Dorfleben voreingenommener als Stadtleben?

4 Antworten

Kommt drauf an.

Was bedeutet "nicht tolerant" zu sein? Alles Arten von Leuten die es in der Stadt gibt, mit allen Neigungen und Vorlieben gibt es auf dem Land auch. Die werden weder verbrannt noch verjagdt.

Es sind eben andere Kriterien die man zur Bewertung heranzieht.

Was definitiv ist, wenn Du in ein Dorf ziehst, dann macht sich der Großteil der bisherigen Dorfbevölkerung ein Bild von Dir. Wenn Du Dir es beim Einzug schon mit irgendeinem Rädelsführer der Dorfgemeinschaft versaust, dann spricht sich das herum und Du hast es beim halben Dorf versaut ohne dass Du es weißt. Das liegt aber weniger an den Eigenschaft die Du mitbringst, sondern eher am Verhalten.


Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 12:49

Aber alleine das Bestätigt doch die Voreingenommenheit, dass Menschen, die dich noch gar nicht kennen ein voreingenommenes Bild von dir haben ohne das du mit ihnen je geredet hast. Wenn mir Menschen etwas sage geb ich nicht viel darauf und mach mir beispielsweise meinen eigenen Eindruck von der Person ohne voreingenommenen Geschichten zu glauben.

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Meandor  15.07.2024, 13:35
@Loewe789686

Person A zieht aufs Dorf. Oma B sieht auf ihrem Spaziergang den Einzug und sieht wie ein Sturmtruppler in Lebensgröße ins Haus getragen wird. Oma B erzählt dass dann Oma C, dass der Neue so einen großen weißen Weltraumsoldaten reingetragen hat; so einer wie aus diesen Filmen die ihr Sohn auch kuckt.

Ab dem Zeitpunkt ist Person A eben der StarWars-Fan. Ist das Voreingenommenheit oder einfach eine falsche Schlussfolgerung? Voreingenommenheit ist es, wenn man der Meinung wäre, dass alle Städter Starwars-Fans seien und ihre Wohnung mit lebensgroßen Figuren dekorieren.

Die Dorfmeinung ist zwar nicht mehr, dass alle Städter Trottel sind, aber sie lautet, dass die meisten Trottel in der Stadt leben; die eigenen Trottel kennt man ja.

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Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 15:31
@Meandor

Ja und meine Frage hat ja nicht an StarWars-Figuren abgezielt sondern darauf, ob es andere Menschen auch so empfinden und ob sie negative Erfahrungen am Dorf gemacht haben. Weil mir ist es vermehrt aufgefallen ist, das Leute vom Dorf schneller Urteilen und Voreingenommen gegenüber neuen Personen sind.

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Meandor  15.07.2024, 20:59
@Loewe789686

Es gibt wesentliche Unterschiede zwischen Stadt und Land und vermutlich gehört es auch dazu, dass auf dem Dorf schneller ein Urteil gefällt wird. Das Fazit des Urteils lautet im wesentlich "Der stört" oder "Der stört nicht". Wo wie bei den Hobbits im Herrn der Ringe Gandalf als "Störer des Friedens" bezeichnet wurde; so wird auch hier geurteilt.

Du bist ein Grüner? Das ist okay, das darfst Du sein. Aber Bekehrungsversuche am Stammtisch kannst Du stecken lassen. Da diskutiert Niemand mit Dir. Man hört es sich an. Grunzt etwas. Das zweite Mal, wird man Dich einfach reden lassen, beim Dritten mal ist am Tisch kein Platz mehr für Dich.

Du bist Moslem? Ist okay; Du kannst gerne fünf Mal am Tag beten, solange Niemand dafür Mehrarbeit für Dich machen muss, ist es okay. Du kannst Deinen Ramadan haben, aber geh mir damit nicht auf den Zeiger. Versuch nicht mich zu bekehren, versuch nicht den Glauben anzugreifen, dem wir sowieso nur auf dem Papier angehören, dann passt alles. Und wenn Du okay bist, dann ist bei jedem Fest garantiert was ohne Schwein da. Muss ja eh, weil auch auf dem Dorf haben die Vegetarier Einzug gehalten und wollen nicht immer nur Pommes essen.

Und was dazu kommt. Diese Einschätzung ist nicht innerhalb von ein paar Monaten erledigt. Zuerst bin ich von kleinem Dorf in ein großes Dorf gezogen. Der Dorfgeborenen-Bonus zog nicht, da ich aus einem Alb-Dorf kam. Als ich mich nach drei Jahren mal als zugezogener XXinger vorstellte, meinte einer der Senioren nur: "das zugezogen kannst Du weglassen. Du bist mehr XXinger, als manche die hier geboren sind."

