Ist Anarchismus in Deutschland verboten?
Wir haben in Deutschland die grundgesetzlich verankerte Meinungsfreiheit und gleichzeitig das Gebot dieses Grundgesetz vor verfassungsfeindliches Gedankengut zu schützen und verfassungsfeindliche Organisation zu verbieten.
Nun gibt es in Deutschland aber Menschen die sich zum Anarchmismus bekennen. Es gibt libertäre Parteien die den Staat stark verkleinern oder gar ganz abschaffen wollen. Die Wertvorstellung liegt darin, dass der Mensch als eigenverantwortliches Wesen frei von monopolistischen Machtstrukturen in freiwilliger Kooperation und Solidarität im Einklang mit seinen Mitmenschen leben soll - fernab jeder staatlicher Gewalt. Wie das praktisch aussehen mag, darüber kann man sich politisch streiten, aber an sich ist diese Vorstellung ja erstmal nicht Verwerfliches oder Menschenverachtendes. Es ist eine Jahrtausende alte politische Lehre und Philosophie.
Doch wie ist das juristisch zu bewerten? Mir ist sehr wohl bewusst, dass keine Organisation verschont bleibt, die zum expliziten Verstoß von geltenden Gesetzen, Gewalt oder einem gewaltsamen Umsturz staatlicher Insitutionen aufrufen.
Aber darf man Parteien verbieten die sich zum klassischen Anarchismus bekennen und den Staat damit unmissverständlich ablehnen? Ist es anarchistischen Parteien juristisch möglich, den Staat über evolutionäre Prozesse mit rechtsstaatlichen Mitteln stark zu verkleinern, z.B. durch Gesetzesaufhebungen oder nach GG Artikel 146 eine neue Verfassung zu erarbeiten, die den Weg in Richtung Anarchie geht? Darf man Organisationen verbieten, die für solch eine Lehre Werbung machen? Darf man in der BRD sich öffentlich dazu äußern, dass man das Konzept eines Staates, die Demokratie, das Grund und somit die BRD und all seine Institutionen aus tiefster Überzeugung ablehnt? Darf man dazu aufrufen es einem gleich zu tun und entsprechende anarchistische Organisationen zu unterstützen, welche die Abschaffung des Staates vorantreiben? Oder stellt sich dies alles als Straftat dar?
3 Antworten
Sollte der Fall eintreten, wird sich sicherlich das BVerfG damit befassen und entsprechend entscheiden.
Der Anarchismus kann natürlich nicht verboten werden. Meinungsfreiheit.
Aber die anarchistische Betätigung wird sicherlich Einschränkungen unterliegen.
Organisationen, die das System mit Gewalt stürzen (wollen), sind verboten und werden verfolgt, strafrechtlich.
Bei Parteien wird es schwieriger. Und zwar wenn sie eben auf politischem Wege den Staat abschaffen (wollen).
Da wird das BVerfG ähnlich wie bei der NPD entscheiden. Die Partei bleibt bestehen bis sie eine ernste Bedrohung darstellt, also eine entsprechende Gefolgschaftsgröße hat.
Anarchismus ist eine Philosophie, eine Idee, die ist natürlich nicht verboten. Ideen kann man nicht verbieten.
Die Demokratie mit staatsfeindlichen oder kriminellen Mitteln anzugreifen ist verboten, da kann es eine ganze Reihe von Straftaten geben, die da in Frage kommen, je nach Mittel.
Die Gedanken sind frei und die Rede auch, soweit sie nicht aufwiegelt und die öffentliche Ordnung in Gefahr bringt.
Ansonsten, lies dich schlau: https://www.bpb.de/politik/grundfragen/parteien-in-deutschland/197278/voraussetzungen-rechte-und-pflichten
Anarchismus beschreibt auch, wie Menschen miteinander umgehen. Und das ist sehr oft gemäß den Prinzipien des Anarchismus; ohne Herrschaft, eine freie Assoziation freier Individuen. Jeder Sportverein, Heimatverein, Chor ... funktioniert so. Wie könnte man das verbieten?
Vereine haben auch Regeln und eine Satzung, an die sich die Mitglieder und der Verein halten müssen. Anarchie ist da nirgends.
Eine Satzung führt nicht zu Herrschaft. Anarchie bedeutet nicht Unordnung.
Und was hat der Vorstand schon wirklich großes zu entscheiden, was er dann auch durchsetzen kann? Nichts! Wenn einem nicht paßt, was der Vorstand macht, dann geht man doch einfach. Freie Assoziation freier Individuen. Zutiefst anarchistisch,
Wenn einem nicht paßt, was der Vorstand macht, dann geht man doch einfach
Oder man wählt einen neuen Vorstand. Beide Möglichkeiten hat man auch, wenn einem die Regierung nicht passt. Da muß man nicht mal kündigen im Unterschied zu einer Vereinsmitgliedschaft, sondern kann quasi sofort gehen. Ja, auch Vereine sind demokratisch geregelt und nicht anarchisch assoziativ.
Abgesehen davon, daß ich keinen Verein kenne, bei dem man kündigen muß, aber viele, bei denen man noch nicht einmal austreten muß, was hat das von Dir geschilderte mit "Demokratie" zu tun? Demokratie bedeutet doch die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit.
Es geht aber konkret um die Ablehnung der Existenz von Staatlichkeit im Allgemeinen. Nicht um Privatinitiativen auf kleinster Eben.
Also nur einen Teil dessen, was Anarchismus ausmacht?
Und wie soll Dein Anarchismus auf staatlicher Ebene aussehen, funktionieren? Ich meine, der muß von unten nach ober wachsen. Für einen anarchistischen Staat sind die Menschen noch nicht reif. Und hätte das in einem einzelnen Staat überhaupt eine Chance?
Ja, es ist aber dennoch verfassungsfeindliches Gedankengut. Dass die Gedanken frei sind und man über alles diskutieren darf, ist mir klar. Aber darf man dafür auch klar Werbung machen?
Organisationen und Parteien, die den Nationalsozialismus (auch eine "Idee", eine "Philosophie" verherrlichen, werden ja auch verboten. Eine NPD hat man nur nicht verboten, weil sie sich in ihrem Programm gesetzlich verpflichtet zum Grundgesetz bekennt und der Nationalsozialismus jedenfalls nicht öffentlich und strafrechtlich relevant von der Partei als Ganze verherrlicht wird. Weiterhin argumentiert man, dass die Partei so klein und unbedeutend sei, dass von ihr keine ernsthafte Gefahr für den Rechtsstaat ausgeht.
Doch was ist wenn eine Partei sagt: "Nein, wir bekennen uns nicht zum Grundgesetz. Wir sind lediglich dazu gezwungen uns an seine Gesetze zu halten. Den Staat als Instution lehnen wir jedoch fundamental ab."