Frustriert - wer erklärt mir die Mentalität im Ruhrgebiet?
Hey!
Würde mich über ein paar Meinungen von "Ruhrgebiets-Kennern" freuen.
Ich bin 30 und vor 10 J. wg. Ausbildung vom Niederrhein ins Ruhrgebiet gezogen (aktuell Bochum). Ich war wirklich "guter Dinge". Aber ich bin hier einfach nie heimisch geworden. Hab ein paar Leute kennen gelernt, das schon. Aber so ganz allgemein stoße ich immer wieder sehr schnell an Grenzen.
Sind denn "Ruhrpott" und Rheinland wirklich so unterschiedlich von der Mentalität her? Seit ca. 2 Jahren bin ich beruflich sehr viel in ganz Deutschland unterwegs. Und ich muss sagen, ich komme fast überall (Schwaben ausgenommen ;-) deutlich besser klar, als im Pott. Um nur mal ein paar Beispiele zu nennen, damit ihr versteht, wovon ich überhaupt spreche:
Ich finde, hier ist alles so endlos stressig! Verkehr ohne Ende, überall Staus, Baustellen. Die hohe Luftfeuchtigkeit im Sommer. Aber das, was mich am meisten stört ist das Gefühl, dass "die Leute" so latent aggressiv sind, immer irgendwie "krawallig". Beim Bäcker freundlich zu grüßen, hab ich mir schon längst abgewöhnt, um nicht wie einer vom anderen Stern angeguckt zu werden. Oder wenn ich mal irgendwo nen Joke mache (was halt typisch rheinisch ist^^), dann lockert das in Berlin, Hamburg und anderswo gleich die Stimmung auf und man kommt in ein nettes Gespräch. Hier werde ich meistens nur angeguckt wie ein Auto.. Natürlich gibt es auch andere, das ist klar. Aber ich mein so die allgemeine Haltung.
Ich will dazu sagen, dass ich wirklich niemanden beleidigen möchte! Und damit es nicht falsch rüber kommt: Ich meine damit nicht, dass "der Ruhri" (so es ihn denn gibt) keinen guten Charakter hätte. Habe schon oft genug das Gegenteil erlebt. Wenn man wirklich mal näher in Kontakt mit jemandem kommt oder man sich gegenseitig bei irgendwas hilft, kann man sich voll auf die meisten Leute verlassen. Wovon ich rede, ist so ne "Alltagsfreundlichkeit", die den meisten hier irgendwie völlig abgeht. Ich sehe hier so viele hängende Gesichter. Nirgendwo wird man an der Ampel oder beim spontanen Blickkontakt so oft argwöhnisch angegafft wie hier. Was ist das? Was mache ich denn falsch?! Man hat mir mal gesagt, dass ich auf die Leute evtl. arrogant wirke. Aber ich weiß nicht, wieso - ich bin eigentlich immer offen gewesen und mit allen gut klar gekommen. Ich hab eigentlich ne sehr "freundliche" Art, die z.B. in Süddeutschland, Hessen oder eben im Rheinland auch gut ankommt. Vielleicht ist das hier "too much"? Ich hab keine Ahnung! Gibt es hier so ne ganz bestimmte "regionale Art", zu der man entweder dazu gehört oder nicht?
Noch mal: Ich will echt niemanden beleidigen. Ich kenne ne Menge Leute, die gerne im Ruhrpott sind (auch Zugezogene). Und es geht NICHT darum, den Leuten ein "schlechtes Wesen" zuunterstellen. Wie man hier z.B. zu seinen Freunden steht, ist echt cool. Aber genau deshalb verstehe ich ja auch nicht, wieso die Mentalität im Alltag so "hart" ist.. Oder interpretiere ich das einfach falsch? Bin gespannt auf eure Meinungen :-)
Sebastian
8 Antworten
Hallo Sebastian,
ich bin "Ruhrpottlerin" und habe einige Jahre im Rheinland verbracht und stellte auch wie Du Mentalitätsunterschiede fest. Als ich im Rheinischen (Bonn) ankam, musste ich mich immer darüber wundern, Gespräche aufgezwungen zu bekommen (so kam es mir damals vor). Z.B. an Bushaltestellen und Bäckereien wird man von fremden Leuten angesprochen, Witzchen gemacht oder man bekommt einfach was erzählt! Das war mir bis dahin völlig unbekannt. Du hast also ganz recht, im Ruhrpott ist der Umgangston etwas rauher und die Leute werden erst dann gesprächig, wenn sie die Person besser kennen.
