Hinduismus - Wieso hat die Vorstellung von Wiedergeburt in Deutschland Anhänger gefunden?

10 Antworten

Weil Menschen sich mit dem Gedanken schwertun, daß nach dem Tod einfach alles vorbei ist und nichts von ihnen bleibt. Die Gesellschaften im Westen umgehen die Beschäftigung mit dem Tod, wo und wann immer es geht. Man möchte nicht sterben, wie die anderen Leute, man möchte weiterleben und sei es "irgendwie". Die Frage der Endlichkeit der eigenen Existenz ist eine der bedeutendsten im Leben. Jedoch verweigern viele Menschen eine Lösung für sich selbst zu finden.

Das Christentum kann dieses Vakuum nicht füllen. Teis sind völlig falsche Vorstellungen unterwegs, was "ewiges Leben" bedeutet und was man dafür tun muß. Teils fehlt auch einfach der Glaube oder die Akzeptanz einer Religion, die schon so lange im Westen unterwegs ist und gute und schlechte Leistungen gebracht hat. Viele haben einfach kein Interesse, sich näher mit der christlichen Lösung zu befassen.

In dieses "Loch" passen das exotische Religionen wie der Hinduismus oder ein selbstgeschneidertes Rezept aus esoterischen und religiösen Versatzstücken. Wiedergeburt ist eine einfache und schöne Perspektive, so daß man nicht denken muß, es sei nach dem Sterbevorgang alles aus oder sich vor einem wie immer gearteten "Gericht" fürchten muß. Die "Rückführungs-Experten" tun ein Übriges. Ob eine solche Überzeugung im Angesicht des nahen Todes allerdings trägt, ist eine andere Frage, die jeder für sich selbst lösen wird - denn für jeden von uns ist der Tod bekanntlich unvermeidlich. Gruß, q.


homme  05.01.2014, 15:40

Kompliment für diese Antwort! - Besser geht's kaum!

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Draggyblackdots  05.01.2014, 17:58
@homme

eine Vorstellung, dem " Gericht" ähnlich, gibt es aber: Es ist der Karma- Gedanke.

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Weil darin eine gewisse Logik liegt. Der Gedanke der Wiedergeburt ist verbunden mit dem Gedanken des Karma. Mit Karma ist ein Gesetz von Ursache und Wirkung gemeint. Was mir als mein Schicksal begegnet ist die Folge meiner früheren Taten. Es ist also ein Erklärungsmodell für die Ungerechtigkeit des Schicksals. Außerdem gibt es oft Menschen, die sagen, dass sie sich an frühere Leben erinnern. Dem kann man sehr schlecht etwas erwiedern, denn für diejenigen, die sich nicht erinnern, kommt irgendwann, wenn sie rückwärts denken, ein schwarzes Loch. Genauso ist es, wenn jemand eine Bewusstseinsstörung hat und sich an einen Abend, an welchem er z. B. stockbetrunken war, nicht erinnern kann. Das kann also einfach eine Amnesie sein.

Außerdem wurde bei der Verbreitung des Christentums in Europa Platon herbeigezogen, um zu begründen, dass es eine unsterbliche Seele gibt. Heute kann jeder Texte von Platon einsehen und kann da lesen, dass Platon an " Seelenwanderung" glaubte und keinesfalls an ein " jüngstes Gericht. Mit " Seelenwanderung" meinte er nichts anderes als das, was wir heute Wiedergeburt oder Reinkarnation nennen.

Weil die Vorstellung von der Wiedergeburt keine ausschließlich hinduistische Erfindung ist, sondern es auch eine westliche Reinkarnationslehre gibt. Die Keltologen streiten sich noch darüber, Cäsar jedoch schrieb in "De bello gallico" über die Kelten:

Der Kernpunkt ihrer Lehre ist, dass die Seele nach dem Tod nicht untergehe, sondern von einem Körper in den anderen wandere. Da so die Angst vor dem Tod bedeutungslos wird, spornt das ihrer Meinung nach die Tapferkeit ganz besonders an. Quelle: Wiki

Auch die Griechen, allen voran Pythagoras, kannten den Glauben an die Reinkarnation. Empedokles, Platon, Plotin sind weitere Vertreter der Idee von der Wiedergeburt.

