Geschichtshausaufgabe zu Gerd Eilers

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Zunächst ist es nützlich, sich kurz über den Autor zu informieren (z. B. welche Stellung er hatte und wie seine politische Grundüberzeugung war). Außerdem kann der Text als Rückblick in einer Autobiographie erkannt werden.

Gerd Eilers bezieht sich in seiner Erinnerung (für die Zeit 1813 – 1840, wie ein Vergleich der Ortsangaben mit seinem Lebenslauf zeigt) auf eine äußerst stark verbreitete („Fast alle Staatsmänner und Offiziere höherer wissenschaftlicher und politischer Bildung, mit denen ich in Frankfurt und später in Bremen und in der Rheinprovinz verkehrte“, „sagten die freisinnigen Staatsmänner meiner Bekanntschaft einstimmig“) Erklärung, worin die Ursache einer Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung und den politischen Verhältnissen lag.

Die Erläuterung kann näher angeben, auf welche Ereignisse und Zustände sich die Aussagen genau beziehen.

Im Text wird eine Darstellungung wiedergegeben, die sich mit starker Gefühlsbeteiligung und mit kräftigen bildhaften Ausdrücken auf die Kämpfe bezieht, in denen Napoleon 1813 – 1815 aus Deutschland zurückgeschlagen und besiegt worden ist, die sogenannten Befreiungskriege. Die Bezeichnung „freisinnig" bedeutet freiheitsliebend, liberal.

Der preußische König Friedrich Wilhelm III. hat z. B. am 3. Februar 1813 einen Aufruf an die Jugend zur Bildung von Freiwilligentruppen veröffentlichen lassen. Eine damals entstandene war das Lützowsche Freikorps. In der „Verordnung über die zu bildende Repräsentation des Volkes" vom 22. Mai 1815 gab der König außerdem die Zusage für eine Verfassung mit einer Volksvertretung (Verfassungsversprechen).

Die Erwartungen im deutschen Volk (die Aussagen im Text gehen bei der Klarheit der Ziele und den Grad der Übereinstimmung wohl etwas über die Wirklichkeit hinaus, treffen aber für Teile sicherlich zu) bei seinem Einsatz, der Opfer kostete, werden dem enttäuschenden Ergebnis gegenübergestellt.

Die Beschlüsse des Wiener Kongresses (1814 – 1815) waren für die Vorstellungen und Wünsche vieler national und liberal empfindender Bürger eine Enttäuschung.

Die Fürsten hatten beim Wiener Kongress („Wiener Fürstenkongress“ im Text) einige übergeordnete Grundsätze/Prinzipien:

1) Restauration: weitgehende Wiederherstellung der Verhältnisse vor der Französischen Revolution 1798, also Rückkehr zu den alten politischen Zuständen

2) Legitimität: Rechtmäßigkeit der Herrschaft der Fürsten, die auf althergebrachten Rechten beruht, die Herrschaftsbefugnis wird auch religiös gerechtfertigt (Gottesgnadentum der monarchischen Dynastien); das von Napoleon geschaffene Staatensystem wurde beseitigt und alte Dynastien (mit wenigen Ausnahmen bei ehemaligen Kleinstaaten) wiedereingesetzt

3) monarchische Autorität: die Fürsten wollten eine starke Stellung nach innen in ihren Staaten, die nicht vom Volk erschüttert werden sollte (Zementierung der Fürstenmacht)

4) monarchische Solidarität: die Fürsten wollten ihre (wiederhergestellte) Herrschaft durch Zusammenarbeit ihrer Staaten sichern und festigen, beabsichtigt war eine einträchtige gemeinsame (solidarische) Abwehr revolutionärer Erhebungen, Hilfe von außen sollte die Stellung der Fürsten gegen liberale und nationale Bewegungen schützen und diese Gegner bekämpfen

In Deutschland wurde der „Deutsche Bund“ geschaffen, ein Staatenbund, der einen losen Zusammenschluss der deutschen Länder wiederherstellte, in dem aber die Einzelstaaten souverän waren und auf Bundesebene vor allem eine gemeinsame Sicherheitspolitik beabsichtigt war. Ein starker Einheitsstaat Deutschland wurde von den Fürsten nicht gewünscht. Der Wiener Kongress führte nicht zu einem Nationalstaat, sondern hielt grundsätzlich am Partikularismus (Hauptgewicht lag bei den Teilen, den Einzelstaaten, darunter viele kleine Fürstentümer) fest. Dies wird im Text als Zustand „der heillosen Vielheit und Zerrissenheit“ beklagt.

In Artikel XIII der Deutschen Bundesakte von 1815 stand: „in allen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung stattfinden." Österreich und Preußen führten aber überhaupt keine Verfassung für ihren Gesamtstaat ein, sondern hatten nur Ständevertretungen für Teilgebiete.

