Sokrates...

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Sokrates stellt die subjektive Wahrnehmung in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Ein objektiver Tatbestand (Wind) wird von den Individuen verschieden wahrgenommen. Th.s Meinung ist aus diesen dürren Worten nicht ersichtlich.

Die Textstelle, um die es geht, steht in Platons Dialog Theaitetos. Er ist zum Thema Erkenntnistheorie sehr gehaltvoll und ich halte es für großartig, sich damit zu beschäftigen und und an einem wirklichen Verstehen interessiert zu sein. Ratsam ist, den Dialog im Zusammenhang zu lesen. Wenn es Verständnisschwierigkeiten gibt, können Bücher weiterhelfen.

Michael Erler, Platon (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 2/2). Basel ; Stuttgart : Schwabe, 2006, S. 231 – 238 bietet Erläuterungen und eine Beschreibung des Inhalts des Dialogs. Es gibt aber in Bibliotheken noch zahlreiche andere Bücher zu Platon und dem Dialog Theaitetos.

Die von Sokrates gestellte grundlegende Frage ist (Theaitetos 145 e; 146 c; 151 d): Was ist Wissen/Erkenntnis (ἐπιστήμη)?

Theaitetos stellt, nachdem er in einem ersten Anlauf noch keine Aussage mit einer Begriffsbestimmung (Definition) erreichte, dazu die Behauptung (These) auf (151 e): Wissen/Erkenntnis ist Wahrnehmung (αἴσθησις).

Sokrates setzt diese Erklärung, was Wissen/Erkenntnis sei, mit der Aussage des Philosophen Protagoras in Verbindung, der Mensch sei das Maß aller Dinge, der Seienden, daß/wie sie sind, der Nichtseienden, daß/wie sie nicht sind (πάντων χρημάτων μέτρον ἄνθρωπον εἶναι, τῶν μὲν ὄντων ὡς ἔστι, τῶν δὲ μὴ ὄντων ὡς οὐκ ἔστιν 152 a).

Darin ist ein Relativismus enthalten. Nach der Theorie ist für jeden Menschen jedes Ding, wie es ihm erscheint (φαίνεται).

Erscheinung/Vorstellung (φαντασία) ist danach dasselbe wie Wahrnehmung (152 c).

Sokrates überprüft die Definition, Erkenntnis sei Wahrnehmung, durch Untersuchung der Wahrnehmung. Die empfundene Wahrnehmung kann dasselbe Ding (den Wind) unterschiedlich beurteilen (in seiner Temperatur warm oder kalt). Da der Wind dem einen Menschen als warm erscheint, einem anderen als kalt, ist er nach der erwähnten (relativistischen) Theorie für den einen warm, für den anderen kalt. Darin stimmen Sokrates und Theaitetos überein.

Sokrates weist aber auf eine Schwierigkeit hin, die damit entsteht. War der Wind an sich (der Wind „in Wirklicheit“) warm oder kalt?

Hinzuzudenken ist: Nach Protagoras ist das, was eine Erfahrung erzeugt, genau das, als was es in der Erfahrung erscheint (Vorstellung und Sinneswahrnehmung fallen außerdem zusammen) Dieselbe Sache kann aber nicht in derselben Hinsicht zugleich etwas und sein Gegenteil sein, dies wäre widersprüchlich.

Um einen Grund anzugeben, warum Wahrnehmung auf wirklich Seiendes gerichtet und untrüglich ist, wäre es erforderlich, die ganze Wirklichkeit als ein ständiges Fließen (andauernde Veränderung, bei der es nichts mit sich Einsseiendes (Identisches] als eine gleichbleibende bestimmte Sache gibt, nicht einen Augenblick).

Sokrates kommt in seiner Überprüfung schließlich zu dem Ergebnis, die Aufassung, Erkenntnis sei Wahrnehmung, sei falsch (Widerlegung der These des Theaitetos).

Es gibt folgende Deutungsmöglichkeiten über die Aussageabsicht Platons beim Gedankengang an der Stelle:

1) Wahrnehmung ist keine echte Erkenntnis.

2) Die Konsequemz einer Erklärung über Wahrnehmung erweist sich als nicht tragfähig. Es zeigt sich, damit nicht zu einer objektiven Erkenntnis des Seienden kommen zu könnnen.

Hier hören wir deutlich Protagoras: "Der Mensch ist das Maß der Dinge." In diesem Satz ist nicht klar, ob der einzelne Mensch oder der Mensch als Gattung gemeint ist. Sokrates stellt am Beispiel Wind klar, dass es für ihn der einzelne Mensch ist. Es bedeutet, dass anders als in der Ideenlehre des Platon, Sokrates hier noch die direkte Empfindung als Maß für Erkenntnis und Urteil betrachtet. Das hat später Epikur wieder so aufgegriffen. Das ist die Einstellung der Sophisten, zu denen Sokrates gehört, mehr als Platon eingestehen will. Daraus sondern sich später dann die Skeptiker ab, die alle Verlässlichkeit menschlichen Urteils in Frage stellen. Dagegen hält Epikur an einer gewissen intersubjektiven Objektivität von Erfahrungen fest. Denn beide spüren immerhin Wind. Erst im Grenzbereich des Uteils der Empfindung "warm" oder "kalt" kann es zu auf persönlicher Empfindsamkeit beruhenden Unterscheidungen kommen. Einige Dialoge des Sokrates zeigen, dass auch er intersubjektive Verständigung für möglich hält, sonst würde er nicht diskutieren.

es ist doch der gleiche wind , den beide spühren. einer findet ihn warm und der andere kalt.

kannste daraus wirklich nichts schließen?

Ich seh denn Sinn in dieser Aussprache das je nach dem wie wir uns im Moment fühlen verschiedene Gegebenheiten (wie hier der Wind)war genommen von uns wargenommen werden z.B. bei 28° sagt der eine schön angenehm warm der andere mir ist zu heiß!Jeder Mensch emfpindet eben nun mal anders .