Diverse Anwaltsfragen - könnt ihr helfen?

2 Antworten

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Er könnte doch auch gleich den Freispruch verkünden, oder?

Nein. Verkündet wird nicht der Freispruch, sondern ein Urteil. Dieses kann der Richter (selbst wenn er als Einzelrichter entscheidet) nicht einfach aus dem Hut zaubern, sondern muss es zuerst zu Papier bringen. Das Urteil (auch ein Freispruch) muss begründet werden, ebenso ist bspw. eine Kostenentscheidung zu treffen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die beiden Anwälte sich wie Kinder in die Haare geraten bzw. sich kindisch verhalten?

Du redest hier vermutlich von Verteidigung und Staatsanwalt im Strafprozess, oder? Ersterer muss kein Rechtsanwalt sein, letzteren bezeichnet man in Deutschland i. d. R. nicht als Anwalt. Um aber auf die Frage zurückzukommen: So etwas passiert i. d. R. nur im Fernsehen. Das Gericht stellt im Zweifel die Ordnung wieder her und würde auch Verfahrensbeteiligte zurechtweisen, wenn diese sich nicht benehmen können oder immer wieder ins Wort fallen.

Wer kann eigentlich einen Vaterschaftstest machen lassen bzw. beantragen?

Anspruch auf eine genetische Abstammungsuntersuchung können die leiblichen Eltern sowie das Kind selbst geltend machen (§ 1598a BGB).

Wenn man dies tut: kann dann die Strafe erhöht werden?

Widerspruch ist kein zulässiges Rechtsmittel gegen ein Urteil. Eingelegt werden können jeweils Berufung (erneute Prüfung des Sachverhalts) und Revision (ausschließliche Prüfung auf Rechtsfehler). Sofern die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt, ist auch eine Änderung des Strafmaßes nach oben möglich, legt nur der Angeklagte diese ein, so darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der ersten Instanz (§ 331 I StPO).

Wobei, wer will beweisen, dass man es wußte bzw. vor Aufregung nicht vergessen hat?

Genau das ist der Casus knacksus. Zur Wahrheit gehört grundsätzlich auch Vollständigkeit; zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands einer falschen uneidlichen Aussage oder Meineids ist es aber erforderlich, dass der Täter vorsätzlich gehandelt hat.

Steht eigentlich in jedem Gerichtssaal ein uniformierter Helfer

Nein. Justizvollzugsbeamte sind bei Gerichten, in deren Gebäude auch Strafverhandlungen stattfinden, am Eingang stationiert und führen dort Sicherheitskontrollen durch. Darüber hinaus sind sie in Verhandlungen i. d. R. nur anwesend, wenn der Angeklagte sich in Haft befindet. Die „Sitzungspolizei“ obliegt grundsätzlich immer dem Vorsitzenden (§ 176 I GVG).

Falls dich abseits von Scripted Reality interessiert, wie ein tatsächlicher (Straf-)prozess abläuft, kannst du auch einfach bei deinem Amts- oder Landgericht vorbeischauen. Hauptverhandlungen sind, mit wenigen Ausnahmen, öffentlich. Ich verlinke dir hier auch gerne noch einmal eine Verhandlungssimulation der Universität Passau. Der Sachverhalt ist hier natürlich auch etwas unrealistisch, um bei den beteiligten Studenten möglichst viel Wissen abfragen zu können, der Ablauf der Verhandlung ist aber korrekt dargestellt:

https://www.youtube.com/watch?v=-JSz_I74dRk

LG

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Erfahrung als Wahlverteidiger (§ 138 II StPO)

cabaleundLiebe 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 15:12

Hey, vielen, vielen Dank!! Natürlich war meine Wortwahl mehrfach falsch - aber ich habe nun mal keine Ahnung. Du hast mir mit deinen Antworten geholfen. Tja, wenn der Richter auch noch Schreibkram machen muß, dann ist sein Rückzug natürlich zu verstehen.
Und von diesen sogenannten Reality-Soaps halte ich nichts. Aber wenn man über Wochen krank ist ....... Und danke für den Link. Ich hätte ansonsten, wenn dieser Kinderkrieg öfters vorkäme, an der Menschheit gezweifelt. :) Was ist eigentlich ein Wahlverteidiger? Natürlich könnte ich auch Google fragen ...

ruhrgur  26.09.2024, 15:30
@cabaleundLiebe
Was ist eigentlich ein Wahlverteidiger?

Im Strafrecht wird zwischen Wahl- und Pflichtverteidiger unterschieden. Ein Wahlverteidiger ist ein Rechtsanwalt, Rechtsdozent oder eine sonstige Person mit ausreichenden rechtswissenschaftlichen Kenntnissen um die Verteidigung einer Person zu übernehmen, die vom Beschuldigten (bzw. Angeschuldigten oder Angeklagten) benannt wird. Ein Pflichtverteidiger ist im Gegensatz hierzu ein Rechtsanwalt, der in bestimmten Fällen (§ 140 StPO) beigeordnet wird, sofern kein Wahlverteidiger benannt wurde.

Auch ein Einzelrichter kann sich entsprechende Fälle in seiner Literatur ansehen und dann ein Vorverfahren als Hilfe heran ziehen.

UNd ein Urteil wird erst rechtskräftig, wenn die Parteien auf die Rechtsmittel verzichtet haben bzw. wenn die Zeit dafür abgelaufen ist. Und BEIDE Seiten können gegen das Urteil Einspruch erheben. Und ein anderer Richter ist nicht an das Erst-Urteil gebunden.

Und selbstverständlich kann bei jedem Verfahren ein Justizbeamter für die Ordnung im Saal soegen.


ruhrgur  25.09.2024, 15:14
elbstverständlich kann bei jedem Verfahren ein Justizbeamter für die Ordnung im Saal soegen

Für die Ordnung im Saal ist immer der Vorsitzende verantwortlich. Justizbeamte schreiten nur auf dessen Anordnung ein.