Erläutere das Wahlsystem der BRD

2 Antworten

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Ich halte das System für zu kompliziert, zum "einfachen ergooglen". Daher nehme ich mir mal die Zeit, zu antworten.

  1. Der Unterschied ist, wen Du wählst. Mit der Erststimme wählst Du einen Direktkandidaten von der Landesliste, der, sofern er ausreichend Stimmen bekommt, direkt ins Parlament einziehen kann. Durch die Erststimme kann also die personelle Zusammensetzung des Parlaments beeinflusst werden. Mit der Zweitstimme wählst Du Wahlparteien. Diese können dann die ihnen gemäß dem Wahlergebnis zustehenden Plätze an die Leute auf ihrer Landesliste verteilen.
  2. Auf der Landesliste stehen die Kandidaten der jeweiligen Wahlpartei in der Reihenfolge, wie sie auch ins Parlament einziehen sollen. Das heißt: Ganz oben steht i. d. R. der Kandidat für die Position des Regierungschefs, der auf jeden Fall ins Parlament einziehen soll usw.
  3. Bei der Mehrheitswahl gilt das Prinzip "The winner takes it all"; der Gewinner gewinnt alles und die Verlierer müssen aus. In der Verhältniswahl bekommen alle Parteien, die über 5% der Stimmen oder drei Direktmandate auf sich vereinen können, ein Recht für den Einzug ins Parlament. Personifiziert ist sie insofern, als dass Du über die Erststimme direkt Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Parlaments nehmen kannst.
  4. In Deutschland gibt es wahrscheinlich über 50 Parteien. Wenn jede dieser so genannten Kleinstparteien in den Parlamenten vertreten wären, würde das zu Problemen führen. Es käme weder zu stabilen Regierungskoalitionen noch zu konstruktiver Regierungs- oder Oppositionsarbeit. Deshalb gibt es die Fünf-Prozent-Hürde.
  5. Überhangmandate kommen über die Erststimme zustande. Kommt eine Partei durch diese auf mehr Mandate (=Sitze im Parlament), als ihr gemäß des durch Zweitstimmen erringten Verhältnisses zusteht, kann es zu Überhangmandaten kommen. Der aktuelle Bundestag hat z. B. 22 Überhangmandate.

Whre0815  10.04.2012, 16:39

Danke für den Stern :)

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"•welche bedeutung haben erst- und zweit stimme?" - Mit der Erststimme wird der Wahlkreis- oder Direktkandidat gewählt, die Zweitstimme entscheidet über die Sitzverteilung. Früher mal eine griffige Wahlkampfparole: "Zweitstimme ist Kanzlerstimme!"

"•was versteht man unter einer Landesliste?" - Die Sitze werden nach Bundesländern vergeben. Darum muß jede Partei Listen für die einzelnen Bundesländer aufstellen.

"•wer entscheidet über die darin aufgeführten personen und ihre reihenfolge?" - Die Parteien auf Wahlparteitagen.

"•worin liegt der unterschied zwischen dem prinzip einer mehrheitswahl (wie es z.b. in england gilt) und dem einer verhältniswahl? inwiefern handelt es sich beim deutschen wahlrecht um eine kombination aus beiden prinzipien ( mischwahlsystem, personalisierte verhältniswahl)?" - Och nö, das hab ich in den letzten 10 Tagen schon zweimal erklärt.... das deutsche System ist keine Mischwahl oder Kombination, sondern eine personalisierte Verhältniswahl - über die Erststimme wird eine gewisse gleichmäßige Vertretung der Wahlkreise gesichert, aber entscheidend für die Sitzverteilung ist die Zweitstimme, somit dominiert die Verhältniswahl.

"•welchen sinn hat die fünf-prozennt-hürde?" - Das ist umstritten... sie soll v.a. eine Zersplitterung des Bundestags und damit Unregierbarkeit verhindern. Tatsächlich ist sie ein sehr bequemes Instrument für die etablierten Parteien, neue Bewegungen kleinzuhalten. Bei Europawahlen und Kommunalwahlen wurde sie inzwischen kassiert.

"•wie kommen überhangmandante zustaned?" - Indem eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt als ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehen würden. Ich nehme mal mein Bundesland Schleswig-Holstein: Wir haben 22 Mandate zu vergeben, 11 davon Direktmandate in Wahlkreisen. Jetzt haben wir eine Situation wie bei der letzten Landtags- und Bundestagswahl (die war am selben Tag) mit einer extrem schwachen SPD, die nur in ihren Hochburgen Kiel und Lübeck die Direktmandate gewinnt. Die CDU ist mit etwa 33% auch schwach, aber das reicht, um alle anderen 9 Direktmandate zu holen. 33% auf 22 Sitze ergibt aber nur 7 Sitze, mit Glück 8. Weil die CDU ihre direkt gewonnenen Sitze natürlich behalten darf, ergeben sich daraus für Schleswig-Holstein 1-2 Überhangmandate.

Anmerkung: Ich seh's so wie whre0815: Eigentlich sollte man sich das selber raussuchen, aber die Materie ist schon relativ komplex...