Ermittelt die Aussage der Karikatur. Erläutere die Vorzüge einer eher knapp gefassten „Hausordnung“?

5 Antworten

Der Vorteil einer knappen Formulierung liegt in der einfacheren Anwendbarkeit, insbesondere weil knapper formuliertere Regeln allgemeiner und abstrakter verfasst werden müssen und so viele Einzelfälle abdecken. Nehmen wir als Beispiel Artikel 16a, Absatz 1 und 2 (Asylartikel):

"Politisch Verfolgte genießen Asylrecht."

Hier wird also ganz allgemein festgelegt, dass jeder gemeint ist, der "politisch verfolgt" wird, egal in welchem Land und aus welchem politischen Grund. Kurz, knapp, allgemein und klar. Nicht "jemand, dem es zuhause schlecht geht" oder "jemand, der ein besseres Leben sucht", nein, "politisch verfolgt" MUSS er sein.

Damit aber nun sich nicht jeder aussuchen kann, in welches Land er flüchtet (also z.B. in eines mit sehr hohen Sozialleistungen o.ä.), gibt es den Absatz 2:

„Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.“

Ebenfalls schön und klar formuliert: Es ist rechtlich einer deutschen Regierung nicht möglich, einen Asylsuchenden einreisen zu lassen, der aus einem Land einreist, wo dieser hinreichend sicher ist. Man darf einen solchen auch sofort wieder rausschmeißen, selbst wenn er dagegen klagt. Auffällig ist, dass hinter keinem Artikel im GG ein Zusatz steht wie z.B. "...es sei denn, die Bundeskanzlerin hat grade keinen Bock drauf" o.ä. Klar, präzise und einfach zu befolgen.


Vlady653slav678 
Beitragsersteller
 05.10.2020, 12:50

Danke für diese klare Antwort

0

Wer wühlt sich schon freiwillig durch riesige Wälzer durch ? Richtig geraten, fast niemand.

Ich nehme mal an, dass die "eher knapp gefasste Hausordnung" zum Vorteil hat, dass sie für alle und jedermann verständlich sein kann und so leichter handzuhaben ist. Das drückt sich ja auch über die Haltung der zwei Personen aus. Die Person rechts hat ihre Hand lässig in der Hosentasche, die andere Hand hält die Hausordnung leichthändig nach oben.

Die Schwierigkeit dieser Auffassung liegt aber eben gerade an den zu knappen Formulierungen der Regeln. Bestes Beispiel dafür ist für mich schon nur die Definition der Demokratie. Gibst du das mal auf google ein, dann liefert das Oxford Wörterbuch folgende Definitionen:

politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat

Regierungssystem, in dem die vom Volk gewählten Vertreter die Herrschaft ausüben

Prinzip der freien und gleichberechtigten Willensbildung und Mitbestimmung in gesellschaftlichen Gruppen

In Russland, der Türkei, Ungarn etc. herrschen ja auch freie Wahlen (wenn wir jetzt mal Wahlmanipulationen weglassen, aber diese gibt es ja auch vermehrt in westlich-demokratischen Staaten wie den USA), und trotzdem empfinden wir diese Länder nicht als demokratisch. Warum?

Weil eben Demokratie sich nicht einfach durch ein paar Regeln definieren und anwenden lässt. Das ist ein komplexes System, das unterschiedliche Bereiche beinhaltet, unterschiedliche Formen aufweist, unterschiedlich ausgedrückt wird, aufgefasst, oder ausgelebt.

Als Schweizerin kann ich dir sagen, dass Demokratie dann am besten funktioniert, wenn sie eine volldirekte Partizipation des Volkes ermöglicht, auf allen Ebenen. Und wenn sie so ausformuliert ist, dass das System bis ins kleinste Detail so geformt ist, dass sie kein Unverständnis bietet, keine Unsicherheit, keine Unklarheiten. Und wenn es Instanzen gibt, die die Einhaltung dieser Regeln überwachen und garantieren.

Der Schweiz wird vorgeworfen, zu bürokratisch organisiert zu sein. Ja, sie ist bürokratisch, ja sie ist konföderalistisch, und ja, gewisse Prozesse benötigen länger, sind langwieriger, komplexer. Aber sie machen das System aus, sie garantieren, dass es funktioniert.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Master in Moderne und Zeitgeschichte, Bachelor allg.Gesch.

Das Grundsätzliche der Demokratie muß geklärt sein. Zu viel ist Wischiwaschi. Ich geh´ nicht in die Kirche, aber die Fassung der 10 Gebote finde ich herausragend. Da ist kein Wort zu viel!


Kleidchen2  05.10.2020, 12:30

Eher zu wenig.

0
nematode  06.10.2020, 10:53
@Kleidchen2

Aus meiner Sicht decken die alles ab.

Nur Kant hält sich noch kürzer und sehr treffend:

Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.

0

Demokratie ist einfacher als die Bedienung eines elektronischen Geräts. Trotzdem interessiert sie Viele nicht