Dabei unterscheiden sich die Lehren in ihren Kernaussagen. Im Hinduismus ist die Wiedergeburt ein Fluch und es geht darum, den ewigen Kreislauf zu durchbrechen, und auszusteigen aus dem Zwang zur Inkarnation. Die westliche Tradition hingegen propagiert eher den Gedanken des Lernens und der zunehmenden Vervollkommnung des Individuums. Verbunden damit sind Gnade und Optimismus.

Ein wichtiger Impuls für die heutige westliche Reinkarnationslehre ging von dem Spiritisten Alan Kardec aus. In seinem "Buch der Geister" von 1857, das sogar recht verbreitet war, stellte er die "Lehre von der Vielheit der Existenzen" vor. Bei den Spiritisten ist die Idee von der Seelenwanderung dann auch schon recht ordentlich mit dem Christentum vermauschelt.

"Schon einige Anhänger gefunden" ist also angesichts der alteuropäischen Traditionen 'n büssken drollich formuliert von Deinem Lehrer ;-))


holodeck  06.01.2014, 09:20

Ergänzung:

Wie's der Zufall so will, informierte Terra X heute über Geheimbünde. Rosenkreuzer beispielsweise, die ihre Existenzberechtigung immer gern bis in die Antike zurück verwurzelten. Dabei auf den ägyptischen Isis Kult Bezug nahmen und - tatäää - an die Wiedergeburt glaubten. Bis zum Verbot aller Kulte durch Einführung des Christentums als Staatsreligion im Jahre 380 n.Chr. war der Isis Kult im Römischen Reich weit verbreitet und soll sogar bis zu den Germanen gelangt sein.

Der Gedanke liegt deshalb nahe, dass die Idee von der Wiedergeburt in West-Europa sogar noch bekannter wäre als jetzt schon, hätte es keine Christianisierung gegeben. Dass die Christen die Idee der Reinkarnation bis auf's Mark bekämpfen mussten, liegt in der Natur ihrer Lehre. Ein Jesus als Erlöser und Bezwinger des Todes hätte wahrlich kein Bein auf die Erde bekommen. Nicht für etwas, was sowieso stattfinden würde; die Auferstehung einer jeden Seele.

Für diese Idee - also wirklich - brauchte Europa keinen Import aus Indien. Dafür war sie viel zu verbreitet. Dein Lehrer ist schief gewickelt, wenn er das unterstellt. Es mag aber durchaus sein, dass einige Leute erstmalig durch einen Yoga Kurs damit in Berührung kommen. Nur - wenn man sich dann mal genauer erkundigt, dann hört man von den Menschen überwiegend die europäische Variante vom Erdenleben als Haus- und Entwicklungsaufgabe - kaum ein Europäer, der an Reinkarnation glaubt, denkt, das wäre ein Fluch. Ganz im Gegenteil ;-))

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Gugu77  07.01.2014, 20:07
@holodeck

Toll, habe richtig etwas gelernt- der Lehrer wird staunen...

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prima09  05.01.2014, 16:19

Ich staune immer wieder was du für schlaues Zeug scheibst. Gutes neues Jahr.

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Draggyblackdots  05.01.2014, 17:38
@prima09

Ich hatte auch den Eindruck, dass die Forumlierung " einige Anhänger" stark untertrieben ist.

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Weil die Kirchen versagt haben


homme  05.01.2014, 15:51

Warum glaubst du hätten die Kirchen versagt? - Ist denn, an einem anderen Beispiel verglichen, der Lehrer schuld, wenn seine Schüler seine Botschaft nicht annehmen wollen?