Dann kam ein Umzug in ein Kleinstdorf. Hier bekam ich Skepsis, da ich a) aus einem Großdorf kam, und b) mit einer aus dem "verfeindeten" Nachbardorf verheiratet war. Das legte sich aber schnell; ich bekam den Dorfgeborenen-Bonus und als bekannt wurde, dass wir uns bewusst gegen ein Haus im Nachbardorf entschieden haben, gab es weitere Bonuspunkte. Auch hier waren wir nach zwei Jahren integrierter als mancher der lange Jahre ansässig war. Und das obwohl ich immer noch keine Wiese, keinen Wald und keinen Traktor besitze.

Auf dem Dorf die "Überwachungsphase" zu überstehen, ist relativ einfach. Jedes Dorf hat seine Traditionen und seine Eigenarten. Man weiß selbst, dass vieles einfach Mist ist und man es sicher besser machen könnte, aber man ändert es trotzdem nichts. Jemand der neu ist und nur darauf rumreitet, den braucht man nicht. Es braucht einfach eine Art von Respekt; man erwartet vom Zugezogenen, dass er erstmal alles respektiert, und zwar so wie es ist. Wenn er das tut, erwirbt er auch selbst den Respekt der Leute. Und dann zählt seine Meinung auch irgendwann.

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Ich kann das leider so bestätigen. Je süddeutscher und katholischer es wird, umso schlimmer wird das und wenn dann noch von Landwirtschaft die Rede ist, kennt das kaum Grenzen bzw. sprengt alle Grenzen des Bekannten. Vetterleswirtschaft, Stammtischkultur und mehr sind die Regel, in meiner Heimat war noch in den 2000ern die Polizei geschmiert und hatte man Narrenfreiheit, wenn man in der CDU und katholisch war, sonst aber hatte man nichts zu lachen und musste damit rechnen, Steine in den Weg gelegt zu bekommen.

Meine damalige Freundin und ich standen auf der Abschlussliste, weil ich als überbezahlter "Akademikertrottel" galt, der zu blöd für die Fabrik und die Landwirtschaft war, wir keinen Schrebergarten hatten und ich einen "bonzigen" Mercedes C180 fuhr - und weil wir nicht "wie die anderen" samstags um sechs Uhr aufstanden, um in den Schrebergarten zu fahren. Man hat uns sogar über Wochen hinweg gezielt beobachtet, um meiner Freundin beim Bäcker um die Ecke zu sagen, wir seien "aber keine grad von Schaffhausen, net". Vor allem der Mercedes C180 war ein Dauerthema ebenso wie der Umstand, dass ich mit Sakko und Aktenkoffer zur Arbeit ging - andererseits bekam man, wenn man mit Langarmshirt und Jeans zu Sportschuhen einkaufen ging zu hören, es hätte "ja ruhig eine schöne Stoffhose sein können, net".

Sicher war meine Heimat ein Negativbeispiel sondergleichen, aber es stimmt schon - und meine erste Freundin wurde als Kameradenschwein betitelt, als sie sich beim Gardetraining den Fuß gebrochen hat und nicht mehr mittanzen konnte - ebenso war sie "untendurch", weil sie nicht "wie alle Mädels" Metzgereiverkäuferin, Erzieherin oder Krankenschwester lernte, sondern Abi nachholte und Lehrerin wurde.

Noch schlimmer als die typischen Schrebergarten-Häusler waren allerdings Sudetendeutsche aus einem bestimmten Landkreis im Böhmerwald. Etwas so Infames habe ich noch nie erlebt, weder zuvor noch danach.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 12:10

Danke für ihre Antwort, genau diese Themen habe ich auch gemeint, egal ob es der Kleidungsstil ist oder du andere Sachen priorisierst als die "Dorfbewohner" oder eben das Beispiel mit dem Mercedes, es wird darüber geredet weil die Menschen anscheinend nichts besseres zu tun haben und ihnen langweilig ist. Ich kenne beide Seiten und ich finde am Dorf werden einen deutlich mehr "Steine in den Weg gelegt", wenn man aus der Reihe tanzt.

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Grautvornix  15.07.2024, 12:23

Mit mehr als zehn Jahren Dorferfahrung, als Ruhrpottler, auf der Ostalb, kann ich das nur bestätigen.

Die ersten Jahre fühlt man sich als Mensch zweiter Klasse, dann wird es besser.

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ELEbenezer  15.07.2024, 12:29

So schlimm war es bei mir nicht aber... dann gebe ich halt auch mal eine Anekdote zum besten.

Ich bin zum Sportheim weil ich leidenschaftlicher Fussballer bin und dachte "komm perfekt um dich in die Dorfgemeinschaft zu integrieren"...

