Folgendes Arbeitszeugnis soll "gut" sein. Ist es das wirklich?
Es wäre toll, wenn sich jemand der sich auskennt das kurz durchlesen könnte und mir die Frage beantwortet. Da ich weiß, dass auch wichtig ist was nicht genannt wird, versuche ich alles aufzulisten.
- Absatz über die Tätigkeit der Mitarbeiterin.
- Absatz über die allgemeine Richtung des Unternehmens.
Zu den vielseitigen Aufgaben einer ... gehören ... Darüber hinaus gehörte zur Tätigkeit von ... im Bereich der ...
...hat sich mit gutem Engagement schnell in den ...ablauf eingearbeitet und eingefügt, sie verfügt über gute Fachkenntnisse und hat die ihr zugewiesenen Arbeitsgebiete sicher und umfassend bearbeitet.
Sie erfüllte die ihr übertragenen Aufgaben stets zu meiner vollen Zufriedenheit, ihr Verhalten gegenüber ..., Kolleginnen und Kollegen sowie der Inhaberin war stets einwandfrei.
Das Arbeitsverhältnis endete zum ... vereinbarungsgemäß.
Ich bedanke mich für die geleistete Arbeit und wünsche ... für die Zukunft privat und beruflich alles erdenklich Gute.
Danke!
Hier das Zeugnis mit extaktem Wortlaut...
6 Antworten
Hallo lalemana,
bereits aus diesem Textausriss ergibt sich dass es persönliche Probleme zwischen dir und dem Arbeitgeber gab. Ansonsten findet das "stets zu meiner vollen Zufriedenheit" hier keine Bestätigung. Im Gegenteil wird dem in der Schlussformulierung widersprochen, hier wird eindeutig dass man nicht mit dir zufrieden war.
Zur tatsächlichen Falltiefe lässt sich darüber hinaus jedoch nichts sagen, für die sinnvolle Bewertung und Kommentierung benötigt man schließlich das vollständige Zeugnis... quasi von der Über- bis zur Unterschrift. Es sollten der zu würdigende Zeitraum, die erlernte bzw. bekleidete Tätigkeit, die Branche und die Unternehmensgröße genannt werden.
Bereits der einleitende, den Zeugnisempfänger benennende Absatz enthält erste wertende Aussagen, genauso wie die Auflistung der Tätigkeiten. Diese wiederum korrespondieren mit den darauffolgenden Bewertungen der einzelnen Aspekte von Arbeits- und ggf. Führungsweise bzw. -leistung sowie von Fachwissen und Sozialverhalten.
Möglicherweise bedarf es in gerade diesem Fall aber auch weiterer Angaben, die einen erheblichen Einfluss auf die in deinem Zeugnis enthaltene Wertung haben können.
Der Text eines Zeugnisses beginnt nunmal mit dem Wort Zeugnis oder einem seiner Verwandten und er endet mit einer Unterschrift. Nur in diesem Kontext lässt er sich halbwegs seriös werten. Fast jede Formulierung in einem Zeugnis kann in einem geänderten Zusammenhang für eine gänzlich andere Aussage stehen. Jede der auf den ersten Blick positiven Aussagen kann durch den ausgelassenen Teil abgewertet werden.
Nicht jeder Firmeninhaber hat die Qualität ein Zeugnis inhaltlich so auszustellen, wie es sein sollte. Das muss man mal sagen.
Es kann einer handwerklich top fit sein, aber sprachlich weniger geeignet um die Realität in Worte zu fassen.Ungewollt könnte dann ein Zeugnis erstellt werden, welches bei Personalchefs schlecht ankommt.
Damit hast du völlig recht Ontario, ein geübter und versierter Leser weiß das aber zu erkennen. Gerade bei eher kleinen Unternehmen, in welchen der Unternehmer das Zeugnis selbst (unter)schreibt, wird er dieses Missverständlichkeitspotential berücksichtigen.
Im Gegenteil wird dem in der Schlussformulierung widersprochen, hier wird eindeutig dass man nicht mit dir zufrieden war.
Woran erkennst Du das? Das wäre in der Regel nur der Fall, wenn man dem AG alles Gute und "vor allem viel Erfolg" wünscht.
Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten.
"Ich bedanke mich für die geleistete Arbeit (deren Qualität offenbar nicht erwähnenswert ist, sonst würde sie hier erwähnt werden) und wünsche ... für die Zukunft privat und beruflich alles erdenklich Gute."
Privat und beruflich, diese Reihenfolge wählt man bei Mitarbeitern die als eher freizeitorientiert- oder in ähnlicher Weise persönlich als negativ aufgefallen sind.