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MissMarplesGown  05.01.2014, 20:41
@homme

Nein, natürlich nicht. Der Wurm könnte theoretisch auch in der Botschaft stecken. Oder in der Pädagogik.

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Draggyblackdots  06.01.2014, 11:22
@MissMarplesGown

Ich denke auch, es ist die Botschaft der Kirchen, die die Leute aus der Kirche treibt. Warum sollte man ans jüngste Gericht glauben? Da kommt doch keiner so von sich aus drauf. Im Unterschied zum Wiedergeburts- Gedanken, der wie wie hier lesen, in unterschiedlichsten Völkern zu unterschiedlichen Zeiten auftaucht. Und eben auch dann, wenn man eigentlich Christ sein muss um nicht ausgegrenzt zu werden. Johann Wolfgang von Goethe über seine Geliebte: " Ach, du warst in abgelebten Zeiten meine Schwester, oder meine Frau...." - das war einfach so ein Gefühl, was er hatte, dass er sie schon lange kannte... und er war bei weitem nicht der einzige, der so ein Gefühl hat gegenüber einem Menschen.

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Diese Frage ist ja nicht auf den Hinduismus begrenzt. Auch Menschen, die nicht diesem Glauben anhängen, sind überzeugt davon, dass es ein Leben gibt, nach dem der Körper gestorben ist. Unter anderem hängt das damit zusammen, dass Menschen von ihren so genannten Nahtoderfahrungen berichten. Das bedeutet, dass sie nach einem Unfall, einer Krankheit oder einem anderen Ereignis fast gestorben waren, jedoch wiederbelebt wurden. Obwohl es keinerlei Aktivitäten mehr in ihrem Gehirn gegeben hat, berichten sie später davon, was oder wen sie gesehen, gehört und gesprochen haben. Sie können genau beschreiben, was mit ihnen beim Rettungsversuch gemacht wurde und was die Helfer gesagt haben. Übrigens ähneln die Berichte über den Tod sehr.

Elisabeth Kübler-Ross ist eine Schweizer Ärztin, die zum Thema Tod und Sterben geforscht und hat. Sie ist inzwischen selbst gestorben, hat aber eine Menge "Stoff" zum nachdenken hinterlassen. Sie hat sehr, sehr viele Gespräche mit Menschen geführt, die "dem Tod von der Schippe gesprungen sind"; insbesondere mit Kindern. So erzählt sie von einem Mädchen, welches während der Nahtoderfahrung ihrem Bruder begegnet ist. Nachdem sie wieder gesund war, hat sie mit ihrem Vater darüber gesprochen und ihn gefragt, wie sie ihrem Bruder begegnet sein könne, wenn sie doch gar keinen Bruder habe. Daraufhin erzählte ihr der Vater, dass sie doch einen hatte, dieser aber schon vor ihrer Geburt gestorben ist. Sie selbst ist immer davon ausgegangen, dass sie keine Geschwister hätte.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man sich als Kind so etwas ausdenkt. Übrigens begegnet man während des Nahtodes immer nur Menschen, die schon tot sind und meistens solchen, zu denen man eine enge Beziehung hatte. Deshalb sagt Frau Kübler-Ross, dass man während des Sterbens nicht allein ist. Auch wenn niemand am Sterbebett sitzt.

Das gläubige Menschen - egal welchem Glauben sie angehören - an ein Leben nach dem Tod glauben, ist der jeweiligen Religion geschuldet. In allen Religionen geht man davon aus, dass wir weiterleben, nachdem wir gestorben sind. Das Wort "Wiedergeburt" ist nur ein Begriff. Dabei geht man davon aus, dass man als eine andere Person wieder auf die Welt kommt.

Hier ist ein Kanal auf Youtube, der Videos über Nahtoderfahrungen enthält. Berichte über ihn sind ja die einzigen "Beweise" von einem Leben nach dem Tod. Obwohl es auch Berichte von Leuten gibt, die wiedergeboren wurden.

Gruß Matti

http://www.youtube.com/user/Nahtoderfahrungen