Die Restauration (im Text „jene dynastischen und hierarchischen Zustände zurückzuführen“; dynastische Zustände bezeichnen die Macht adliger Herrscherfamilie, der erblichen Fürstenherrschaft, hierarchische Zustände die starke und deutliche Über- und Unterordnung in einem Obrigkeitsstaat), nach einem österreichischen Staatskanzler und Außenminster auch „System Metternich“ genannt, führte zu einer Unterdückung der national und liberal Eingestellten.

Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 spielten dabei eine wichtige Rolle. Zensur schränkte die Meinungsfreiheit ein. Universitäten wurden ständig polizeilich überwacht. Studentische Verbindungen, vor allem die Burschenschaften, wurden verboten. Die Lehrfreiheit war eingeschränkt, unliebsame Lehrkräfte wurden entlassen und erhielten Berufsverbot.

Der Deutsche Bundestag in Frankfurt am Main (Gesandte der einzelnen Mitgliedstaaten der Mitgliedstaten des Deutschen Bundes) beschloss am 28. Juni 1832 Gesetze („Bundestagsbeschluss über Maßregeln zur Aufrechterhaltung der gesetzlichen Ordnung und Ruhe in Deutschland") zur Unterdrückung der liberalen und nationalen Bewegungen (Einsetzung einer Kommission zur Kontrolle der einzelnen Landesparlamente, verschärfte Pressezensur, Vereins- und Versammlungsverbote, Überwachung der Universitäten).

Die Enttäuschung von Erwartungen und der Bruch eines Versprechens konnten zu dem Urteil führen: „Die Nation ist betrogen!“

Ohne französische Revolution hätte es keinen Wiener Kongress (1815) gegeben, wo nach der Niederlage der napoleonischen Armee über eine Neuordnung der europäischen Landkarte verhandelt und entschieden wurde!

Nichts wünschten sich zu jener Zeit die Deutschen sehnlicher, als eine Beseitigung der unglückseligen deutschen Kleinstaaterei, - bestehend aus 35 Staaten + 4 Stadtstaaten - hin zu einem gemeinsamen Deutschen Einheitsstaat. Dafür hatten vor allem deutsche Soldaten in den napoleonischen Kriegen einen hohen Blutzoll entrichtet. Der Adel verfolgte jedoch ausschließlich eigene Besitzstands-Interessen und entschied beim Wiener Kongress letztendlich für eine Rückführung der Vorkriegs-Machtverhältnisse! Das Volk hingegen fühlte sich zu Recht einmal mehr vom Adel betrogen und äußerte vor allem durch die Burschenschaften und Universitäten ihren Unmut. Die Angst des Adels vor französischen revolutionären Verhältnissen führte 1819 zu repressiven Maßnahmen gegen d. g. Gruppen und Einrichtungen durch die Karlsbader Beschlüsse unter Vorsitz des Fürsten Metternich! Diese Beschlüsse mündeten über weitere Protestaktionen direkt in die deutsche Revolution von 1848/49!

Hier noch der Text von Gerd Eilers:

Gerd Eilers: Meine Wanderung durchs Leben. Leipzig 1856

Fast alle Staatsmänner und Offiziere höherer wissenschaftlicher und politischer Bildung, mit denen ich in Frankfurt und später in Bremen und in der Rheinprovinz verkehrte, erblickten die nächsten Ursachen der stets zunehmenden Unzufriedenheit des Volks mit den Regierungen darin, dass man die Jugend erst für die Befreiung Deutschlands und seiner Fürsten aus schmachvoller Knechtschaft begeistert und ins Feld geführt, dann aber, nachdem das Werk in nie gesehener Einigkeit einer allgemeinen patriotischen Erhebung mit Strömen unschuldigen Bluts vollbracht worden und das ganze deutsche Volk mit geheiligtem Rechte eine neue einheitliche Einrichtung der staatsbürgerlichen Lebensverhältnisse erwarten durfte, der Wiener Fürstenkongress nur zu deutlich die Tendenz verriet, jene dynastischen und hierarchischen Zustände zurückzuführen, die ein halbes Jahrhundert hindurch vor den Freiheitskriegen von der großen Mehrheit des deutschen Volks verabscheut und verhöhnt worden waren. Die mit mir gleichaltrigen Zeitgenossen werden sich noch erinnern, dass schon damals durch Deutschland die Wehklage erscholl: "Die Nation ist betrogen!" Hier liegt, sagten die freisinnigen Staatsmänner meiner Bekanntschaft einstimmig, die stets fortsprudelnde Quelle allen Unheils, welches seit den Freiheitskriegen über Deutschland gekommen ist und noch kommen wird, bis die Zeit zu einer völligen Verwandlung der heillosen Vielheit und Zerrissenheit in eine nationale Einheit reif ist.