Was ist die zentrale Aussage dieser Karikatur?

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zentrale Aussage der Karikatur

Die Karikatur hat eine scharf antirevolutionäre Stoßrichtung. Die Französische Revolution in dieser Zeit, Anfang des Jahres 1793, wird entschieden abgelehnt und als etwas Schreckliches dargestellt, das brutal und hemmungslos Tod und Zerstörung betreibt, wobei schamlose Leute aus niedrigen Gesellschaftsschichten ohne Würde zügellos den Ton angeben. Die Revolution laufe auf eine Vernichtung von die Gesellschaften tragenden Einrichtungen, Überzeugungen und Werten wie Religion, Gerechtigkeit/Recht und Treue hinaus. Opfer sind Geistliche, hohe (adlige) Richter und der König. Mit einer Bezeichnung als Gipfel von Ruhm und Freiheit wird in höhnischer Ironie angeprangert, wie die Revolutionäre dies in Schlagwörtern für sich in Anspruch nehmen, in der Wirklichkeit der Französischen Revolution aber nach Auffassung des Karikaturisten eine Verkehrung in das Gegenteil geschieht. Die Französische Revolution soll zum einen abgelehnt werden, zum anderen wird allgemein vor radikalen Gedanken von Volksherrschaft mit der Folge gewalttätiger Tötung und Zerstörung (auch Großbritannien könnte betroffen werden) gewarnt.

Karikaturanalyse

Die farbige Karikatur „The zenith of French glory“ von James Gillray ist am 12. Februar 1793 in London veröffentlicht worden (Hinrichtung des Königs Ludwig XVI.: 21. Januar 1793; Ende Januar forderte die Regierung des britischen Pemierministes Willam Pitt den französischen Gesandten zum Verlassen Großbritanniens auf, der französische Nationalkonvent erklärte am 1. Februar 1793 Großbritannien den Krieg).

Die Höhe beträgt 35 cm, die Breite 24, 8 cm.

Unten rechts stehen (teilweise abgekürzt) Angaben zu Urheber und Herausgabe mit Verlagsadresse in London:

„Js. Gy. desn. et fect. -pro bono publico- / Pubd. Feby. 12th. 1793, by H. Humphrey, No 18 Old Bond Street“

 „James Gillay hat gezeichnet und geschaffen [lateinisch: designavit et fecit) für das öffentliche Wohl [lateinisch: pro bono publico] / Veröffentlichungsdatum [englisch: publication date] 12. Februar 1793, durch H.[annah] Humphrey, No [englisch: number = Nr.] 18 Old Bond Street“

Unten links steht ein Bildkommentar:

„The Zenith of French Glory; - The Pinnacle of Liberty

Religion. Justice. Loyality, & all of the Bugbears of Unenlightend Minds, Farewell!“

„Der Zenit/höchste Punkt/Gipfel französischen Ruhms; - der Gipfel/die Spitze/die Zinne der Freiheit.

Religion. Gerechtigkeit/Recht. Loyalität/Treue und alle Schreckgespenster unaufgeklärter Geister, Lebewohl!“

