Frage zum Film "der Gladiator"

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Bei den römischen Gladiatorenkämpfen hat es tatsächlich zumindest sporadisch auch weibliche Gladiatoren gegeben. Dies belegen Textquellen und archäologische Quellen (einzige eindeutige bildliche Darstellung ist ein Marmorrelief aus Halikarnassos [London, The British Museum] der zur Gladiatorenklasse der provocatores gehörenden Fechterinnen Amazon(e) und Achillia). Anscheinend hat es sich aber eher um eine in selten gebotene Besonderheit zur Unterhaltung gehandelt.

antike literarische Quellen zu Zwergen und zu Frauen als Gladiatoren als besonderer Unterhaltungsreiz:

Statius, Silvae 1, 6, 51 – 64 (ordo pumilorum = Abteilung der Zwerge [Nominativ Singular: pumilus]; scheint den Kampf als Belustigung zu verstehen); Cassius Dio 67, 8, 2 – 4 (νάνους = Akkusativ Plural zu νᾶνος = Zwerg); eine Anspielung könnte Martial, Epigramm 14, 213 sein;

Tacitus, Annales 15, 32, 3; Petronius, Satyricon 45, 4 – 11; Sueton, Domitian 4, 1; Martial, Liber De Spectaculis 6 b

Solche Auftritte galten Anschein bei manchen als Verstoß gegen gute Sitten. Kaiser Septimius Severus verbot etwa 200 n. Chr. in einem Erlaß hochgestellten Frauen die Teilnahme an öffentlichen Wettbewerben.

Massenkämpfe professioneller Gladiatoren sind nicht authentisch.

Marcus Junkelmann, Gladiatoren : das Spiel mit dem Tod. Mainz am Rhein : von Zabern, 2008, S. 96 – 97:
„In Ridleys Scotts Film wird die Arena meist von in Masse auftretenden Fechterpaaren und – gruppen bevölkert. Die Gladiatoren gehen buntgewürfelt in den verschiedensten, offensichtlich ganz beliebigen Kombinationen aufeinander los. Es ist buchstäblich keine Rüstung in sich stimmig zusammengestellt, ebensowenig entspricht die Kombination der Fechterpaare der schriftlichen und bildlichen Überlieferung.

Massenkämpfe

Nun hat es zweifellos Massenkämpfe in der Arena gegeben, doch scheinen sie die Ausnahme gewesen zu sein. Vor allem aber traten in ihnen nicht die eigentlichen professionellen Gladiatoren auf, sondern billiges «Kanonenfutter», meist zum Tode verurteilte Gefangene. Sie kämpften gregatim («in der Herde»), also in geschlossenen Formationen nach militärischem muster, wobei auch Feldzeichen zum Einsatz kamen (sub signo). Insofern ist die erste Kampfszene im Colosseum in Scotts Film richtig angelegt. Eine einheitliche, nach Legionärsart bewaffnete Abteilung Fußvolk, paradoxerweise als Hannibals «Barbarenhorde» figurierend, wird von einem Streitwagengeschwader angegriffen, das – nicht weniger verblüffend, die Armee des Scipio Africanus darstellen soll. Die Einzelheiten sind zwar phantastisch – weibliche Bogenschützen in anatomischen Panzern auf monströsen Sichelwagen - , doch die Idee, eine historische Schlacht darzustellen, ist an sich durchaus römisch.“

zum Streitwagenkämpfer (essedarius), einem auf einem zweirädrigen Wagen (currus) kämpfenden Gladiator (mit dem Wort essedum bezeichneten die Römer einen zweirädrigen keltischen Streitwagen) S. 116 – 119

S. 171 – 175 (Gladiatrices)

S. 171. „Die Ambivalenz der sozialen und moralischen Stellung, die einer gladiatrix angehaftet haben dürfte, bildetet neuerdings in wesentliches Argument dafür, ein aus dem Rahmen fallendes Grab, das in London südlich der Themse entdeckt wurde (165 Great Dober Street, Southwark, Grab b1) zu dem einer gladiatrix zu erklären.“

S. 172: Wer will, mag aus der Kombination besonderer Umstände die Präsenz einer gladiatrix im flavischen Londinium konstruieren, kategorisch ausschließen kann man eine solche Interpretation nicht. Doch angesichts der extremen Seltenheit nachweisbarer weiblicher Gladiatoren im epigraphischen und ikonographischen Material darf es als ausgesprochen unwahrscheinlich gelten, daß sich unter den wenigen gesicherten Gladiatorenbestattungen ausgerechnet die einer der nur ganz sporadisch in dieser Branche tätigen Frauen befinden soll.

