Fahrzeugtechnik Vertiefung unnötig?

2 Antworten

Du hast keinen Denkfehler, die Zweifel sind berechtigt!

TL,DR: Über Probleme reden und diese managen, das wollen viele. Aber diese lösen wollen/können nur sehr wenige, das ist nämlich eine richtige Herausforderung und anstrengend!

Langfassung:

1. Ich hatte ein ähnliches Problem mit Luft- und Raumfahrt gehabt. Es gab ein paar Spezialisierungen wie Flugsystemdynamik, Flugregelung, Luftfahrtgrundlagen etc.

Da dachte ich mir auch: Was soll ich mit diesen anfangen? Es werden ja kaum noch neue Flugzeuge entworfen und nur paar Menschen arbeiten daran. Der Rest ist damit beschäftigt konkrete technische Probleme zu lösen. Wie mache ich Teil xy 10% leichter, 20% robuster, 30% effizienter, 20% günstiger etc.Auch bei Studienarbeiten sah es düster aus! 1 Arbeit für 300  Studenten, kein Witz!

Arbeiten zu Flugzeugentwurf z.B. sind rar gesät. Flugregelung taugte mir nicht und Raumfahrt war mir auch nach einiger Zeit egal. Bzw. ich hab mich nicht getraut da mehr Zeit zu investieren!
Trotzdem hätte ich diese Fächer ablegen sollen, wegen Prüfungsordnung.

2. Hab dann umgeschwenkt auf allgemeinen Maschbau, Finite Elemente Methode und numerische Mechanik. Ziemich anspruchsvoll. Viel Mathe und alles baut aufeinander auf. Aber ich hatte die Schnauze voll von den allgemeinen Pflichtveranstaltungen! Es hat sich gelohnt!

Möglichkeiten drastisch erhöht sowohl für HiWi, Studienarbeiten oder Job. Fast jeder will aktuell (Prof, Doktorand, Studienkollege) dass man was simuliert und numerisch untersucht! Aber keiner will sich selbst den Kopf darüber zerbrechen, sie wollen nur die bunten Bildchen haben!

3. Ich denke das Problem ist das Autos/Industriegüter alle bereits weit entwickelt ( 100 Jahre +) sind und alle Verbesserungen im Detail stecken. Mit allgemeinem Wissen kommt man da nicht sehr weit.

Was könnte man also tun? Ich denke mit einem Bein kann man ruhig allgemeinere Fächer wählen. Einfach um einen Überblick über den Bereich zu bekommen, Interesse zu wecken und um den Kopf etwas zu entlasten! (Nennen Sie ist immer leichter als Lösen sie !!).

Das beantwortet die Frage: Was könnte man machen? Wo liegen die Probleme?

4. Aber den Fokus legen würde ich auf Expertenwissen um technische Fragestellungen zu lösen. D.h. Konstruktion von Bauteilen, Berechnung und Simulation, Experimentelle Schwingungsanalyse, Messung und Auswertung.

Fundierung in einem der Physikgebiete: Mechanik, Fluidmechanik, Thermodyn, Regelungstechnik etc.
So dass du in der Lage bist die Probleme zu analysieren und eine Lösung zu generieren/ zu verbessern.

5. Ein Realitätscheck ist es sich die ausgeschriebenen Arbeiten anzusehen bei Fahrzeugtechnik. Dort hat das meiste mit "Hardcore"-Disziplinen zu tun, Fahrzeugtechnik ist nur noch die Rahmenhandlung!

Ich war bei einem Lehrstuhl für Zahnräder&Getriebe. Die meisten Fragestellungen waren wie löse ich ein konkretes Problem bei diesen und jenen Maschinenelementen.

6. Und dafür waren Expertenkentnisse aus anderen Bereichen unerlässlich. Beispielsweise Kontaktsimulation in Wälzpaarungen, lief auf die Lösung von parteillen DGLn (mechanik, fluidmech, wärmetransport,...) heraus und numerischer Multiphysiksimulation. Mit Anpassung vom Solver und Implementierung der FEM, viel Spass beim Programmieren mit gerade mal einer Pflichtvorlesung zu C, C++ !!

Oder Anpassung von Prüfständen an neue Versuche. Heißt konkret Entwerfen, Konstruieren (CAD), Bauen, Software schreiben, In Betrieb nehmen, Testen, Versuche Fahren, Dokumentation und Auswertung etc. All dies Sachen die man vor Haus aus bei den allgemeineren Fächern nicht lernt!!


