Denken - in Worten oder in Bildern?

Das Ergebnis basiert auf 43 Abstimmungen

Ich denke in Worten,... 51%
Ich denke anders,... 30%
Ich denke in Bildern,... 19%

16 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Ich denke anders,...

Denken ist ein sehr vielschichtiger Vorgang.

Als unsere Vorfahren (Menschen, Vormenschen?) noch keine Sprache hatten, mußten sie sich trotzdem in der Welt zurechtfinden. Das mußte über das geschehen, was ihr Gehirn gespeichert hatte und kannte. Das waren wohl hauptsächlich Bilder, vielleicht auch Geräusche. Sie agierten und reagierten ohne bewußtes Denken. Wann und wie Bewußtsein in den menschlichen Alltag einzog, wissen wir nicht. Vielleicht ist aber die biblische Geschichte vom "Sündenfall" eine Metapher dafür.

Es kommt vor, daß ich an etwas denke, einen Zustand vielleicht, einen Komplex, und ich muß die Wörter suchen, um dieses "Etwas" zu beschreiben. Der Zusammenhang ist klar, aber dessen Formuierung ist ein Denkvorgang. Ein Vergleich: Das Märchen von Hänsel und Gretel ist "Behälter". Um dessen Inhalt jemandem zu erklären, brauchen wir viele Wörter. Wenn jemand aber diesen Behälter kennt, brauchen wir nur dessen Namen zu nennen.

Wenn ich den Namen einer Stadt höre, die ich kenne, dann verbinde ich damit viele Bilder. Ich "denke" diese Bilder nicht einzeln, ich weiß aber, daß sie in einer der vielen Gehirnschubladen sind.

Aktives Denken als Beschreiben oder Planen geschieht sicher in Bildern, soweit es um Gegenständliches geht. Da wir aber "abstrakte" Begriffe in der Sprache haben, müssen wir uns auch darunter "etwas vorstellen" können, wenn auch nicht bildlich. Der Musiker denkt in Tönen und Klängen, bei mir kommt zu der klanglichen Vorstellung manchmal ein seltsames bildliches Vermischen von Noten und Klaviertasten hinzu.

Ich glaube, daß auch Träumen ein unbewußter Denkvorgang ist.

Aber, was meinen wir denn mit "Denken"? Das bewußte aktive Denken als Vorgang oder auch schon die Fähigkeit unseres Gehirns dazu?

Und: "Ich denke, daß ich denke". Ja, so mancher kommt über diese Vermutung nicht hinaus.

Ich denke also in Wörtern, Bildern, Tönen und und und . . . . .

bluff 
Fragesteller
 23.08.2011, 13:05

Danke für deinen umfangreichen Beitrag!

Als unsere Vorfahren (Menschen, Vormenschen?) noch keine Sprache hatten, mußten sie sich trotzdem in der Welt zurechtfinden

Heißt das,dass eine Spezies eine Sprache braucht um über abstrakte Dinge nachzudenken und Lösungen für komplexe Probleme zu finden? Wenn man keine Sprache gelernt hat, aufgrund von Isolation o.ä. ist man dann geistig weniger leistungsfähig? (vgl. Kasper Hauser)

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Rudolf36  23.08.2011, 14:53
@bluff

Ich denke (= meine) schon, daß komplexes Denken und Nachdenken ohne Sprache nicht möglich sind. (Kommunikation ganz allgemein ist ja auch auf andere Weise möglich.)

Erster Ausdruck oder erste erkennbare Folge des Denkens überhaupt dürfte die Sprache selbst sein. Die Verständigung dürfte mit einzelnen Lauten (wie ja auch bei Tieren) und dann Lautkombinationen (= Wörtern) begonnen haben. Durch die Kommunikation zwischen vielen Individuen entwickelt und erweitert sich das Verständigungsmittel. Ein weiterer Schritt sind dann wohl zusammengesetzte Wörter wie Haustür oder Unterlippe.

"Die Ontogenese ist eine kurze Zusammenfassung der Phylogenese," sagt die Wissenschaft, d.h. die Entwicklung des Einzelwesens ist eine kurze Wiederholung der Entwicklung der Art. Das gilt wohl auch für die Sprachentwicklung. Aber während Körperstruktur und Sprachorgane in den Genen liegen, muß das Sprechen selbst gelernt werden. Dazu braucht der Mensch ein Gegenüber. Oder viele. Kaspar Hauser scheint da wenig Möglichkeiten gehabt zu haben für seine Sprachentwicklung. (Aber was wissen wir denn wirklich über ihn?) Sprechen und Denken lernen wir durch unsere Gegenüber. In der Jugend scheint man da am flexibelsten zu sein. Aber warum soll jemand nicht mit 70 anfangen, eine Fremdsprache zu lernen?

