Gibt es nur ein Genpool für den Mensch oder viele verschiedene?

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Es gibt nur einen menschlichen Genpool. Ausnahmslos alle Menschen gehören damit zur selben "Rasse", nämlich dem anatomisch modernen Menschen (Homo (sapiens) sapiens). Eine Unterscheidung der heutigen Populationen in verschiedene "Menschenrassen" ist damit biologisch nicht zu begründen. Ganz klar formuliert: es gibt keine unterschiedlichen Menschenrassen.

Der Mensch ist genetisch eine extrem uniforme Spezies mit einer nur geringen genetischen Variabilität. Das Genom zweier beliebiger Menschen ist zu 99.9 % identisch, selbst wenn sie von unterschiedlichen Kontinenten stammen. Zum Vergleich: die genetische Variation ist schon bei zwei Schimpansen aus der selben Gruppe größer. Darüber hinaus ist beim Menschen die genetische Variabilität innerhalb von Populationen größer als die Variabilität zwischen den Populationen, wie Studien des Humangenetikers Luigi Luca Cavalli-Sforza gezeigt haben. Es gibt deshalb keine genetische Grundlage, die eine Unterscheidung verschiedener "Rassen" rechtfertigen würde.

Obwohl der Mensch eine phänotypisch sehr vielgestaltige Art ist, gibt es auch hier keine Grundlage, die eine Auftrennung in diverse "Rassen" rechtfertigt. Kein einziges phänotypisches Merkmal (z. B. Hautfarbe, Körpergröße usw.) ist für eine Abgrenzung verschiedener "Rassen" geeignet, weil es zwischen den Populationen stets fließende Übergänge gibt. Jeder Versuch einer Grenzziehung wäre folglich absolut willkürlich und ist somit wissenschaftlich unhaltbar.

Siehe hierzu auch die Jenaer Erklärung. Du findest sie, wenn du bei Google "Jenaer Erklärung" eingibst. Für detailliertere Informationen zur Genetik siehe "Gene, Völker und Stammbäume" von Cavalli-Sforza oder "Humanbiologie" von Hynek Burda et al.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Fritz772 
Beitragsersteller
 27.08.2022, 14:52

Und Rasse=Population?

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Darwinist  27.08.2022, 15:43
@Fritz772
Und Rasse=Population?

Rasse entspricht einer Unterart. Die definiert sich in der Biologie als geographisch abgegrenzte Population(en) einer Art mit eigenständiger Entwicklungsgeschichte. Eine Population ist eine Gruppe von Individuen einer Art, die eine Fortpflanzungsgemeinschaft bildet.

Es gibt ja diese komischen Gentest,die anzeigen sollen,wo man herkommt.

99.9 % der DNA sind bei zwei beliebigen Menschen gleich. Das macht bei der Gesamtgröße des Genoms aber rund 3 bis 10 Mio. Basenpaare, die nicht gleich sind. Die meisten davon liegen als Einzelnukleotidpolymorphismen oder kurz SNPs (sprich: "Snips") vor. Ähnlich wie z. B. Mikrosatelliten, das sind kurze palindromische Sequenzen in der nichtcodierenden DNA, können SNPs für populationsgenetische Studien genutzt werden.

Eine andere Möglichkeit sind mitochondriale Haplotypen. Dazu hier eine ausführliche Erklärung.

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Fritz772 
Beitragsersteller
 27.08.2022, 16:13
@Darwinist

Aber da es ja anscheinend mehrere Populationen gibt muss es doch auch mehrere Genpoole geben.

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Darwinist  27.08.2022, 16:14
@Fritz772

Nein. Muss es nicht. Weil Populationen miteinander in genetischem Austausch stehen können.

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Fritz772 
Beitragsersteller
 27.08.2022, 16:19
@Darwinist

Also haben wir viele verschiedene Populationen und da diese immer im genetischem Austausch stehen,gibt es nur ein Genpool?

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Fritz772 
Beitragsersteller
 06.10.2022, 22:17
@Darwinist

Schuldigung das ich nochmal Frage,sber ich habe das hier auf Wikipedia gefunden

,,Daraus ergibt sich eine Populationsstruktur, bei der zwar Merkmale mehr oder weniger kontinuierlich variieren, bei Vergleich über etwas größere Distanzen aber merkliche Unterschiede entstehen, die gegen den homogenisierenden Einfluss des Genflusses Bestand haben, aber ohne dass an irgendeiner Stelle eine scharfe Trennungslinie zu ziehen wäre. Populationsmodelle mit solchen Eigenschaften werden als „Isolation durch Distanz“ beschrieben (auch dieses Konzept geht auf das Werk von Sewall Wright zurück[12]). Werden nur Menschen aus weit entfernten Regionen miteinander verglichen, wird die klinale Natur der Variation leicht verkannt.[13]"

Soweit ich mich mit Biologie und Populationen wie auch Artenbildung auskenne,sorgt eine ,,Isolation durch Distanz"also geografische Isolation ja eigentlich für verschiedene Genpools. Somit müsste es (zumindest laut diesem Text)ja verschiedene Genpools bei den Menschen geben oder nicht?