NizNiz 
Beitragsersteller
 02.07.2017, 16:56

danke für deine ausfühliche antwort,

kennst du dich eigendlich mit beruf des berechnungsingenieurs bzw dem computational engineer aus?

tatsächlich hatte und habe ich vor in diesem gebiet zu arbeiten (also simulationen für produktions und betriebsprozesse entwicken) jedoch war mir vor meiner studien wahl noch nicht bewusst dass es einen eigenen Studiengang für diesen beruf gibt, undzwar dem
computational engineering science bei uns an der RWTH.

ich hatte anfangsgeglaubt das ich mich im laufe meines maschinenbau studiums durch geeignete vertiefungen und spezialisierungen auf einen solchen beruf vobereiten kann.

nach der oben erwähnten erkenntniss bin ich mir da aber gar nicht mehr so sicher....ich meine wenn sich schon die mühe gemacht wird einen eigenen studiengang einzuführen...wobei das CES studium an der RWTH mit 60 Studenten pro wintersemester und einer abbruchquote von 80 prozent praktisch kaum absolventen mit sich bringt.

ist es deiner erfahrung nach möglich als maschinenbauer in dieses gebiet auszuweichen oder ist ein computational engineering science studium pflicht für mein vorhaben?

0
haku7  05.07.2017, 17:14
@NizNiz

In dem Bereich bin ich selber noch Anfänger. Aber alle meinen bisherigen Studienarbeiten und HiWi Tätigkeit waren mit CAE verbunden.

Strukturoptimierung (MATLAB, ANSYS, CATIA) BA, FEM Programmierung mit MATLAB (SemArb) und zuletzt FEM mit COMSOL + MATLAB (MasterArbeit).

Ist es möglich auszuweichen?

Nun ich bin ausgewichen. Zunächst auf einen Studiengang im Master der fast alle Fächer zulässt und dann habe ich Fächer besucht mit mit numerischer Simulation zu tun haben.

Obs einen taugt ist was anderes. Man ist fast die ganze Zeit am Rechner. Und man kann nix anfassen, was haptisch orientierten das Leben schwer macht.

80% Abbruchquote ist schon viel. Spricht wohl für die "Qualität" des Studienganges. Ich würd mich erkundigen wieso so viele abbrechen / abgebrochen werden. Nicht dass du am Ende bei den 80% landest ^^

Bei den Stellenausschreibungen in Unternehmen beispielsweise werden oft vertiefte Kenntnisse in
- Finite Element Methode
- CFD
- Numerischen Verfahren
- Implementierung von Algorithmen
- gängiger Software CAD, FEM Tools (Ansys, Abaqus, ...)
- Programmiersprachen wie C, C++, ...
- Softwareentwicklung
vorausgesetzt / gefordert. Kannst gerne mal googlen.

Im normalen Maschbaustudium lernt man vielleicht ein paar davon aber nicht alle. Wenn das CES dir möglichst viele Bereiche beibringt wäre es natürlich gut. Deine Studien und Abschlussarbeiten werden sich dann im besten Fall mit diesem Wissen "knacken" lassen.

0

Da Maschinen-(Motoren-)Bau mein Lieblingsberuf gewesen wäre, habe ich leider nur die Möglichkeit, mich hobbymäßig damit zu befassen.

Aber mir fallen auf Anhieb etliche Möglichkeiten ein, mit denen ich mich gerne "vertiefert" beschäftigen würde. Die 2 wichtigsten:

Antrieb eines Kraftfahrzeuges mittels eines völlig emissionsfreien Flachplatten-Stirling-Motor, der mit jeder beliebigen Heizquelle befeuert werden kann und bereits bei wenigen Graden Temperaturdifferenz zu arbeiten beginnt.

Modifizierung eines großvolumigen Zweitakters bzw. Schiffsdiesels für den Antrieb eines Kraftfahrzeuges. Viel Leistung bei wenig Hubraum, kleine Motoren, die evtl. direkt in den Rädern untergebracht werden können (ähnlich der uralten "Megola" mit 5-Zylinder-Sternmotor im Vorderrad).

Wenn es gelingt, Spülverluste und Abgase in den Griff zu bekommen, sind Zweitakter eine sehr zukunftsträchtige Technologie. Schon mein "Wasserbüffel" (Suzuki GT 750 mit 3-Zylinder-Zweitakt-Motor; Bj. 1976) hatte eine Schnürle-Umkehrspülung, dank der man mit sehr wenig Öl und Normalbenzin auskam.