Vorne ziemlich weit oben und in die Augen fallend sitzt ein Mann, der Geige spielt, auf einem Laternenmast. Er trägt ein zerlumptes langes weißes Hemd und eine blaue Jacke. Der Mann trägt keine Hose und keine Schuhe oder Strümpfe. Bei der Ansicht von hinten ist einiges von seinem nackten Hinterteil zu sehen. Er trägt eine rote phrygische Mütze (damals als Freiheitsmütze gedeutet; es gibt auch die Bezeichnung „Jakobinermütze“) und daran eine Kokarde (eine Bandschleife in Form einer Rosette, wurde während der Französischen Revolution verbreitet als Abzeichen an der Kopfbedeckung oder Kleidung in der Öffentlichkeit getragen) in den französischen Nationalfarben Blau, Weiß und Rot. In scharzen Buchstaben auf einem weißen Streifen unten an der Nütze steht außerdem „CA IRA“. Dies ist ein Hinweis auf das Revolutionslied „Ah, ça ira“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Ah!_%C3%87a_ira), in dessen von Sansculotten gesungener Fassung die Aussagen Les aristocrats à la laterne („Die Aristokraten an die Laterne“) und les aristocrats on les pendera („man wird allle Aristokraten aufhängen“) vorkommen. Der Mann ist als Sansculotte gekennzeichnet (die Bezeichnung bedeutet „ohne Kniebundhose“, die Sansculotten sind aber auch ungenau als „Ohnehosen“ bezeichnet worden, was hier bildlich umgesetzt ist). Die Unterschenkel des Mannes sind mit Stricken umwickelt (vielleicht als Rest ein Anzeichen früherer Gebundenheit). Sein nach hinten langes Haar endet am Rücken in einem Zopf, der in einem dunken Haarbeutel steckt. Er nacht einen ungepflegten Eindruck. Die Wangen sind etwas gerötet (vielleicht Andeutung eines ausgiebigen Konsums alkoholischer Getränke). In einem Gürtel um seine Taille stecken zwei bluttriefende Dolche. Der Mann wirkt so gewalttätig und blutrünstig.

Der Mann stützt seinen rechten Fuß auf den Kopf eines erhängten Mannes. An dem Laternenmast sind drei Stricke angebracht. An jedem hängt ein toter Mann, einen Strick um den Hals, die Hände mit einem Strick zusammenengebunden/gefesselt. Die langen Gewänder und die Kreuze, die sie tragen, kennzeichnen sie als Geistliche, Männer der Kirche. Der nach links gerichetete Mann trägt eine weiße Robe mit Verzierungen, eine Stola (schmaler Stoffstreifen als liturgisches Gewandstück), vornehme Schuhe und auf dem Kof ein Scheitelkäppchen. Er ist anscheinend ein Bischof. Die beiden nach rechts gerichteten Männer tragen (soweit sichtbar) schwarze Kutten und Sandalen. Ihr Haupthaar ist bis auf einen Haarkranz entfernt (Tonsur). Anscheinend handelt es sich um Mönche. 

An der Laterne und ihrer Halterung an einem Gebäude ist der Krummstab eines Bischofs angebunden, der mit einer roten phrygischen Mütze obenauf emporragt, auf der die Aufschrift „LI-BER-TAS“ (lateinisch: libertas = Freiheit) steht. In einer Mauernische des Gebäudes befindet sich über einem Totenschädel und gekreuzten Knochen ein Kruzifix (Darstellung des ans Kreuz genagelten Jesus). Auf dem Zettel darüber steht „Bon soir, monsieur“ (französisch; „Guten Abend, der Herr“) statt INRI (lateinisch: Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum = Jesus Christus, König der Juden). Dies könnte ein Anzeichen für Verspottung der christlichen Religion und Kirche durch manche radikalen Revolutionäre sein.

An einem weiteren Laternenmast, der an dem Gebäude befestigt ist, hängt ein weiterer toter Mann mit einem Strick um den Hals aufgehängt. Er trägt rote Robe mit einem gelben Streifen und weißem Besatz an Ärmeln und oberem Teil, weiße Seidenstrümpfe, vornehme Schuhe und eine vom Kopf etwa herabgeglittene weiße Perücke. Dies ist offenbar eine Amtstracht. Links und rechts neben ihm hängen eine Waage und ein Schwert. Justitia, die Personifikation des Rechtswesens, wird oft mit Waage (schief hängend, wie ein Anzeichen für ein aus dem Gleichgewicht geratenes Rechtswesen) und Richtschwert als Symbolen dargestellt. Der Mann ist offenbar ein hoher Richter, ein Vertreter der Rechtsprechung.

