Ironie Sokrates?

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Ironie in moderner Bedeutung ist ein uneigentliches Sprechen. Es gibt eine Abweichung zwischen dem, was Wortsinn nach gesagten wird, und dem, was gemeint ist. Die Äußerungen zielen auf ein Gegenteil von dem, was wörtlich genommen mitgeteilt wird. Zur Ironie gehört, von der Adressatenseite grundsätzlich durchschaubar zu sein (aufgrund von Ironie-Signalen).

Bei Sokrates als einer Figur in der Darstellung Platons gibt es ein Spielen mit eigenem Nichtwissen. Gesprächspartnern gegenüber äußert er Hochachtung und ist anfangs bereitwillig, ihnen bedeutendes Wissen zuzutrauen.

Bei Sokrates hat es anscheinend im philosophischen Gespräch ein Verhalten gegeben, sich selbst kleinzumachen, indem er ein eigenes Nichtwissen über wichtige und wesentliche Dinge darlegt. Sein Wissen ist laut seiner eigenen Darstellung also beschränkt und verhältnismäßig gering. Immerhin hat er aber Einsicht in Grenzen seines Wissens und ist darin manchen anderen voraus. Sokrates hat als Ziel, soweit wie möglich Wissen über wesentliche Dinge (zumindest in der Hauptsache waren dies für ihn ethische Fragen wie die nach der Tugend/Vortrefflichkeit) zu erreichen. Bei Menschen hat er anscheinend dabei eine nur vorläufige und nicht völlig gewisse Erkenntnis angenommen, keine endgültige Erkenntnis der Wahrheit mit unumstößlicher Gewißheit (im Gegensatz zu Gottheiten, die er als vollkommen und daher im Besitz von Erkenntnis versteht).

Die Kleinmacherei drückt sich darin aus, anderen, die für sich den Besitz von Wissen über wichtige und wesentliche Dinge beanspruchen, in der Rolle des Unwissenden und Wißbegierigen entgegenzutreten. Sokrates schätzt sich zuerst als im Wissen verhältnismäßig geringer als ein solcher Gesprächspartner ein. Im Bekunden von Nichtwissen und einer Bereitschaft, am Ausgangspunkt sich auf die Möglichkeit einzulassen, Wissen über wichtige und wesentliche Dinge beim Geprsächspartner vorzufinden, liegt bei Sokrates keine Verstellung (nach Platon, Apologie des Sokrates 38 a und Platon, Politeia 337 a bedeutet Ironie Verstellung zum Zwecke der Irreführung). Um Unaufrichtigkeit handelt es sich bei ihm offenbar nicht. Die Aussagen über eigenes Nichtwissen sind ernst gemeint.

Für den geschichtlichen Sokrates ist kein spielerischer Umgang mit eigenem Nichtwissen nachweisbar. Ironie als ein Spiel mit einer Selbstverkleinerung, einer geistige Tiefstapelei (Untertreibung hin zum geringeren) kommt in der Darstellung vor, die Platon von Sokrates in Schriften gibt, das heißt beim platonischen Sokrates. In der Darstellung bei Xenophon und, soweit in den Brüchstücken bemerkbar, bei Aischines, kommt keine Ironie vor (Marcus Tullius Cicero, Brutus 292, begeht einen Irtum, wohl durch Übereiltheit ohne gründliches Lesen, nicht nur Sokartes bei Platon, sondern auch bei Xenophon und Aischines zuzuschreiben).

Äußerungen über Ironie bei Sokrates, die Verstellung annehmen, beruhen nur auf Deutungen, wobei entweder ein taktisches Vorgehen zum Zweck der Entlarvung der Gesprächspartner oder eine didaktische Absicht, auf einen Weg zum Finden der Wahrheit voranzubringen, unterstellt wird.

