Hat man sich früher in der Familie geduzt?

4 Antworten

War wohl nur in höheren Kreisen so. Warum sollte ein Bauern oder Arbeiterkind seine Eltern mit "Sie" anreden. Im 20. Jhrdt hat man z.B. und daran kann ich mich noch erinnern alte Leute mit denen man nicht verwandt war mit "Euch" angeredet. "Wie geht es Euch, habt Ihr schon eingekauft" usw. Ich mußte mir als Kind immer das Lachen verkeifen, wenn da nur eine einzige Person angesprochen wurde.

Von Experte kami1a, UserMod Light bestätigt

Das Duzen is der Normalfall, das Siezen ist eine neuzeitliche Entwicklung und Nachahmung aus dem franzoesischen (welches aber auch dort nach dem 15. Jahrhundert vorkommt).

Das frueher die Eltern liebevoller waren als die heutigen, das bezweifle ich allerdings sehr. Frueher galten die Kinder eher als Produktionsmittlel oder Erwerbsmittel. Man machte Kinder um billige Arbeitskraefte fuer den Bauernhof zu haben, oder man schickte diese ein Handwerk zu lernen und die Eltern kassierten die Belohnung fuer sich.


EdekL 
Beitragsersteller
 03.08.2022, 13:00

Vielen Dank für deine Antwort. :) Ich meine, dass Eltern im Mittelalter und der Antike oft liebevoller waren als vor 100 Jahren. Im Mittelalter besaßen selbst arme Kinder schon oft Spielzeug und die Kirche beschwerte sich oft darüber, dass die Eltern ihre Kinder verhätscheln. So habe ich es jedenfalls in einem seriös scheinenden Geschichtsbuch gelesen.

ChronosSOL  03.08.2022, 18:34
@EdekL

Naja... wenn 1 von 4 Kindern im Durchschnitt überlebt... ist das nicht wirklich verwunderlich...

Mehr zu dieser "Theorie" möchte ich mich ohne faktenbestand aber nicht äußern.

L.G und schönen Abend noch.

Das Siezen ist die neueste Anrede.

In der älteren Zeit gab es das Du, das "Ihr" und das "Er". Man sprach Gleichgestellte als Du an. Personen des Adels sprachen sich gegenseitig als Ihr an und liessen sich auch vom niederen Volk so ansprechen.

Wenn sie wiederum das gemeine Volk ansprachen, dann in der 3. Person: "Er kann sich jetzt entfernen". Heine hat sich darüber mehrfach lustig gemacht.

Im 19. Jahrhundert entwickelten Menschen im Bürgertum die neuen Ideen von Freiheit und Gleichheit weiter und wollten die Sprache eben auch von dieser Zweiteilung in "Adel und Pöbel" befreien.

Um Respekt und Wertschätzung auszudrücken, wollten sie jetzt eine neue Form haben, die nicht an Adel und Pöbel erinnerte. Damit kam das "Sie" auf und das "Ihr" und das "Er" verschwanden ziemlich schnell und spurlos.

Nicht durchgesetzt hat sich die Reformwelle, die in manch anderen Sprachen, wie Englisch oder Schwedisch, gleich jede Respektsform beseitigte und nur noch das Du überleben liess. Soviel Gleichmacherei wollten auch liberale Deutsche dann doch nicht :)

Ob Eltern und Kinder sich vor tausend Jahren "geliebt" haben, kann niemand historisch wissen. Dazu fehlen nicht nur die Quellen. Denn soviel Privates wurde nicht aufgeschrieben.

Es ist zweitens auch nicht möglich, gewissermassen "in die Herzen zu schauen". Denn ob da Liebe ist, sieht man nicht an bestimmten Verhaltensweisen. Die sind gebunden an ihre Zeit und verändern sich sehr in der Bewertung. "Liebe" stellt nicht auf ein konkretes Verhalten ab, sondern auf die Motivation aus dem dahinter stehenden Gefühlsleben.

In das kann selbst heute niemand von aussen schauen, es sei denn, er erlebt den anderen und hat die Möglichkeit, es etwa an dessen Körpersprache zu erkennen. Für so etwas fehlen aber alle Quellen. Denn damit ich damit etwas anfangen könnte, bräuchte ich präzise, rein sachliche Beschreibungen des Gesehenen. Also etwa: "sein Gesicht zeigt ein Runzeln an dieser oder jener Stelle" etc.

Aber kaum jemand beschreibt Erlebtes so sachlich. Stattdessen gehen die Menschen in aller Regel lieber direkt zu eigenen Bewertungen über: "sein Gesicht ist voller Liebe zu (...)".

Was dem anderen Menschen dann nichts zum Verstehen hilft. Verständlich?

Ich bleibe deshalb eher bei der Annahme aus meinen Lebenserfahrungen, dass das Gefühlsleben der Menschen an allen Orten dasselbe ist, weil wir alle dieselben biologischen Anlagen dazu haben. Und ich wüsste nicht, wieso das vor nur ein paar Generationen ganz anders gewesen sein sollte. Die paar Jahrhunderte oder Jahrtausende Kulturgeschichte sind ja ein Fliegenschiss an der Zeitleiste der Evolution, die in mehreren hunderttausend (!) Jahren rechnet.

Im Mittelalter und bis in die Neuzeit hinein war autoritäre Erziehung der Kinder (einschl. reichlicher Prügelstrafe) der Normalfall.

Kinder wurden vor Pestalozzis pädagogischen Überlegungen wie "kleine Erwachsene" behandelt, und noch im 17. Jh. wurde ein 12-jähriger Junge wegen des Diebstahls eines Apfels gehängt.

Bis ins frühe 19. Jh. haben Kinder ihre Eltern noch gesiezt.

Wie das in der Antike aussah, wissen wir nicht wirklich, weil es keine Aufzeichnungen dazu gibt.