Auch hier gilt natürlich: man kann nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, aber gewisse Gemeinsamkeiten kann man dann doch feststellen :-)
Unser Leitbild ist hier immer noch der sehr hart arbeitende Kumpel (hochdeutsch: Bergmann. Mehrzahl: Auch Kumpel. Nicht zu verwechseln mit Kumpels, also Bekannte oder nicht ganz so enge Freunde). Er arbeitet hauptsächlich in sehr anstrengender und gefährlicher Umgebung und hat daher keine Zeit und keinen Sinn zum Plaudern (genau wie der Stahlarbeiter, unser anderes Leitbild). Außerdem besitzt er nicht viel außer seiner Würde und ist daher erst mal skeptisch, wenn ihn Unbekannte mit irgendwelchem Kokolores (hochdeutsch: Unsinn) zutexten wollen. Wer weiß denn schon, was der wirklich will? Oder ob der nicht einfach irgendwo ausgebrochen ist. Der Ruhri sucht sich daher seine Freunde selbst, wer ihm und wann es ihm passt. Das mit der Luftfeuchtigkeit ist in der Tat etwas nervig, liegt aber am Ruhrtal und sortiert die Harten von den Zarten. Hat man sich aber erst mal nach gewisser Zeit in den Augen eines Ruhris als "n' Töften" (nicht übersetzbar) erwiesen, hat man einen Freund für den Rest des Lebens gefunden, der einem jederzeit aus jeder Krise helfen wird.
Fangen wir von Westen an. In Duisburg sieht man viele Frauen die auf Matchos stehen, asozial und die Freundschaften sind vergänglich. Das waren meine Erfahrungen. In Essen sind manche Leute verklemmt und sehr skeptisch. Bochum hat mich sehr enttäuscht. Fast alle türkische Frauen die ich begegnet habe, waren skeptisch, Männerfeindlich, unfreundlich und extreem spröde. Kundenunfreundlich :(
Das ist mir bisher noch nicht aufgefallen. Mit der Ausnahme nach ein paar Wochen in Sydney wirkten in Deutschland alle unfreundlich. Es war auch wirklich schwierig mir wieder abzugewöhnen mich beim Busfahrer beim Aussteigen nicht zu bedanken.
Gebürtig komme ich aus Aachen und habe mit meiner Frau die gebürtig aus Herne kommt zuerst 2 Jahre in Herne und 6 Jahre in Recklinghausen gewohnt.
Ich denke man muß im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen sein um es schön zu finden.
Sei es um die Industriekultur, die Städte und die Menschen die im Ruhrgebiet nach Ellbogen Mentalität leben.
Der eine interessiert sich nicht für den anderen, im Straßenverkehr sind sie Rüpel und die Hupe wird gerne benutzt.
Im Ruhrgebiet haben sie ein loses Mundwerk, die typische Ruhrpottschnautze.
Es ist trist und grau die Menschen schlecht gelaunt.
Gott sei Dank konnte ich meine Frau davon überzeugen das wir unsere Kinder auf dem Land groß ziehen und sind 50 Kilometer weiter auf ein 5000 Einwohner Dorf gezogen am Rand von Münsterland. Wir gucken aus unserem Haus auf Felder und sehen den traktoren beim erneuten zu,idyllisch ländlich halt.
Wenn wir jetzt die Schwiegereltern in Herne besuchen, sagt meine Frau jedesmal:"Ist das hier hässlich".
Wenn uns die Schwiegereltern aus Herne besuchen kommen sagen sie:"Ist das hier schön, und so schön ruhig."
Wie gesagt, man muss im Ruhrgebiet geboren sein um es schön zu finden, für mich ist es nichts, und die Ellbogen Mentalität sowieso nicht.
Hier auf dem Dorf sind die Menschen viel freundlicher, wir grüßen uns untereinander obwohl wir uns nicht kennen.
Die Nachbarn bleiben für ein Gespräch stehen wenn man im Vorgarten arbeitet etc.
Nichts bringt mich wieder zurück ins Ruhrgebiet, das war ein Alptraum.