Für das abstrakte Denken scheint mir Sprache nötig zu sein, denn wir haben ja auch abstrakte Begriffe, die ihrereseits ohne das Denken und Nachdenken gar nicht geschaffen werden könnten.

Und damit bin ich wieder bei Satz 1 dieser Antwort.

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bluff 
Fragesteller
 23.08.2011, 15:20
@Rudolf36

Für das abstrakte Denken scheint mir Sprache nötig zu sein, denn wir haben ja auch abstrakte Begriffe, die ihrereseits ohne das Denken und Nachdenken gar nicht geschaffen werden könnten.

Spricht du von Sprache im engeren Sinne( also akustisch) oder denkst/meinst du, dass auch andere Sprachformen höheres Denken ermöglichen, z.B. visuell(Farbe beim Chamelion) oder chemisch(Pheromone bei Hornissen)? Man könnte theoretisch in Farben denken.

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Rudolf36  23.08.2011, 16:00
@bluff

Bei dieser Sprach-und-Denk-Frage habe ich immer an unsere menschliche Sprache gedacht, von der ich meine, daß sie auf das Bewußtsein angewiesen ist. Insofern möchte ich die von dir genannten Sprachformen nicht einbeziehen, weil die Manifestationen wahrscheinlich eher (automatische) Reaktionen sind als bewußte Aussagen und Antworten. Ein geschlechtsreifes Schmetterlingsweibchen sendet automatisch Pheromone aus, einer den es angeht, nimmt sie auf und lenkt seine Flugrichtung automatisch zur Quelle, zur Sendestation . . . (und das menschliche Auge erfreut sich bewußt oder automatisch an dem nachfolgenden Tanz.)

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Ich denke anders,...

Meist denke ich auch in Worten, aber ich gibt auch gewisse Momente, in denen ich die Antwort auf ein Problem einfach kenne, ohne alles formulieren zu müssen. Manchmal denke ich auch in Bildern, realisiere aber erst, dass ich etwas gedacht habe, wenn es formuliert ist.

Es ist zwar praktisch in Worten zu denken, weil man dann natürlich direkt einen fertigen Text hat, den man anderen mitteilen kann. Allerdings braucht das Denken in Sprache auch viel mehr Zeit. Wenn wir wirklich fähig wären, in Bildern und Gefühlen zu denken, wären wir wahrscheinlich schon wesentlich fortschrittlicher, da wir in unserem Leben mehr denken könnten.^^

bluff 
Fragesteller
 23.08.2011, 00:16

Allerdings braucht das Denken in Sprache auch viel mehr Zeit.

Genau, ich will schneller denken als ich reden kann! ;)

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Sprache ist ein mächtiges Werkzeug, um Gedanken zu ordnen und zu strukturieren. Ich denke aber auch, dass ein innerer Monolog manchmal (oder immer?) eine Reflektion der Gedanken ist. D.h. die Gedanken wurden nicht in Worten gedacht, aber wir formulieren sie mit Worten, um sie weiter zu verarbeiten.

Wenn ich Mathematik betreibe, dann denke ich weniger in Worten. Wenn ich etwas länger grübeln muss, dann schon, aber sonst schaue ich mir die Gleichung an und weiß auch sofort, wie ich sie löse, ohne dabei einen inneren Monolog in Worten zu führen.

bluff 
Fragesteller
 23.08.2011, 13:16

D.h. die Gedanken wurden nicht in Worten gedacht, aber wir formulieren sie mit Worten, um sie weiter zu verarbeiten.

Interessanter Gedanke. Aber wenn man keine Sprache beherrscht,scheitert man dann an der Weiterverarbeitung?

Wenn es möglich wär die Translation der Gedanken in Worte zu überspringen, wäre man dann nicht effizienter?

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TeeEi  23.08.2011, 15:11
@bluff

Aber wenn man keine Sprache beherrscht,scheitert man dann an der Weiterverarbeitung?