Irgendwie ging es den um den Jahresurlaub und ich habe gesagt das ich mit meiner Freundin nach Mexiko fliegen will. Da fangen halt echt drei Typen am Tisch gleichzeitig an den Kopf zu schütteln und bestätigen sich gegenseitig mit "des brauch ich net es gibt ja auch schöne Ecken in Deutschland". Ich versuche zu sagen was wir so geplant haben und werde unterbrochen von "Außerdem haben die Frauen in Mexiko alle Schwänze höhöhöhö... Junge du meinst THAILAND du VOLLIDIOT.

Das ist so eine der vielen Kleinigkeiten. Wenn ich denen gesagt hätte das ich mal einen Typen geküsst habe wären die wahrscheinlich umgekommen.

Ich WILL JA NICHT der arrogante Städter sein. Will ich wirklich nicht. Aber meine Fresse wenn deine Welt halt hinterm nächsten Misthaufen endet dann machst du es mir auch wirklich nicht leicht.

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Absolut ja ich kenne beides. Bin von der Stadt aufs Land gezogen und zwar gleich zweimal.

Die Stadt ist halt anonym. Man ist halt einer der Vielen. Das kann einsam machen aber es kann eben auch sehr schön sein. Und du kannst rumlaufen wie du willst. Ich bleibe Stadtkind.

Irgendwie hatte ich auf dem Dorf immer das Gefühl mich erst einmal beweisen zu müssen. Ist das verständlich? So als wäre man in einer Probezeit... nur die geht mehrere Jahre.


Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 12:02

Du hast meine Frage verstanden. Ich kenne auch beides und ich sehe es genau so wie du es beschrieben hast, in der Stadt ist man nicht so "verfolgter" man hat nicht das Gefühl, dass man beobachtet wird und auch das mit der Probezeit die über mehrere Jahre geht sehe ich auch so.

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Erstaunlicherweise sind Menschen, die auf dem Land wohnen, wesentlich toleranter als Städter. Auf dem Land gibt es viel weniger ideologische Verbohrtheit. Man lebt und regelt Probleme pragmatisch und nicht ideologisch.


Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 11:54

Können sie ein Beispiel dazu nennen? Meine Erfahrungen waren immer das die Menschen am Dorf intolerant gegenüber "neuem" sind oder gegenüber politischen Themen.

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Freya4711  15.07.2024, 11:58
@Loewe789686

Wer stellt denn die Flächen für WKA und FFPV zur Verfügung? Wer hat gegen AKWs im Wendland gekämpft? Nachhaltigkeit kommt von den Bauern und nicht von den Randalierern, die sich dranhängen.

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Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 12:05
@Freya4711

Hab ich auch nicht bestritten, dass die Bauern nichts leisten aber mir geht es um die Voreingenommenheit insgesamt, zum Beispiel falls man einen neuen Nachbarn bekommt der eine andere Hautfarbe hat oder eine andere Verhaltensweise an den Tag legt als andere am Dorf. Und was meinen sie mit Randalierern?

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Freya4711  15.07.2024, 12:10
@Loewe789686

Auf dem Land werden Ausländer wesentlich besser integriert als in der Stadt. Da landen die sofort im nächsten Kegel-, Schützen- oder Gesangsverein, werden in die Gemeinschaft aufgenommen, betüddelt und lernen deutsch. Randalierer sind die Ideologen, die angeblich die Umwelt schützen wollen, von nichts eine Ahnung haben, dumm rumschreien, Felder und Wiesen zertrampeln und überall ihren Müll hinterlassen.

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Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 12:54
@Freya4711

Also das wag ich zu bezweifeln weil das Kriterium Glauben auch schon für Konflikte sorgt. Wenn man sich die Speisekarte von einen Wirtshaus ansieht, fällt einen auf, dass 90% Schweinefleisch angeboten wird, wenn er das Fleisch dann nicht essen kann, wird er schief angesehen oder sag einen Wirt mal das du kein Fleisch wegen des Glaubens ist und schau dir die Reaktion an. Ich hab doch zu keiner Demonstration aufgerufen oder, mir ging es um die Thematik Stadt gegen Land.

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Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 15:25
@Freya4711

Nein hab ich nicht, ich lerne jeden Menschen gleich kennen und habe keine Vorurteile, egal wo jemand lebt. Es ist ja Fakt das auf den Land mehr Schweinefleisch in Wirtshäusern angeboten wird als auf den Land.

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Loewe789686 
Beitragsersteller
 15.07.2024, 15:33
@Freya4711

Ich habe ja oben davon geredet, dass es Wirtshäuser gibt die fast nur Schweinefleisch anbieten und auf die Reaktion hingewiesen, daher hab ich meinen Standpunkt vertreten.

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