Evolutionstheorie falsifizierbar?

12 Antworten

Die Evolutionsbiologie ist ein Komplex aus sehr vielen Theorien.

Dass Evolution stattfindet, wäre früher falsifizierbar gewesen, als man noch nichts von genen wusste. Heute konnte Evolution erfolgreich als genetischer Prozess definiert werden und ist damit genauso ein Fakt wie die Existenz der Sonne. In der ursprünglichen Popperschen Version der Falsifizierbarkeit haben solche Theorien inen seltsamen Limbusstatus, indem sie praktisch nicht mehr falsifizierbar, aber trotzdem wissenschaftlich sind.

Die Abstammungsmodelle sind sowohl morphologisch, als auch genetisch gut falsifizierbar und manche wurden auch falsifiziert. Nimm zu Beispiel die abstammung der Amphibien: Es gab die Theorie, sie würden von Lungenfischen abstammen. Aber diese haben hochspezialisiert Zähne, welche sich bei den Amphibien nicht finden. Wären sie die ahnen der Amphibien, müssten sich deren Zähne daraus entwickelt haben, was aber nicht geschah. Daher ist das Modell der Amphibien-Abstammung von Lungenfischen falsifiziert. Hingegen erwies sich die Theorie, dass sie von Quastenflossern abstammen, als gut.

Der historische Verlauf der Evolution wird durch viele Daten rekonstruiert und wie einzelne abstammungsmodelle falsifiziert werden können, ist daher auch unterschiedlich.

Die Evolutionstheorie ist das Instrument, mit dem wir versuchen, die Evolution zu erklären. Natürlich muß solche eine Theorie falsifizierbar sein, sonst wäre es nicht wissenschaftlich.

Die Evolution ist aber ebenso wie die Gravitation nicht falsifizierbar. Wenn unsere Theorien hierüber auch noch so falsch wären, gäbe es unverändert die Evolution und die Gravitation.

Es gibt aber keine Anzeichen, daß die Evolutiontheorie signifikante Schwächen enthielte, die sie auf die Abschußlist brächten. Und selbst, wenn sich mal einzelne Aspekte verändern, als falsch erkannt werden, ficht das die Kernaussage der Theorie nicht an.

Wer glaubt, er könne mit heute verfügbarem Wissen die Evolutionstheorie falsifizieren, hat sie schlicht nicht verstanden.


RanjitHuber  05.03.2014, 22:29
Die Evolution ist aber ebenso wie die Gravitation nicht falsifizierbar.

Falsifizierbar schon. Nur es wird vermutlich nie passieren, wie du bereits angedeutet hast.

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Abahatchi  17.03.2014, 11:26
@RanjitHuber

Falsifizierbar schon.

eben nicht. Ich stelle eine These A auf und Du darfst dann mal überlegen, wie sie zu falsifizieren ist und wie diese Falsifizierung der These A die darunter stehende These B unfalsifizierbar macht:

A: Alle Schwäne sind weiß.

B: Nicht alle Schwane sind weiß.

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"Dementsprechend kann einerseits eine Theorie nicht durch einzelne empirische Beobachtungen und Experimente verifiziert oder falsifiziert werden – es stehen immer eine Reihe weiterer Theorien mit zur Debatte. Andererseits haben erkenntnistheoretische Subjekte stets mehrere Möglichkeiten, wenn eine Beobachtung im Widerspruch zu einer bestimmten Theorie steht, diese Theorie so zu verändern, dass sie wieder mit den Beobachtungen übereinstimmt." Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Duhem-Quine-These

Durch alles, was ihren Aussagen widerspricht. Das wäre z.B. ein Fossil, das belegt, dass es eine Art gegeben hat, die einfacher war als ihre Vorfahren. Oder auch das Auftauchen einer Art, die extrem schlecht an ihre Umgebung angepasst ist.

Am besten recherchierst du hierbei die wichtigsten Aussagen der modernen synthetischen Evolutionstheorie und am besten auch noch die wichtigsten Grundaussagen, die wir schon bei Darwin finden(die werden unter den Aussagen der synthetischen Theorie meist nicht erwähnt).

Dann überlegst du dir, welche Vorhersagen wir auf Basis dieser Annahmen treffen können. Und sollte irgendwann eine dieser Vorhersagen nicht mehr eintreffen, dann wäre die Evolutionstheorie in ihrer gegenwärtigen Form falsifiziert.

Und da die Evolutionstheorie ein extrem großes, komplexes Theoriegebäude mit vielen Aussagen ist, könnte sie auch durch viele verschiedene Beobachtungen falsifiziert werden. Eingetroffen ist das bisher nicht.