Der Sansculotte schaut mit zufriedenem Grinsen auf eine Hinrichtungszene hinab. Unten auf einem Platz befindet sich auf einem Podest eine Guillotine. Oben an ihrem Fallbeil ist eine Krone angebracht. An der Guillotine ist eine große emporragende Fahne mit den den französischen Nationalfarben Blau, Weiß und Rot und der Auffschrift „Vive l'Égalité“ (französisch; „Es lebe die Gleichheit“) angebracht. Auf einer Holzplatte liegt ein großer Mann, dessen Kopf aus einer kreisförmigen Öffnung zweier Holzbretter hervorragt. Er trägt vornehme Schuhe, weiße Seidenstrümpfe, Kniebundhose (französisch: culotte) und eine gelockte weißgraue Perücke. Aussehen und das Symbol der Krone weisen auf König Ludwig XVI. hin, der am 21. Januar 1793 in Paris auf dem Place de la Révolution mit der Guillotione hingerichtet worden ist. Drei mit hochgehaltenen Piken bewaffnete Männer stehen hinter ihm, ein vierter Mann hat lächelnd mit seinen Händen Speichen eines großen Rades ergriffen, mit dem der Mechanismus der Gullotine in Gang gesetzt werden kann. Ihre Bekleidung ist ähnlich wie die des Sansculotten auf dem Laternenmast: langes weiße Hemden, blaue Jacken, keine Hose und keine Schuhe oder Strümpfe, rote phrygische Mützen mit Kokarde in den französischen Nationalfarben Blau, Weiß und Rot.

Der Platz ist von einer Masse gefüllt, von der solche Mützen mit Kokarde zu sehen sind, wobei nach hinten hin die Individuen zunehmend in einer Menge verschwimmen. Die Menschen direkt am Podest halten Piken hoch. Die Masse wartet in jubelnder Zustimmung auf die Hinrichtung.

An Fenstern umstehender hoher Gebäude stehen Menschen in vornehmer Kleidung, anscheinend verängstigt und erschüttert (sichtbar sind einige Frauen, händeringend oder die Hände wie zum Gebet gefaltet).

Im Hintergrund ist die Kuppel einer großen Kirche zu sehen, die brennt. Von den Flammen haben sich große Rauchschwaden gebildet

Die Französische Revolution Anfang des Jahres 1793 wird auf der Karikatur scharf verurteilt. Sie erscheint als Herrschaft eines brutalen und schamlosen Pöbels, der Sansculotten (politisch mobilisierte revolutionäre Volksmenge aus niedrigen Gesellschaftsschichten). Sturz von Religion/Kirche, Rechtswesen und Königtum kommen in der Darstellung zusammen.

einige Informationen bei:

https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1851-0901-643


1234Storch  16.01.2024, 19:07

Habe es leider zu spät gelesen. Aber trotzdem super Text

Wir hatten genau das gleiche Bild im Geschichtsbuch… das war irgendwas mit der Französischen Revolution und den Jakobienern. Der Mann der im Vodergrund sitzt ist einer dieser Jakobienern. Es soll heissen, dass sie eben mit viel Gewalt diese Revolution geführt haben oder so… weiss es nicht mehr sooooooo genau.

Das ist eine antirevolutionäre Karikatur, welche die Kluft zwischen den Parolen ("Freiheit" usw.) und der Realität aufzeigt.

Die Schein-Freiheit besteht in der Schrankenlosigkeit, der Gewalt und der Obszönität des Revolutionärs, der seine Opfer nicht nur umbringt, sondern sie durch seine Schamlosigkeit entwürdigt und dazu noch triumphierend musiziert.

Der Revolutionär ist mit Jakobinermütze und blauweißroter Kokarde als radikaler Jakobiner bzw. Sansculotte gekennzeichnet.

Die Opfer sind Geistliche und Adlige, die gehenkt oder mittels Fallbeil unter dem Jubel der Massen geköpft werden. Im Hintergrund brennt eine Kirche oder ein Palast.