Herr der Ringe als Metapher der Realität?

4 Antworten

Es gibt massenhaft zu interpretieren. Allerdings haben das auch die verschiedensten Parteien ausgenutzt. Tolkien selber stritt ab, dass der Verlauf des 2. Weltkriegs ihn beeinflusst hat, da viele den Verlauf/ die Gegner mit seiner Geschichte in Verbindung bringen wollten. Genau kann ich es jetzt nicht wiedergeben, aber er sagte so etwas, wie: Wenn sich der "Herr der Ringe" am 2. Weltkrieg orientiert hätte, dann wäre Sauron nicht zerstört, sondern versklavt worden. (Wenn ich mich nicht irre, steht das im Vorwort des "Herrn der Ringe".)
Allerdings wird davon ausgegangen (und ich glaube, dass sowohl der Autor, wie auch sein Sohn etwas dazu gesagt haben), dass die Toten Sümpfe von der Somme-Schlacht (1. Weltkrieg) inspiriert worden sind.
Tolkiens größte Quelle waren allerdings immer die Sagen und Legenden. Ein wenig von seinem Leben und seiner Sicht der Dinge ist natürlich auch noch in seine Kreation eingeflossen. (Sein Aufenthalt in der Schweiz ist wohl teilweise (Bruchtal, Einsamer Berg, etc.) auch noch in der Landschaft verarbeitet worden.)

Ich sehe auch keine direkte Analogie zu den Weltkriegen, und Tolkien schrieb selber, dass der 2. WK ihn da nicht direkt inspiriert hatte. Ganz klar sind aber zwei alte Quellen, einmal die

Edda (nordische Mythologie): die Namen der Zwerge, von Gandalf (wörtl. "Stab-Elf") sind direkt aus der Edda, zudem kommen die Elben dort vor. Dass die Zwerge unterirdisch leben und nach Bodenschätzen suchen, ist auch keine Erfindung von Tolkien, das ist eine alte Vorstellung. Dass Trolle bei Sonnenlicht versteinern, gehört zur nordischen Mythologie (bei Island kann man Felsen sehen, die so entstanden sein sollen).   

und der

Beowulf (angelsächsische Mythologie): Theoden ist "Hrothgar", und die goldene Halle "Meduseld" steht im Beowulf in Dänemark. Ein Held (Beowulf) hilft König Hrothgar bei der Bekämpfung eines riesigen Trolls (der dort Grendel heißt). Die Namen Theoden, Eomer, Eowyn und andere sind angelsächsische Namen.

Auch befinden sich keltische Elemente in seiner Sprache "Sindarin" (keltische Anlautmutation). Finnische Elemente könnten sich auch im Epos befinden - die sind nicht ganz so deutlich, aber womöglich sind Galadriels Spiegel und die Phiole mit der leuchtenden Flüssigkeit passend zu Elementen des "Wasserzaubers". Sicher kannte Tolkien die Kalevala und den Sampo (einen magischen finnischen Gegenstand).

Tolkien war Linguist, und natürlich hat auch die schwarze Sprache der Orks gewisse Vorbilder. Sie ist agglutinierend (ähnlich wie Hurritisch, eine ausgestorbene Sprache des nahen Ostens). Sindarin flektiert (ähnlich wie keltische Sprachen). Die Sprachen sind Neuschöpfungen, aber er hat sich inspirieren lassen.

Und "Smaug" ist Smok (Wawelski), ein Drachen aus einem polnischen Märchen. Radagast ist auch aus der slawischen Mythologie übernommen (sogar die zu ihm gehörenden Vögel sind nicht von Tolkien, das ist eine alte slawische Vorstellung).


Tolkien selbst streitet das in der Einleitung zu "Herr der Ringe" vehement ab.


KyleBroflovski 
Beitragsersteller
 14.11.2019, 20:31

kann ich das irgendwo nachlesen. Oder steht das als Präambel am anfang des Buches ?

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DerRoll  14.11.2019, 20:43
@KyleBroflovski

Ich habe das aus der Einleitung der Ausgabe vom Klett-Cotta-Verlag, 2. Auflage 1980, S. 11.

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Die Welt der "Herr der Ringe" soll ja auch eine Vorgeschichte unserer Welt sein.