Koepi42 
Beitragsersteller
 05.03.2014, 18:18

ein Fossil, das belegt, dass es eine Art gegeben hat, die einfacher war als ihre Vorfahren

heisst Evolution, dass eine Art immer komplexer wird? Dann dürften ja heute gar keine "einfachen" Lebewesen mehr existieren...? Es ist ja auch möglich, dass eine einfache Art mehr Überlebenschancen oder Fortpflanzungsmöglichkeiten besitzt als eine komplexe, oder nicht?

das Auftauchen einer Art, die extrem schlecht an ihre Umgebung angepasst ist

ok, logisch. Aber dazu mal eine weiterführende Frage: Der Mensch. Gilt der als gut angepasst? Ich meine, ohne unsere künstlich geschaffenen Konstrukte etc. könnten wir ja kaum überleben... Gilt auch künstliche Anpassung als Anpassung an die Umwelt?

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DeutscherIdiot  06.03.2014, 09:01
@Koepi42
heisst Evolution, dass eine Art immer komplexer wird? Dann dürften ja heute gar keine "einfachen" Lebewesen mehr existieren...?

Zumindest im Sinne der synthetischen Evolutionstheorie. Und die heutigen Arten sind komplexer als noch ihre Vorfahren. Wenn sie verhältnismäßig einfach sind, dann liegt das daran, dass sie nie komplexer geworden ist.

Es ist ja auch möglich, dass eine einfache Art mehr Überlebenschancen oder Fortpflanzungsmöglichkeiten besitzt als eine komplexe, oder nicht?

Nein, denn je mehr Komplexität, an desto mehr verschiedene Umstände der Umwelt ist ein Lebewesen angepasst.

Der Mensch. Gilt der als gut angepasst? Ich meine, ohne unsere künstlich geschaffenen Konstrukte etc. könnten wir ja kaum überleben

Natürlich nicht. Aber unsere gute Anpassung liegt ja gerade in unserer Fähigkeit, künstliche Konstrukte zu schaffen.

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Selbstverständlich sind Befunde denkbar, die die Entwicklungslehre widerlegen können. Seit der Formulierung der E.-lehre sind aber derartige Befunde nie erhoben worden. Die E.-lehre ist heute eine der am besten belegten Theorien. Sie ist ja sogar denknotwendig.

Sie besagt, kurz gefaßt, daß neue Arten aus bereits bestehenden entstehen. Nur der Kreationismus behauptet, jede neue Art sei aus dem Nichts erschaffen worden, und zwar bereits zu Anfang der Entwicklung.

:Wenn das Alte Testament buchstäblich recht hätte, dann hätte Jahwe alle, alle Arten zu Beginn der Zeiten "erschaffen"; alle ausgestorbenen Arten, alle rezenten Arten.

Dann würden (bereits zur Zeit der Entstehung des Lebens!) unter Mammutbäumen und Riesenschachtelhalmen Australopithecinen mit Neandertalern und Jetztzeitmenschen picknicken, es würden Dinos neben Mammuts grasen, Säbelzahntiger und Tyrannosaurus Rex würden Jagd auf Jetztzeithirsche machen, im Wasser fänden sich Trilobiten neben Fischen und Meeres-Dinos, die Luft wäre erfüllt vom Gesang des Archäopterix und der Nachtigall.


earnest  05.03.2014, 13:19

Schöööön!

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Ursulala  06.03.2014, 01:02
Sie ist ja sogar denknotwendig. (...) Sie besagt, kurz gefaßt, daß neue Arten aus bereits bestehenden entstehen.

Leider laufen auf diesem Planeten noch immer Menschen herum - wie ich -, für die eine Theorie auch ein gewisses Maß an Präzision besitzen muss, wie e=m*c(2) zum Beispiel. Das ist bei deiner Kurzfassung nicht der Fall.

Dass neue Arten aus bereits bestehenden entstehen, haben schon andere vor Darwin behauptet. Dann müsste man keinen Wirbel um Darwin machen.

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kgunther  08.03.2014, 10:42
@Ursulala

Damit sagst Du, daß die Entwicklungslehre nicht ALLEINE von Darwin aufgestellt wurde. Das war aber schon immer klar.

Tatsächlich war das wesentliche Hindernis für eine Formulierung der E.-lehre, daß der Begriff der Art zum Inhalt hat, daß genetisches Material ausschließlich innerhalb der Art ausgetauscht wird. Diese Erkenntnis hat eigentlich ausgeschlossen, daß neue Arten überhaupt entstehen können.

Ohnehin war der Kreationismus das Dogma, das nicht durchbrochen werden konnte. Nur Gott erschaffe Arten, sie seien nicht "entstanden", und "Gott" (whatever that is) habe ALLE ARTEN schon im Anfang aller Zeit in 7 Tagen geschaffen.

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