Das Zentrum Wahlplakat Analyse?

Albrecht  15.02.2021, 12:05

Bis wann ist zur Abgabe der Analyse Zeit?

Hetty3001 
Beitragsersteller
 17.02.2021, 10:32

nächsten Donnerstag

3 Antworten

Bei einer sehr umfangreicher Behandlung einer bildlichen Quelle gibt es als mögliche Schritte:

1) Beschreibung (es geht darum, was bei der Betrachtung in der Sinneswahrnehmung zu sehen ist)

2) Deutung/Erklärung (es geht darum, was das Dargestellte bedeutet und was insgesamt die beabsichtigte Aussage ist)

3) Einordnung und Wertung/Bewertung/Beurteilung/Stellungnahme

Beschreibung

Auf einem Plakat auf Vélin-Papier in heller Farbe (beige) im Hochformat (Höhe x Breite: 109,2 x 87,2 cm) steht im Mittelpunkt in riesiger Größe ein Mann in schwarzer Hose mit Gürtel und schwarzen Schuhe und nacktem Oberkörper. Er hat einen athletischen Körperbau, ist kraftvoll und schlank, Muskeln und die Knochen des Brustkorbs sind bemerkbar. Er steht mit etwas gespreizten Beinen mit der Vorderseite zu den das Plakat Betrachtenden da, sein Kopf ist zur Seite hin zu einer Gruppe von links herankommender Männer gewendet. Sein rechter Arm mit einem Riemen um den Knöchel und einer außerordentlich großen Hand ist erhoben, wie in abwehrenden, beiseiteschiebenden Geste. In seiner linken Hand hält der Mann einen großen Hammer, dessen Kopf auf dem Boden gelehnt ist. Sein Mund ist geschlossen, sein Blick energisch, seine Miene abweisend. Seine dunklen Haare sind nach schräg oben gerichtet und erzeugen einen dynamischen Eindruck.

Vom Hintergrund her bis nach vorn auf der linken Seite ist in einem deutlich kleineren Maßstab eine anmarschierende Gruppe von Männern zu sehen. Der vorderste Mann trägt eine riesige rote Fahne, die wellenförmig in der Luft weht. Die ganze Gruppe ist in rötlicher Farbe dargestellt. Viele der bekleideten Männer haben Mütze oder Hüte auf bzw. heben sie hoch oder einen Arm in die Höhe.

Links oben steht neben dem Kopf des Mannes in großen roten Buchstaben „Fort“. Der Text wird in im unteren Teil in Großbuchstaben fortgesetzt: „MIT KLASSENVERHETZUNG UND ANARCHIE“ und es folgt: „ICH WÄHLE ZENTRUM“.

Es sind die kräftigen und kontrastreichen Farben Rot und Schwarz verwendet.

In der rechten oberen Ecke steht „Hanns Herkendell D'dorf“.

Deutung

Das Plakat ist ein Wahlplakat zur Reichstagswahl am 6.Juni 1920.

Der Mann in riesiger Größe steht als Identifikationsfigur für einen Arbeiter (vor allem durch das Arbeitsgerät Hammer und die Bekleidung als Arbeiter gekennzeichnet), der Kommunismus ablehnt.

Die Farbe rot ist als politisches Symbol besonders mit dem Kommunismus verbunden (auch Sozialismus und Sozialdemokratie haben eine Verbindung zu ihr; allerdings hatte die Sozialdemokratische Partei Deutschlands [SPD] sich 1919 in der Nationalversammlung zusammen mit der Deutschen Demokratische Partei (DDP) und der Deutschen Zentrumspartei (kurz: Zentrum) für Schwarz-Rot-Gold als Nationalfarben Deutschlands entscheiden). Linksaußen-Parteien waren in Deutschland 1920 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), eine linke Abspaltung von der SPD.

Die politische Botschaft erscheint auf dem Plakat als Aussage des übergroß dargestellten Mann: Fort mit Klassenverhetzung und Anarchie – Ich wähle Zentrum.

