Gas in der Kurve geben - Motorsport?
Hey,
Im Motorsport wird ja vor der Kurve so spät wie möglich abgebremst. Lässt man sich dann in der Kurve durch Rollen und beschleunigt nach der Kurve nochmal richtig durch, oder bremst man stark ab und beschleunigt danach direkt wieder auch wenn man selber noch in der Kurve ist?
Wenn man in der Kurve Gas gibt, hat man ja das Gewicht an den Seiten und vor allem Hinten und somit kann hinten eigentlich bei genug grib nicht ausbrechen oder?
7 Antworten
Das kommt auf die Kurve an. Durch eine lange ("schnelle") Kurve kann man durchsegeln, also wie mit Standgas durch. Bei einer 180° Kehre muss man stark abbremsen und den richtigen Scheitelpunkt finden, wo man wieder beschleunigt.
Die Kunst im Motorsport ist nicht, auf der Geraden Gas zu geben, sondern möglichst perfekt durch die Kurve zu kommen.
Jede Kurve ist anders, da gibt es keine Faustregel. Schon gar nicht, wenn man 1000 PS (wie z.B. in den LeMans Fahrzeugen) unterm Hintern hat.
Das lässt sich pauschal gar nicht beantworten und hängt von Motorsportdisziplin sowie von der jeweiligen Kurve ab. Generell aber kann man sagen, dass Rallye-Fahrer immer bemüht sind, das Auto am Kurveneingang sortiert zu haben - sie wissen nie ganz genau, wie die Kurve wirklich aussieht. Ab dann wird mehr oder weniger stark beschleunigt. Ob das Augenmerk eher auf dem späten Bremspunkt oder sauberem Herausbeschleunigen liegt, hängt auch von den Bedingungen ab - ob zum Beispiel eine längere Vollgaspassage folgt, auf der sich mitgenommener Schwung besonders auszahlt.
Rundstreckenfahrer bremsen meist in die Kurve hinein bis kurz vor den Scheitelpunkt - auch, um keine Angriffsfläche für Ausbremsmanöver durch Hintermänner zu bieten. Aber selbst, wer allein fährt, nutzt in der Regel nicht die Ideallinie, sondern eher die "Kampflinie": etwas später bremsen und einlenken sowie Scheitelpunkt etwas zurückverlagern, um früher aufs Gas gehen zu können und mehr Schwung mitzunehmen. Richtig Gute fahren die Kurve sogar etwas spitzer, haben also quasi zwei Scheitelpunkte - einen früheren, einen späteren. In Kurvenmitte sind sie etwas vom inneren Fahrbahnrand entfernt. Vorteil: Sie können geradliniger und später in die Kurve hineinbremsen und sind bis kurz vor Kurvenmitte etwas schneller. Dann wird das Auto ausgerichtet („Rotation“) und so stark wie möglich beschleunigt. Dadurch sind sie für einen kurzen Bereich in Kurvenmitte zwar langsamer, aber früher auf dem Gas und am Kurvenausgang wieder schneller. Ist aber ziemlich schwierig und wird so eigentlich nur von Profis eingesetzt. Par excellence konnten dies zum Beispiel Bernd Schneider und Stephane Ortelli, um zwei zu nennen.
Die Reifen müssen sowohl Längs- als auch Querkräfte übertragen. Die (vektorielle) Summe aus beiden darf die maximale Balstbarkeit (Grip) des Reifens nicht überschreiten, sonst verliert man den Halt. Je enger der Kurvenradius, umso größer die Querkräfte und umso weniger Längskräfte können übertragen werden. Das bedeutet letztlich, dass am Kurvenscheitel, wo man den engsten Radius hat, auf Längskräfte, also Nremsen oder Beschleunigen, verzichtet werden sollte, um die hächstmögliche Kurvengeschwindigkeit zu erreichen. Sobald man nach dem Scheitelpunkt das Lenkrad wieder etwas öffnet, kann auch langsam wieder Gas gegeben werden und je weiter man es öffnet, umso mehr Gas kann man geben und aus der Kurve herausbeschleunigen. Die Kunst dabei ist, den Reifen dabei ständig an seiner Grenze zu bewegen. Gibt man zu wenig Gas, wird man eventuell ausbeschleunigt, gibt man zu viel Gas, bricht das Heck aus.
Das kommt alles sehr sehr stark auf den konkreten Motorsport und die konkrete Kurve an.
im scheitelpunkt wird beschleunigt