich nur mal in einem Neubaugebiet um, wem's gefällt.

Innerhalb des Erwergsgartenbaus (zu dem bspw. auch Gemüsebau, Obstbau oder der Zierpflanzenbau gehören) sind die Stauden mein absoluter Favorit. Das ist einfach Geschmackssache, ich stehe halt total auf Gartenpflanzen und lerne gerne auch im Detail ihre Ansprüche, Pflege und Vermehrung kennen. Auch ist die ganze Sache sehr viel nachhaltiger als der Zierpflanzenbau mit seiner Wegwerfware, die im beheizten Gewächshaus produziert wurde. So grün wie sie immer tut ist die Branche nämlich vielerorts nicht.

Ich lerne in einem großen Schaugarten einer Hochschule, änlich einem botanischen Garten. Da stehen die Dinge nochmal etwa anders, die Bedingungen wie Arbeitszeiten oder Ausbildungsvergütung sind nicht mit der freien Wirtschaft vergleichbar. Falls du auf so eine staatliche Stelle kommen kannst, tu es! :)

Im Gartenbau allgemein wird man aber schon ordentlich rangenommen. Im Sommer ist es sauheiß, bei 36°C Unkraut jäten gefällt vielleicht nicht jedem. Wer da im Gewächshaus stehen muss hat auch kein Glück. Besser wird das mit dem Klimawandel auch nicht. Die Arbeit ist in vielen Betrieben sehr anstregend, ich mache fast ausschließlich Beetpflege und war so erschöpft wie nie zuvor. Es ist Gewöhungssache, aber geht natürlich trotzdem auf die Gelenke. Viele ältere Kollgenen sind mehr oder weniger kaputtt, ich werde mir eine körperlich einfachere Stelle in der Produktion oder im Verkauf suchen. Die Arbeit kann auch sehr eintönig sein, es ist nicht ungewöhnlich tage- bis wochenlang die gleiche Kultur zu vermehren. Während der Saison ist oftmals Urlaubssperre, schön viel frei hatte ich immer um Weihnachten. Muss man auch mit klarkommen. Die Entlohnung als Geselle/Gesellin ist für mich ok, aber natürlich nicht unbedingt toll. Ich denke, dass man im Handwerk teils mehr verdient, für Geld in erster Linie darf man es nicht machen.

Jetzt habe ich viel über dies und das geredet. Um zum Ende zu kommen: Ich bin mit meiner Berufswahl zum Staudengärtner sehr glücklich und werde auf jeden Fall in der Branche bleiben. Die Arbeit ist manchmal eintönig, mit den richtigen Kollegen macht es aber Spaß. Körperlich ist die Arbeit sehr fordernd, die Bezahlung ist OK, mehr aber auch nicht.


Jasmin343 
Fragesteller
 10.07.2021, 10:02

Vielen Dank für die ausführliche Antwort!!!

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