Ja wie gesagt, Sprache ist ein mächtiges Werkzeug, ohne sie wären unsere kognitiven Fähigkeiten ziemlich beschränkt. Viele Forscher sind der Meinung, dass Sprache die Menschen von anderen Tieren unterscheidet/auszeichnet. Aber ich würde nicht gleich sagen, dass die Weiterverarbeitung prinzipiell nicht mehr möglich ist.

Es gibt diesbezüglich viele psychologische Untersuchungen. Für die Untersuchungen mit Farben gab es eine recht extreme konstruktivistische Annahme, die ich für widerlegt halte. Also es gibt/gab ein Volk in Papua-Neuguinea, die Dani, und sie hatten in ihrer Sprache nur zwei Bezeichnungen für Farben: Mola für weiß und warme Farben, mili für kalte Farben. Nach der Annahme würde es heißen, dass die Dani die Farben rot und lila nicht unterscheiden könnten, weil sie für die beiden Farben nur ein Wort haben, nämlich mola. Aber sie konnten sie schon unterscheiden. Ich habe spontan keine Quelle zu dem Experiment googlen können, dafür habe ich diese hier gefunden: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46707709.html Das mit den Zahlen kannte ich auch, ist ein umstrittenes Thema in Psychologie und Linguistik.

Wenn es möglich wär die Translation der Gedanken in Worte zu überspringen, wäre man dann nicht effizienter?

Ich denke, das ist vom Fall zum Fall unterschiedlich. Worte haben ihre Stärke und Schwäche. Bei Mathematik denke ich in der Regel auch nicht in Worten, es wäre auch viel zu langsam. Wenn ich nicht grübeln muss, habe ich die Gleichung etc. schon gelöst, bevor ich einen Satz in Worten formuliert habe. Aber andererseits habe ich mir diese Fähigkeit mit Hilfe der Sprache erworben. Ohne Sprache, ohne die sprachlichen Begriffe wie Zahlen, Funktionen, Figuren, wäre ich möglicherweise gar nicht erst in der Lage zu rechnen.

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Ich denke in Bildern,...

Ich denk e in Bildern, aber die sin immer in schwaz-weiß. Ich weiß nicht warum, glaub das liegt daran weil ich gern schwarz-weiß male.

Manchmal ist da eine Hand, die alles protokolliert, was ich denke/sage/mache.

Selten spricht eine Stimme alles laut aus, einmal war ich sogar so wütent auf auf einen meiner Lehrer und diese Stimme hat all die Wörter, die ich ihn an der Kopf werfen wollte so laut geschrien, dass ich die Frage, die er mir stellte nicht mehr hören konnte und somit einen Klassenbucheintragbekam Seit dem versuche ich das zuvermeiden

Also eigentlich nur in Bildern und Schrift

Lelele760  17.07.2021, 00:21

ich denk selbst in worten bzw mit dieser „stimmlosen“ stimme und find das ja mal mega interessant mit den bildern und der hand, such das mit dem schreien was halt eher störend scheint aber fürmich trotzdem faszinierend ist

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Ich denke anders,...

Das ist doch alles Blasphemie!

Es gab immer diese theoretischen Überlegungen, aber eine allgemeine Aussage wird man nicht treffen können.

Nach Herder kommen Worte erst durch Bilder und Töne zustande, heißt es ich denke in Bildern, die ich benenne, oder in Worten, die die Bilder übernehmen.

Aber letztlich, so können wir es auch filmen und anderen Beispielen übernehmen, so denken,w ir doch im inneren Monolog und daher, weil wir die wahre Stimme nicht kennen lernen konnten denken wir nicht natürlich in Worten oder Bildern, sondern lediglich als Produkt der Gesellschaft in einem Wechel von Text und Bild, dass auf den jeweiligen Gedanken ankommt, denn es ist bildlich, wenn ich über etwas nachdenke, wofür ich nicht alle Worte habe, um es schnell genug zu beschreiben. Es ist dagegen wörtlich,w enn ich mit einem Begriff eine ganze Definition verbinde.

Aber letztlich sind das nur die Werkezeuge und das Denken ist sehr viel abstrakter, als man es selbst merkt, denn im Traum ist es sehr selten so, dass wir weder in Wort noch in Bild denken, nur ist es durch die Gesellschaft unfassbar so zu denken. Bedenket, ein Gefühl, lässt sich nicht ausdrücken, so sehr wir es auch umschreiben, es wird niemals die subjektivste aller Wirkungen herleiten!

Dazu kann man auch mal den Chandosbrief von Hofmannsthal lesen.