Klassenverhetzung ist eine Hetze, die auf Erzeugung von Hass und Gewalttätigkeiten in einem Kampf von Klassen gegeneinander zielt. Die kommunistische Weltanschauung enthielt den Gedanken eines Klassenkampfes. „Klassenverhetzung“ ist auf dem Plakat ein scharfer Vorwurf, der sich gegen Kommunisten richtet. Ein zweiter Vorwurf ist „Anarchie“. Dies meint: Die Kommunisten bringen Chaos und diese Bedrohung sollte abgewehrt werden. Die Geste des einzelne Arbeiters mit der rechten Hand unterstreicht wie mit einer Wegwischbewegung die Ablehnung von Klassenkampf und Anarchie.

Es wird versucht, Ablehnung und Angst vor einer Bedrohung hervorzurufen.

Das Plakat enthält einen Appell zur Wahl einer bestimmten Partei: Deutsche Zentrumspartei (kurz: Zentrum)

Das Zentrum tritt als Partei auf, die vor Klassenkampf schützt, Ordnung bringt und bewahrt. Es wird auf ein Bedürfnis in der Bevölkerung nach Ruhe und Ordnung gezielt.

Ein eindeutig christliches Symbol ist nicht abgebildet.

Die Deutsche Zentrumspartei (kurz: Zentrum) vertrat einen politischen Katholizismus. Ihre Kernwählerschaft waren kirchennahe Katholiken/Katholikinnen. Ihre Mitglieder und Anhängerschaft kamen aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten. Darunter war auch die Arbeiterschaft eine bedeutende Gruppe. Es gab christliche Gewerkschaften, die dem Zentrum nahestanden. Das Plakat scheint insbesondere Arbeiter ansprechen und zur Stimmabgabe motivieren wollen, die dem Kommunismus abgeneigt sind.

Einordnung und Wertung/Bewertung/Beurteilung/Stellungnahme

Der Maler und Graphiker Hanns Herkendell 1886 – 1958) aus Düsseldorf hat für das Zentrum mehrere Wahlplakate mit antikommunistischer Botschaft entworfen, so für die Wahl zur Nationalversammlung, 19. Januar 1919:

  • Aus der Anarchie des brutalen Klassenegoismus rettet allein die christlichen Ideale Recht, Pflicht und Nächstenliebe - Darum wählt die Christliche Volkspartei (Zentrum)
  • Der einzige Damm gegen die Rote Flut ist die Christliche Volkspartei (Zentrum).

Es kann eventuell noch ein Sachurteil (wie geeignet und wirksam war das Plakat?) und ein Werturteil (Bewertung aus heutiger Sicht unter dem Gesichtspunkt gut oder schlecht) folgen.

Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919: Zentrum 19, 7 %

Reichstagswahl am 6. Juni 1920: Zentrum 13, 6 %, Bayerische Volkspartei (BVP) 4, 4 %, also zusammen mit der bayerischen Schwesterpartei 18 %

Das Plakat hat eine eindeutige Botschaft, die für die Wählerschaft auch passend ist und vom Zentrum glaubwürdig verkörpert wird. Gefühle werden zur Wahlmobilisierung genutzt. Allerdings ist die Aussage in der Hauptsache negativ. Es gibt keine deutliche Aussage, wofür das Zentrum positiv steht. Beim Antikommunismus konnten sich auch Deutsche Volkspartei (DVP) und Deutschnationale Volkspartei (DNVP) anbieten.

Schwer zu urteilen, wenn einem das Plakat nicht vorliegt. Eines kann man indes sagen, das Zentrum entsprach der heutigen CDU, war daher stramm antikommunistisch, wollte folglich nichts von den bestehenden Klassenunterschieden wissen, um so die bestehenden Herrschaftsverhältnisse abzusegnen. Das bestehende Unten und Oben sei nun mal gut und quasi gottgewollt.


Hetty3001 
Beitragsersteller
 14.02.2021, 17:55

super! dankeschön

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Das war gegen die Kommunisten und ihren Klassenkampf gerichtet. Sie stellten mit dem Plakat die kommunistische Idee als Hetze da die nur Chaos bringt und man deshalb ihre Partei (Zentrum) wählen soll die Ordnung bringt

Woher ich das weiß:Hobby – Die Geschichte ist meine große Leidenschaft

Hetty3001 
Beitragsersteller
 14.02.2021, 17:10

vielen dank! hilft mir super weiter (:

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