HILFE religion: von den Arbeitern im Weinberg?

3 Antworten

Ich habe schon mal diese Antwort gepostet, ich gebe sie auch dir. Zuvor möchte anmerken, dass man unvoreingenommen und unbefangen und ohne Vorurteile an eine Interpretation herangehen sollte. Weil schon der festgefahrene Glaube nur in seinen Bahnen "versteht", kann er nicht das wahre Ausmass eines Gleichnisses oder Allegorie deuten. Als dieses Gleichnis gesagt/geschrieben wurde, gab es das NT noch nicht. Und deshalb lasse ich alle diesbezüglichen Bezüge weg. Verstehst du das?

Eine theologische Aussage ist eine Interpretation aus der Perspektive eben eines Theologen. Ein Theologe ist ein Gelehrter von dem, was andere über ihren Glauben gesagt haben; er ist kein Gotteskenner, er interpretiert zum wiederholten Mal. Denn zuerst verpackten die Schreiber (z.B. eines Gleichnisses) etwas, was sie selbst kennen (ich bezweifle, ob Gott dazu gehört) in Sinnbilder und heute wird es nochmal als etwas "Gleiches" zu der Bedeutung, was es aussagen soll, hergestellt. Logischerweise wird dann eine Deutung weniger mit einem freien (unabhängigen, unbedarften und deshalb ego-losen) Geist hergestellt. Sondern immer mit dem eingeschränkten Hintergrund der sogenannten Theologie. Dabei wird umgedreht vorgegangen: Nicht eine eingehende Untersuchung zur Aussage eines Gleichnisses wird dann hergestellt - die erwünschte (christlich-banale) Aussage wird dem Gleichnis übergestülpt; nicht immer, aber doch sehr häufig. Deshalb kommen als Antwort auch solche altbekannten und oft altbackenen Antworten. Derartige Deutung ist viel zu genehm für eine echte sinnvolle Aussage: Gott ist gütig, gerecht, man muss sich seine Güte nicht verdienen usw. Doch! Dieses Gleichnis ist in Deutlichkeit nicht zu übertreffen: Der Mensch muss nach den Worten für den Lohn arbeiten! Der eine längere Zeitlang, der andere weniger! Wie wollen Theologen diese Aussage negieren? Schnell bauen sie eine andere Erklärung ein. Gott ist gütig: Und der Lohn ist für alle gleich. Gott ist gütig steht hier in keinster Weise zur Debatte!!

Denn das Gleichnis zeigt auch sehr deutlich die Unmut der Arbeiter, die sich ungerecht behandelt fühlen. Es ist also der Neid, Missgunst und die Hochmut die hier bildlich angeprangert werden, da ist keine Güte zu sehen. Obwohl die Arbeiter, die lange gearbeitet haben, den ausgemachten Lohn bekamen, verglichen sie mit denen, die weniger Stunden da waren und neideten ihren leichter errungenen Lohn. Neid! Hochmütig sind sie, weil sie plötzlich wohl mehr wollten als vereinbart. Und missgünstig zeigten sie sich, weil sie wohl den gleichen Lohn der anderen nicht akzeptieren wollten. Wäre der Lohn (den sie ja bekamen) tatsächlich Güte, also ein gerechter Lohn, gewesen - ich verstehe da was anderes darunter, nämlich eine Wohlgemut ohne Arg, hätten sie ja diese Güte dann. Des Weiteren - wäre das tatsächlich ein sinnbildliches Beispiel von "Gottes Güte" - umsonst bekommt es aufgrund des Vertrages niemand. Solcherart Verträge machen im Allgemeinen eher Mephisto und Konsorten!

Auf deutsch und eine freie Interpretation des Gleichnisses, ungebunden an die dogmatische Deutung der Theologen: Ein Mensch, der einsichtig und frei von allen missgünstigen Begleiterscheinungen ist - ist der nicht voll der Güte für den Nächsten? Hat wohl keiner von den Arbeitern wirklich (bekommen). Das sagt das Gleichnis doch wohl deutlicher aus; oder nicht?

Dieses gleichnis ist ein appell gegen den neid und für die grosszügigkeit. Alle haben denselben guten Lohn bekommen. Neidische menschen können sich nicht darüber freuen, wenn jemand anderem etwas geschenkt wird, sie fühlen sich übervorteilt und ungerecht behandelt, obwohl sie ja nicht weniger haben. Man soll zufrieden sein mit dem was man hat und sich freuen, wenn andere auch bekommen. Ein guter sozialstaat funktioniert so. 

Jesu wollte damit eigentlich nur klar machen, dass die "Ersten" die "Letzten" sein können (Mt.20,16; Lk.13,30).

Wer "berufen" ist, wird auch als "Letzter" denselben Lohn in Gottes Reich haben (Offb.20,4).