Eine Kleinmacherei kommt bei der Elenktik vor. Elenktik - von Elenchos (ἐλεγχος) abgeleitet, das „Beweis(mittel)“, „Überführung“, „Widerlegung“, „Prüfung“, „Untersuchung“ bedeutet - ist die Kunst der Überführung (Widerlegungskunst) und Bestandteil der Hebammenkunst, der Maieutik (μαιευτικὴ τέχνη Platon, Theaitetos 148 a – 151 d, 184 b und 210 b – d), wie sie Sokrates in der Darstellung Platons ausübt. Die Maieutik ist eine kunstvolle Gesprächsführung, die anderen hilft, in ihnen schlummernde Gedanken (mit denen sie gleichsam schwanger sind) hervorzubringen und zu Erkenntnissen zu gelangen. Mit der Elenktik wird noch keine Erkenntnis (in Annäherung) erreicht, sondern sie räumt in einer Überprüfung Vorurteile und vermeintliches Wisssen, das bloßer Anschein von Wissen ist, durch Überführung der Mängel weg. Elenktik beseitigt Hindernisse und bereitet eine Annäherung an die Erkenntnis vor. Sokrates gibt sich manchmal sogar besonders unwissend und möchte etwas erläutert bekommen. Damit lockt er andere dazu, ihre Gedanken in starkem Ausmaß ausdrücklich darzulegen.

Sokrates zeigt eine Fähigkeit, Mängel nachzuweisen, und ist am Ende so oft der Überlegene. Ironie (griechisch: εἰρωνεία [eironeia]) ist etwas, was dem platonischen Sokrates aus einer Außenperspektive von Gesprächspartnern zugeschrieben wird. Sie meinen teilweise, Opfer von Verstellung und Wortverdrehung geworden zu sein, trickreich hereingelegt worden zu sein.

Bei Sokrates ist die Kleinmacherei aber eine Form der Bescheidenheit. Die Beschränktheit eigenen Wissens ist seine echte Überzeugung.

Klaus Döring, Sokrates, die Sokratiker und die von ihnen begründete Tradition. In: Sophistik, Sokrates, Sokratik, Mathematik, Medizin (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/1). Herausgegeben von Hellmut Flashar. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1998, S. 163 – 164:  

„Ob Sokrates mit seinem Nichtwissen schon selbst zu spielen begann und damit den Anstoss dazu gab, dass das Wort 'Ironie' einen neuen Sinn erhielt, nämlich den der bewussten, gleichsam strategisch eingesetzten Selbstverkleinerung, der Tiefstapelei, lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Manches spricht dafür, dass das, was man 'sokratische Ironie' nennt, eine Schöpfung Platons ist. Dem historischen Sokrates war es ernst mit der Überzeugung, dass er nichts wisse; erst der platonische und, soweit erkennbar, nur er spielt mit seinem Nichtwissen.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Sokrates

Sokrates fuehrte seine Beispiele verklausuliert an.

Heute wuerde man dazu sagen, er verpackte sie in FABELN.

Haette er das nicht gemacht, dann waere der Schierlingsbecher schon frueher faellig gewesen.

Zu keiner Zeit konnten die Administrationen Kritik vertragen, da war Griechenland, trotz angeblicher Demokratie, keine Ausnahme darin.

Somit ist seine Ironie eine Abwehr gegen seine Gegenspieler, er wollte die Ernsthaftigkeit seiner Reden ins Laecherliche ziehen.

 

Well entweder das mit dem "immer" stimmt nicht so ganz oder er hat keine Ironie benutzt. Und das kann ich mir bei einer geistigen Größe wie Sokrates nur schwerlich vorstellen.

Gruß Than

Passt vielleicht nicht 100%ig (bin nicht sicher ob das Ironie ist), aber dieses Zitat habe ich aus meiner Sammlung:

Sokrates bei einem Gang über den Markt:
"Seht nur, die vielen Dinge, …-die ich nicht brauche!"

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Sprachgefühl, Schule und vor allem Lernen von GF!