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Darwinist  07.10.2022, 13:58
@Fritz772

Isolation by distance (IBD)hat nichts mit einer geographischen Isolation zu tun.

IBD beschreibt das Phänomen, dass Populationen sich mit zunehmender geographischer Distanz genetisch voneinander unterscheiden, ohne dass zwischen den Teilpopulationen eine trennende geographische Barriere besteht.

IBD kann man beispielsweise bei Arten mit einem weiten Verbreitungsgebiet beobachten, also Arten, die über eine geographische Kline (z. B. von Nord nach Süd) kontinuierlich verbreitet sind. Grund für die IBD ist, dass solche Populationen nicht panmiktisch sind, sondern das Dispersal eines Individuums begrenzt ist. Dispersal meint dabei das Abwanderungsvermögen eines Individuums mit Erreichen seiner Fortpflanzungsfähigkeit.

Nimm beispielsweise einmal an, wir betrachten eine Vogelart, die im gesamten Asien vom Ural im Westen bis an den Pazifik im Osten verbreitet ist. Ein Individuum kann sich nun nicht beliebig mit jedem anderen Individuum paaren, sondern nur mit denen, die innerhalb seines Dispersalradius liegen. Nehmen wir an, ein Vogel kann 100 km weit fliegen, kann er sich folglich nur mit anderen Vögeln fortpflanzen, die innerhalb dieses 100 km-Kreises liegen. Das heißt, dass z. B. ein Individuum im äußersten Westen nicht mit einem im äußersten Osten hybridisieren wird. Die genetische Distanz der Individuen zueinander wird deshalb aufgrund der beschränkten Fortpflanzung mit zunehmender Entfernung immer größer werden, obwohl es keine trennende Barriere gibt. Folglich gibt es aber auch keine klar erkennbare genetisch unterscheidbare Grenze, weil ja der genetische Unterschied über die Kline graduell zunimmt, es gibt also zwischen den generisch deutlich unterschiedenen Teilpopulationen ganz im Osten und ganz im Westen zwischen diesen einen allmählichen Übergang.

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Fritz772 
Beitragsersteller
 27.08.2022, 13:36

Super danke :).Trotzdem noch eine Frage.

Es gebt ja warscheinlich doch Gene oder Allele,die in bestimmten Regionen Haufiger vorkommen.

+Es gibt ja diese komischen Gentest,die anzeigen sollen,wo man herkommt. Wie soll das gehen,wenn die Gene überall auf der Welt verteilt sind und es einen kontinuirlichen Genfluss gibt?

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Die gesamte Gattung Homo Sapiens die auf der Welt existiert, hat vor 60-70000 Jahren Afrika verlassen hat und sich nach und nach über den ganzen Globus verteilt hat. Verschiedenes Aussehen und unterschiedliche Hautfarben sind weitestgehend eine evolutionäre Anpassung an die unterschiedlichsten Lebensräume und Klimaverhältnise. Es gab zwar weit vorher schon Vorstufen die bereits zur Gattung Homo gehörten und auch schon früher Gebiete außerhalb Afrikas besiedelten, aber diese Zweige sind allesamt im Laufe der Zeit ausgestorben. Alle heute noch Lebenden Menschen stammen von einer einzigen Population des Homo Sapiens ab die sich zunächst in Afrika entwickelt hat und sich dann über unterschiedliche Wanderrouten in der ganzen Welt verteilt hat. Zu dieser Zeit gab es bereits nur noch einige wenige Vorkommen von Vormenschen auf der Welt. Von denen wahrscheinlich nur noch der Neandertaler Kontakt zu Homo Sapiens bei seiner Verbreitung hatte. Man war sich anscheinend, zumindest eine Zeit lang, Recht sympathisch. Weshalb die Bevölkerung in Europa bis Vorderasien noch bis heute einen 2-5 prozentige Anteil an Neandertalergenen aufweist.

Durch die Globalisierung gibt es eigentlich kaum Orte, an denen der Genfluss nicht stattfinden kann. Die geografischeSeperation gibt es wegen Flugreisen etc. kaum noch. Natürlich setzt sich der Genpool aber je nach Region anders zusammen und gewisse Phänotypen dominieren.

Einige indigene, fermdenfeindliche Inselvölker sind wohl bessere Beispiele für einen eher eigenen Genpool, bei dem eine geografische Seperation noch tatsächlich stattfindet. Auch eher geschlossene Gesellschaften, wie Nordkorea könnten sowas natürlich bedingen, aber selbst da findet Einwanderung statt und evolutionär gesehen ist die Zeitperiode auch viel zu nichtig, als das sich hier irgendetwas entwickelt haben könnte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – sehr gutes Abitur