Ist das Umdenken von Mathe der Mathematiker in andere Disziplinen einfach?

5 Antworten

das ist etwa so, als würde Picasso als Anstreicherlehrling anfangen. Aber Unterforderung ist auch Stress. Außerdem muss man natürlich lernen, dass es nicht reicht zu zeigen, dass eine Lösung existiert, man muss auch ein Gefühl entwickeln, welche Lösungen praktisch Sinn machen.

Sind Mathe der Mathematiker anders als Mathe der Maschinenbauingenieure und Physiker?

Das sind zwei völlig andere Welten. Mathematiker müssen Beweise führen, neue Methoden entwickeln und bleiben damit auf der rein theoretischen bzw. logischen Ebene.

Ingenieure brauchen Mathematik, die im allgemeinen schon über hundert Jahre alt ist, um sie praktisch anzuwenden und konkrete Probleme zu lösen. Wer das wann und wie bewiesen hat, interessiert einen Ingenieur nicht die Bohne. Mein Thermodynamikprofessor pflegte bisweilen in der Vorlesung zu sagen:
"Nun haben wir das Gleichungssystem aufgestellt. Mit der Lösung beschäftigen wir uns nicht weiter. Da nehmen wir uns einen der Mathematiker, die an jeder Ecke rumstehen und nur darauf warten, für wenig Geld auch mal was sinnvolles zu tun."

Noch ein Witz dazu:

Was ist der Unterschied zwischen einem Handwerker, einem Ingenieur, einem Mathematiker und einem Philosophen?

Den kriegt man raus, wenn man sie fragt: "Was ist 2 mal 2?"

Der Handwerker: "Das ist 4, was sonst?"

Der Ingenieur tippt das in seinen Taschenrechner ein und stellt fest: "Im Rahmen der Rechengenauigkeit meines Taschenrechners ist das in guter Näherung vier."

Der Mathematiker zieht sich in seine Kammer zurück, beschreibt Unmengen von Blättern Papier mit kryptischen Zeichen, kommt nach 3 Tagen aus seiner Kammer ungewaschen, unrasiert, ungekämmt und total übermüdet wieder raus und verkündet voller Stolz: "Es gibt eine Lösung!"

Der Philosoph wiegt seinen Kopf, überlegt gründlich und sagt dann: "Ich würde mal vermuten, dass die meisten mit vier antworten. Selber bin ich mir da aber nicht sicher."

Mathematik ist die reine Lehre. Hier ist es wichtig, dass alle Aussagen exakt bewiesen sind. Im Maschinenbau wird die Mathematik angewendet. Du musst die mathematischen Mittel kennen, aber nicht deren Herleitung.

Da sind die individuellen Interessen und Fähigkeiten unterschiedlich, weshalb sich die Leute für unterschiedliche Berufe entscheiden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dipl.-Math.

Das ist ganz was anderes: Ingenieursmathematik hat mit einem Mathematikstudium soviel am Hut wie Grundschulmathematik mit Abi-Niveau.

In der reinem Mathematik geht es vorwiegend um Definitionen, Sätze und Beweise, während bei Ingnieueren eher das "rechnen" im vordergrund steht. MIt "rechnen" meine ich nun nicht unbedingt das Hantieren mit konkreten Zahlen, sondern das Aufstellen von Gleichungen, welche Im Kontext des Fachs relevant sind: Beispielsweise das Etablieren der Fluidmechanik, ausgehend von bekannten physikalischen Gesetzen, die Gleichungen der Festigkeitslehre, etc... Das ist aber nicht der Inhalt und Sinn eines Mathematikstudiums.

In meinem Physikstudium habe ich ebenfalls größtenteils diese Art von Mathematik gelernt. Es reicht komplett aus, außer man vertieft sich in Spezialthemen, wo es schnell haarig werden kann (Gruppentheorie, Funktionalanalysis, ...). Es gab da eine eigene Vorlesung, wo die speziellen Differentialgleichungen behandelt wurden, die in der Physik oft vorkommen, aber das lernt ein Mathematiker eher auch nicht wirklich.

Ein in Funtionalanalysis promovierter Bekannter hat sich umgekehrt sehr schwer getan, physikalische Prinzipien zu verstehen. Es war fast unmöglich mit ihm über gewisse Dinge zu plaudern, da er alles zuerst ganz streng bewiesen haben wollte, was in der Physik ja gar nicht geht.

Ein "reines" Mathematikstudium ist sehr theoretisch. Beweisführung hat dort z.B. einen extrem hohen Stellenwert.

Mathematik im Ingenieurswesen dient da als Werkzeug, nicht als Selbstzweck.

Einer, mit einem abgeschlossenem Mathematikstudium wird sich mit der Nathematik in den anderen Disziplinen sicher nicht schwer tun. Die Frage, ob er auch die technischen/physikalischen Gegebenheiten versteht, ist eine andere.

Wie schwer oder leicht einem Einzelnen das "Umdenken" (soferne es ein solches überhaupt gibt) fällt, ist natürlich individuell verschieden.