Unter den zahllosen bildlichen Darstellungen gibt es gerade eine einzige, die eindeutig weibliche Fechterinnen zeigt, dies ist das berühmte Relief aus Halikarnassos, auf dem der Zweikampf der gladiatrices Achillia und Amazon zu sehen ist.“

„Während auf der Wandkritzelei ein Sieg und eine mit missio endende Niederlage dargestellt sind, handelt es sich auf dem Relief aus Halikarnassos um ein Unentschieden «ἀπελύϑησαν», was dem lateinischen stantes missi entspricht, nicht etwa einer «Freilassung» im Sklavinnenstand befindlicher Fechterinnen […]. Um das anzuzeigen, wurden die Helme als Zeichen der gewährten missio auf dem Boden abgestellt, während die gleichzeitig eingenommen Kampfposen deutlich machten, daß beide Kämpferinnen das Duell unentschieden beendet haben […].“

missio = Entlassung, Begadigung


Albrecht  14.05.2012, 23:19

S. 173 – 174: „Einen weiteren, allerdings umstrittenen epigraphischen Beleg für den Einsatz von gladiatrices, bildet eine fragmentarisch erhaltene Inschrift aus Ostia, die frühestens aus der 2. Hälfte des 2, Jhs. n. Chr. stammt und in der sich ein Hostilianus rühmt, er habe als erster seit Gründung der Stadt bei Spielen Frauen «ans Eisen gegeben» («mulieres [a]d ferrum dedit», FORA 1996.a, Nr. 29). Während FORA (1996b, 116, Nr. 3; zustimmend FREI-STOLBA 2000, 287, Anm. 27) das für Hinrichtungen hält, neigt die Mehrheit der Forscher dazu, «Eisen» als Synonym für scharfen Gladiatorenkampf zu betrachten […]. Frauen simpel mit dem Schwert hinrichten zu lassen, wäre wohl schwerlich eine denkwürdige Tat gewesen, an die man in dieser Form erinnert hätte. Folgt man der gladiatorischen Interpretation, dann würde der Umstand, daß es so lange dauerte, bis ein solcher Programmpunkt erstmals geboten wurde und daß das als hervorhebenswertes Ereignis galt, auch wieder für die außerordentliche Seltenheit von weiblichen Gladiatoren sprechen.

Es bleiben die altbekannten literarischen Quellen, in denen von Fechterinnen die Rede ist. In der Mehrzahl der Fälle geht es um die Empörung des Autors über die Würdelosigkeit von Damen der Gesellschaft, die sich bereit fänden oder von bösen Kaisern wie Nero und Domitian (angeblich) dazu gezwungen würden, sich in der Arena zu produzieren, wobei es nicht immer klar ist, ob es um gladiatorische, jägerische oder athletische Einsätze geht. Offensichtlich waren das aber nur ganz vereinzelte Vorkommnisse, die gerade wegen ihrer Ungewöhnlichkeit und Skandalträchtigkeit zur Kommentierung reizten […]. Schon gar nicht sind sei beöege für den professionellen Charakter dieser Auftritte. Ähnlich ist die etwas unklare Nachricht des Cassius Dio (76, 16.1) zu werten, Septimius Severus habe die Teilnahme höhergestellter Damen an öffentlichen (wohl athletischen) Wettbewerben verboten […].“

„Allerdings gab es die Modeerscheinung der Hobby-gladiatrix, die sich schweißtreibendem Waffentraining hingab, vom scharfen Einsatz in der Arena aber allenfalls geträumt haben dürfte. Iuvenal hat ihr ein berühmtes literarisches Denkmal gesetzt (Satiren, 6, 246 – 267): […].“

Thomas Wiedemann, Kaiser und Gladiatoren : die Macht der Spiele im antiken Rom. Aus dem Englischen von Nicole Albrecht. Darmstadt: Primus-Verlag 2001, S. 20:
„In Ostia brüstetet sich ein editor damit, dass er „seit der Gründung Roms der erste war, der Frauenkämpfe veranstaltete“.“

