Erlkönig - Schubert und die Rolle des Klaviers?

2 Antworten

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Hallo student,

die Bezeichnung 'Begleitung' für das Klavier im Kunstlied ist im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts der des 'Partners' gewichen. Das ist zutreffender, denn die Bedeutung des Klavierparts ist bedeutender, als mancher selbstverliebte Sänger das gesehen hat und gelegentlich auch heute noch sieht.

Deine Frage berührt eine ganz tiefgreifende Frage zu Musik: Was kann Musik leisten, und was kann Musik ausdrücken? Musik kann einerseits Ausdruckswelten erschaffen, die sich Worten verschließen, andererseits kann Musik Emotionen nicht so konkret darstellen, wie Worte das können.

Welche Rolle spielt das Klavier in Schuberts Fassung?

Wenn Du nun die Klavierstimme betrachtest, solltest Du davon ausgehen, dass die Musik die Empfindungen (hier das bessere Wort als Emotionen) trägt, vertieft und unmittelbarer - Note für Note und Takt für Takt - darstellt als der Text, der doch immer nur beschreiben kann und dafür oft mehr Zeit braucht.
Außerdem wirst Du finden, dass Gesang und Klavierstimme mitunter zwei Ebenen darstellen: Die erzählende, lyrische im Gesang, die unentwegte Unruhe und Furcht im Klavier: Auch da, wo der Erlkönig schmeichelt oder der Vater beruhigt, ist das angstvolle Beben allgegenwärtig.

Vielleicht hast Du damit einen Einstieg in Deine Betrachtung?

Wenn Du noch Fragen hast - frage! 😉

LG
Arlecchino


student777 
Beitragsersteller
 13.03.2022, 12:41

Vielen Dank für Ihre Antwort! Ich bin nun ein wenig verwirrt, da es ja vier Ebenen gibt, oder nicht? Also den Erzähler, den Erlkönig, sowie den Vater und den Sohn. Oder meinen Sie etwas anderes? Wenn ich mich nicht irre, sollten sich musikalische Parameter des Klaviers sich bei jeder Ebene ändern. Also wie zum Beispiel das Tempo und die hohen und tiefen Töne bei dem Dialog zwischen Vater und Sohn.

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Arlecchino  13.03.2022, 12:49
@student777

Wenn man den Erzähler mitzählt, hat man vier Personen, nicht vier Ebenen.
Das Klavier schafft eine Empfindungsebene, die interpretiert und intensiviert, was auf der Erzählebene dargestellt wird. Natürlich bildet sie auch die Verschiedenartigkeit der Protagonisten ab.

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student777 
Beitragsersteller
 13.03.2022, 12:52
@Arlecchino

Achso, dankeschön. Da habe ich ein bisschen was verwechselt. Vielen Dank für Ihre Hilfe

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dass das Klaviervorspiel erst leise ist

Laut Notentext nicht, es beginnt bereits im forte. (Sollte es laut Schubert jedenfalls...)

dass die Achteln gegen die Achteltriolen spielen,

Kann ich mich grad nicht dran erinnern, wo genau? Am Anfang jedenfalls ist das nicht der Fall. Mit der Freiheit des Erlkönigs hat das triolische weniger zu tun, wie ich denke, es ist mehr eine klangliche Verbildlichung des Rittes.

Lies mal hier nach (sieht nicht allzu tiefgehend und sachlich aus, aber für einen ersten Überblick und Gedankenanstoß dürfte es reichen): http://www.deutsche-lieder-online.de/erlkoenig-franz-schubert.html

lg up

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Praktische Erfahrung seit über dreißig Jahren.

student777 
Beitragsersteller
 10.03.2022, 15:21

Das mit den Achteltriolen müsste in der fünften Strophe sein.

Mit der Lautstärke habe ich mich vertan, da haben Sie natürlich recht und danke für den Link, das werde ich mir gleich mal durchlesen!

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upbrunce  10.03.2022, 15:25
@student777

Du meinst vermutlich das veränderte Begleitmuster in der linken Hand in Strophe 5, erklärbar durch den getanzten Reigen im Text. Triolisch läuft das ganze Stück durch, meiner Erinnerung nach gibt es da keine Achtel, die parallel laufen. An der Stelle sind es keine Oktavrepetitionen mehr, sondern Arpeggien. So klingt es dem Text entsprechend weicher und tänzerischer.

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student777 
Beitragsersteller
 10.03.2022, 19:08
@upbrunce

Achso, das kann natürlich sein..Vielen Dank!

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