Gedicht von K. Tucholsky "Die arme Frau"?
Dieses Gedicht von Kurt Tucholsky habe ich vor langer Zeit einmal gelesen bzw. irgendwie Berührung damit gehabt, ich erinnere mich leider nicht mehr genau an die Umstände.
Hier der Text:
Die arme Frau
Mein Mann? mein dicker Mann, der Dichter?
Du lieber Gott, da seid mir still!
Ein Don Juan? Ein braver, schlichter
Bourgeois – wie Gott ihn haben will.
Da steht in seinen schmalen Büchern,
wieviele Frauen er geküßt;
von seidenen Haaren, seidenen Tüchern,
Begehren, Kitzel, Brunst, Gelüst . . .
Liebwerte Schwestern, laßt die Briefe,
den anonymen Veilchenstrauß!
Es könnt ihn stören, wenn er schliefe.
Denn meist ruht sich der Dicke aus.
Und faul und fett und so gefräßig
ist er und immer indigniert.
Und dabei gluckert er unmäßig
vom Rotwein, den er temperiert.
Ich sah euch wilder und erpichter
von Tag zu Tag – ach! laßt das sein!
Mein Mann? mein dicker Mann, der Dichter?
In Büchern: ja.
Im Leben: nein.
Vielleicht gibt es hier ja jemanden der zu diesem Gedicht eine Interpretation hat, etwas dazu sagen kann und möchte.
Oder vielleicht kann jemand erklären was Tucholsky damit sagen möchte.
Dafür wäre ich sehr dankbar.
Gruß
1 Antwort
Wo ist das Problem? Das Gedicht stellt doch einfach die Diskrepanz dar zwischen dichterischer Selbstbeschreibung und Realität. Man könnte auch sagen: Dieser Mann lebt sich in seinen fiktiven Texten aus, bis es der Frau irgendwann reicht und sie zumindest ihren Frust rausschreibt.
Es war mir eine Freude, das Gedicht auf diesem Wege kennenzulernen. Ich wusste gar nicht, dass Leute wie Tucholsky so angriffslustig auch im Hinblick auf sich selbst gewesen sind. ;-)
Danke sehr!