Quelle: CIL 92237

CIL = Corpus Inscriptionum Latinarum (Gesamtsammlung lateinischer Inschriften)

editor = Veranstalter einer Gladiatorenaufführung (munus), der für die Ausrichtung der Spiele und die Finanzierung zuständig war

S. 119: „neben Männern mußten auch Frauen und Kinder in der Arena antreten: Eine Inschrift in Ostia ehrt den ersten Mann, der Frauen kämpfen ließ […]; es gibt eine Anzahl bildlicher Darstellungen von weiblichen Gladiatoren wie beispielsweise die der „Amazonia“ und „Achillia“ im British Museum und vielleicht die auf dem Relief von Maastricht […]. Tacitus berichtet, dass im Jahr 63 n. Chr. in Rom römische Frauen von hohem Status ebenso wie Senatoren für Nero gekämpft haben. Domitian ließ Frauen bei Nacht im Fackelschein kämpfen, und ein von ihm veranstalteter Wettkampf, bei dem Frauen gegen Liliputaner kämpften, wurde von Martial gelobt, weil er ganz besonders den Gefallen des gemeinen Volkes gefunden habe.“

„Die Tatsache, dass Septimius Severus den Auftritt von Frauen bei sportlichen Wettkämpfen verbot, „um die Ehre aller Frauen zu wahren“, läßt vermuten, dass nicht nur unter „schlechten“ Kaisern wie Nero oder Domitian einige Frauen bereit waren, in der Arena aufzutreten. Paradoxerweise ermöglichte allein schon die Tatsache, dass von Frauen nicht erwartet wurde, männliche Tugenden zu teilen, einer als Gladiator auftretenden Frau, virtus als eine abstrakte Eigenschaft zu verkörpern.“

Quellen (S. 197): Cassius Dio 62/3, 2.1, Tacitus, Annalen 15.32
Sueton, Domitian 4.1; Martial, Liber spectacuorum 6B
Cassius Dio 76, 16.1
Im Sommer 2000 wurde bei Southwark, London, vermutlich das Grab einer Gladiatorin ausgegraben (Times, 13,9.2000)

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PeVau  14.05.2012, 23:36
@Albrecht

Ich würde gerne mal deine Bibliothek sehen. :-) Gruß PeVau

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Im Britischen Museum in London befindet sich ein Relief, das in das 2. Jahrhundert n. Chr. datiert wird und in Halikarnassos, dem heutigen Bodrum in der Türkei, gefunden wurde. Es zeigt zwei Gladiatorinnen, die soeben von dem vom Kampf begeisterten Publikum ehrenhaft aus der Arena – nicht jedoch aus der Gladiatorenschule – entlassen werden. Dieses Unentschieden (stantes missio) galt fast noch mehr als ein Sieg, da es äußerst selten vorkam. Sogar die Namen, unter denen diese zwei Gladiatorinnen (lateinisch gladiatrix[3]) auftraten, sind bekannt: Amazona und Achilla. Trotz dieser überlieferten Abbildung, welche die beiden Kombattantinnen in der Ausrüstung von provocatores zeigt, waren weibliche Gladiatoren die Ausnahme in den Gladiatorenkämpfen. Zwar hatte schon Nero Frauen (und auch Kinder) gegeneinander und gegen Kleinwüchsige kämpfen lassen, normalerweise diente der Einsatz dieser Personengruppen eher der Erheiterung des Publikums.

Der Einsatz weiblicher Gladiatoren widersprach zu sehr der Grundidee der Gladiatoren, dass die in der Arena Kämpfenden die alten römischen Militärtugenden von Mut, Standhaftigkeit und Siegeswille demonstrierten. Deswegen fanden sich nicht viele Anhänger für Frauenkämpfe. Kaiser Septimius Severus ließ im Jahre 200 n. Chr. den Einsatz weiblicher Gladiatoren verbieten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Gladiator


osmond  14.05.2012, 21:07

Hi PV, das war mir neu! DH + lgO

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Ja.Sie waren ja auch nur Sklaven.Und wenn man für ein Szenario(in der Arena werden ja meist Szenarien dargestellt) eine Frau brauchte, so konnte es vorkommen, das sie in die Arena geschickt wurde.

eher unwahrschneinlich..!! jedoch gab es die tatsache das zum beispiel christen (m und w) mit wilden tieren eingesperrt wurden!! also in der arena!°