Dass auf eine Formulierung wie "wünschen weiterhin viel Erfolg" ausdrücklich verzichtet wurde um damit darauf hinzuweisen dass keine relevanten Arbeitserfolge zu verzeichnen waren, versteht sich von selbst und wirkt nur konsequent.
Hab gerade das ganze Zeugnis hochgeladen, falls du nochmal draufschauen könntest..? Danke!
OK, das Zeugnis liest sich so als ob der Unterzeichner zu einem guten Zeugnis verpflichtet wurde, dem will er mit dem "stets zu meiner vollen Zufriedenheit" gerecht werden. Der Rest des Zeugnisses spricht jedoch eine andere Sprache, s.o.
Stets zur vollen Zufriedenheit ist eine 2.
Beim Verhalten fällt auf, dass die Inhaberin an zweiter Stelle steht, sie muss aber an erster Stelle stehen. Das kann Zufall sein, weil derjenige der das Zeugnis geschrieben hat es nicht besser wusste oder aber darauf hindeuten, dass es mit der Chefin nicht so harmonierte. Hattest du Kundenkontakt? Wenn ja, fehlen die in der Beurteilung, was ebenfalls negativ ausgelegt wird.
Den Rest würde ich als gute 3 bezeichnen.
Die Kunden stehen an erster Stelle. Mit der Arbeitgeberin war ich vor Gericht, daher denke ich nicht, dass sie sich zufällig nach hinten gestellt hat.
Würde sagen eine gute Drei, wenn man das Zeugnis bewerten soll.
Volle Zufriedenheit könnte mann auch etwas steigern und zur vollsten Zufriedenheit schreiben. Volle Zufriedenheit ok, aber es hätte auch mehr sein können, das lese ich aus diesem Satz heraus.
Kann man als guten Dreier sehen. Die Formulierungen und die Schlussformel passen, für ein richtig gutes Zeugnis sind die Worte etwas dürr.
Aua, da ist ein ganz dicker Klops versteckt.
Grundsätzlich ist die Aussage "stets zu meiner vollen Zufriedenheit" in Ordnung, da bewegen wir uns im Bereich 2 - 3, aber die Tatsache, dass beim Verhalten erst die Kollegenschaft und dann die Inhaberin genannt wird, ist ein dicker Hammer, besagt die im Grundsatz das genaue Gegenteil, nämlich dass die Inhaberin mit Dir heftig Stress hatte.
Der Anwalt sagt, dass sei nur "Internetmeinung", dass da tatsächlich etwas dahinter versteckt wäre
Tja, wenn der Anwalt das meint ... dann solltest Du Dir lieber einen anderen Anwalt suchen. Solche Formulierungen beinhalten klare Botschaften, die nur dann wenig Wert haben, wenn das Zeugnis erkennbar von Laien verfasst wurde (kommt bei sehr kleinen Betrieben vor). Die entscheidenden Grundsätze des Arbeitsrechtes zu Zeugnissen lauten, dass ein Arbeitszeugnis einerseits wahr, andererseits aber ach wohlwollend sein muss und bei einer nicht nur kurzfristigen Beschäftigung auch Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis besteht.
Warum bloß gibt es den "hat sich stehts bemüht" in Arbeitszeugnissen nicht (mehr)? Weil unterdessen jeder weiß, was das bedeutet. Dennoch gibt es dieses klare Urteil sehr wohl noch, es wird nur diffiziler verpackt, etwa, in dem die Aufgaben aufgezählt werden, aber elegant eine Bewertung der Erledigungsqualität vermieden wird - sieht toll aus, aber jeder geneigte Leser weiß dennoch, wen er da vor sich hat.
Stimmt, dass die Inhaberin zuletzt steht, ist mir auch sofort ins Auge gesprungen. Erst die Chefin, dann die Belegschaft und dann die Kunden. Das ist die richtige Reihenfolge.
Nicht jeder Firmeninhaber hat die Qualität ein Zeugnis inhaltlich so auszustellen, wie es sein sollte. Das muss man mal sagen.
Es kann einer handwerklich top fit sein, aber sprachlich weniger geeignet um die Realität in Worte zu fassen.Ungewollt könnte dann ein Zeugnis erstellt werden, welches bei Personalchefs schlecht ankommt.
Nach meiner Ausbildung fing ich in einer Firma an und arbeitete dort 5Jahre lang. Als ich dann ein besseres Angebot bekam und wechselte, wollte ich ein Arbeitszeugnis. Mein damaliger Chef sagte, schreibe dir selber eines und ich werde es unterschreiben.
Danach war ich 20 Jahre lang in einem Konzern tätig und hatte eine Führungsposition. Mein Arbeitszeugnis aus dieser Zeit umfasst volle 3 DIN A 4 Seiten.
Allerdings benötigte ich im Grunde kein Arbeitszeugnis, weil ich eine Firma gründete und heute selber Mitarbeiter habe.