Blickwechsel 12. November 2024
AMA: Deine Fragen an einen Psychotraumatologen
Alles zum Blickwechsel

Erlebnisse im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen?

1 Antwort

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo anonymer Fremder :) ich kann deine Gedanken völlig verstehen. Letztendlich steht und fällt alles mit dem Hilfesystem, was in diesem Fall hoffentlich existieren sollte. Leider hatte ich in all meinen Jahren nur 2x mit Soldaten zu tun, die ein Trauma vom Kriegseinsatz erlitten hatten. Beide hatten sehr Probleme Gefühle zu empfinden, haben sich emotional sehr taub gefühlt. Für die Familien war dies sehr belastend, der Betroffene wurde seit Rückkehr aus dem Krieg nur noch als "leere Hülle" wahrgenommen, konnte auch keine Gefühle mehr gegenüber seiner Frau ausdrücken. Zu wissen, dass dies ein Symptom seiner PTBS ist, machte es zwar für die Ehefrau verständlich, aber trotzdem nicht einfacher.

Leider habe ich persönlich nur wenig Erfahrungen mit dieser Materie, da die Bundeswehr diesbezüglich sehr stringent vorgeht und sich Betroffene an Therapeuten der Bundeswehr wenden müssen oder in Militärkrankenhäusern behandelt werden (müssen). Folglich kommen Soldaten nur sehr, sehr selten in allgemeine Krankenhäuser um sich behandeln zu lassen. Ich hatte sogar mal einen Fall, da wurde ein Betroffener sogar extra bei uns abgeholt um ihn in ein Militärkrankenhaus zu bringen. Da standen Morgens um 7 Uhr drei Mann in Uniform vor der Tür, die ihn mitgenommen haben. Am Tag zuvor hatte die behandelnde Ärztin mit seinem Kommandanten telefoniert, der nicht wusste, dass er psychische Probleme hatte.

Die Bundeswehr hat anschließend sämtliche angefallene Kosten für den (kurzen) Aufenthalt übernommen.

Ich würde dir daher raten, deine Bedenken intern zu besprechen und dich über die Hilfsangebote zu informieren.

Grüße und alles Gute!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Traumazentrierte Fachberatung nach DeGPT, Akutpsychiatrie

Inkognito-Nutzer   13.11.2024, 19:56

Vielen lieben Dank, Herr Richter, für diese ausführliche und vor allem ehrliche Antwort! Jetzt habe ich zumindest schon ein mal einen kleinen Einblick in diese Sache bekommen, der mir sehr weitergeholfen hat.

Ich werde mich diesbezüglich Bundeswehr intern noch einmal informieren, um mögliche Missverständnisse und Unklarheiten zu klären.

Ich wünsche dir weiterhin alles Gute, und bedanke mich für deine Zeit und Mühe.

Einen schönen Abend wünscht,

der anonyme Fremde ;)

Thomas Richter  13.11.2024, 20:20
@Inkognito-Beitragsersteller

Ich hoffe es war ok, das "du" zu verwenden, ich habe mir das irgendwie online angewöhnt, soll aber natürlich nicht "eng" oder ähnlich gemeint sein, es sollte nicht weniger wertschätzend klingen.

Mich würde auch sehr interessieren, was es dort für Hilfsangebote für "Veteranen" gibt und wie das System dort abläuft. Soweit ich weiß, stehen angeblich viele erfahrene Therapeuten zur Verfügung, die speziell auf Kriegstraumata spezialisiert sind und die Behandlung gleicht wohl eher die eines Privatpatienten als eines gesetzlich versicherten Patienten, zudem stünden relativ zeitnah Therapieplätze zur Verfügung. Aber so genau habe ich das nie validieren können, da darüber kaum Informationen durchdringen.

Thomas Richter  13.11.2024, 20:26
@Inkognito-Beitragsersteller

ich weiß auch nicht so recht, ob die Soldaten sonderlich profitiert hätten von der Behandlung. Es ist denke ich grundsätzlich schon leichter mit Menschen zu sprechen, die selber in der Bundeswehr dienen, als mit Therapeuten zu sprechen die noch überhaupt keine Erfahrung haben wie es ist, bei der Bundeswehr zu sein und zudem (bei uns zumindest) höchstwahrscheinlich zu 90% Kriegsdienstverweigerer gewesen worden wären.

Einer der Soldaten trug auch während des stationären Aufenthalts immer seine Uniform, was auf die Mitpatienten sehr befremdlich gewirkt hatte.

Inkognito-Nutzer   13.11.2024, 20:46
@Thomas Richter

Das "du" ist kein Problem, wollte bloß höflich sein, und habe deshalb in der Fragestellung das "Sie", verwendet :)

Ich würde mich erst mal informieren, und dir dann noch ein mal auf diesen Kommentar antworten. Habe aber auch gehört, dass wir spezielle Therapeuten haben sollen, die auf solche Fälle spezialisiert sind, kann aber auch sein das ich mich da irre. Das man wie ein Privatpatient behandelt wird, ist aber generell so, da für uns als Soldaten die Heilfürsorge verpflichtend ist.

Ich vermute auch, dass es besser und leichter ist, mit Therapeuten welche selbst Soldaten sind/waren zu sprechen, um eine bessere Behandlung gewährleisten zu können.