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Plakat der DNVP, 1919 - (Schule, Geschichte, Analyse) Plakat KPD, 1919 - (Schule, Geschichte, Analyse)

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Allgemein kann auf Personen/Gegenstände, Aufschriften, Symbole, Hervorhebungen/was im Vordergrund und im Hintergrund abgebildet wird, Farb- und Formgestaltung geachtet werden. Wichtig ist, einen Bezug zur damaligen Lage herzustellen.

In beiden Abbildungen steht unter dem Plakat eine Zuordnung, die falsch ist.

Wahlplakat 1

Dies ist ein Wahlplakat der Deutschen Volkspartei (DVP) zur Wahl einer Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 (falsch ist die Zuordnung Deutschnationale Volkspartei (DNVP), die in Widerspruch zur Aufschrift auf dem Plakat steht).

Oben ist auffällig eine Figur abgebildet, ein zu Boden gehender schwer verwundeter oder sogar sterbender Soldat. Aus einer Wunde hat sich eine Blutlache gebildet. Die rote Farbe, die starke Signalwirkung hat, wird auch für Unterstreichungen im Text verwendet. Andere Farbtöne sind Schwarz, Grau und Braun.

Der Text ist in Frakturschrift. Optisch tritt er damit in der Schriftart eher traditionell/konservativ auf. Die Schrift ist groß bis auf die Urheberangabe. Ausrufezeichen und Fragezeichen verstärken die politische Botschaft

Das Plakat hat eine klare Zielgruppe: Kriegsteilnehmer. Davon hat es in Deutschland während des Ersten Weltkrieges viele gegeben.

Die Fragen sind im Grunde rhetorische Fragen, weil nicht offenbleibt, ob sie bejaht oder verneint werden.

Wähler sollen sich mit dem Soldaten (der einfach, ohne herausragenden Rang zu sein scheint) identifizieren. Sie sollen durch einen vermittelten Eindruck aufgerüttelt werden, es geschehe in Deutschland etwas gegen die Absichten aller Kriegsteilnehmer, die politische und gesellschaftliche Entwicklung laufe den Zielen der Soldaten, die sie in enem opfervollen Einsatz hatten, entgegen.

Die Texte bauen einen Eindruck einer angsteinflößenden Bedrohung auf, der mit der Wahl der Deutschen Volkspartei entgegengetreten kann.

Es geht zu wie in einem Tollhaus: Unvernunft, Unordnung, Chaos, Anarchie

Terrorismus, der alles zugrunderichtet: Schrecken, Verderben, Zerstörung, Vernichtung

Der Sache nach sind die Novemberrevolution 1918 und ihre Folgen gemeint. Gedacht ist wohl an revolutionäre Aktionen, Streiks, Massendemonstrationen, Aufstände vor allem radikaler linker Kräfte. Ohne direkte Nennung von Gegern wird ein Feindbild verwendet.

Die starke Verbindung mit „Terrorismus“ zeigt eine scharfe Ablehnung dieser Ereignisse. Das Plakat wendet sich besonders an Menschen, die der Revolution stark ablehnend gegenüberstehen.

Als von der Deutschen Volkspartei vertretenes Ziel wird Ordnung („geordnete Zustände“) dargestellt. Wofür die Deutschen Volkspartei sich genau einsetzt, wird ziemlich unklar gelassen. Deutlich ist hauptsächlich, was stark abgelehnt wird. Dabei zeigt sich die Deutschen Volkspartei als politisch rechts stehend.

Die Deutsche Volkspartei vermeidet einen klare Aussage, ob sie für eine Republik (der Kaiser war zurückgetreten) oder eine Monarchie eintritt und wie ihr Standpunkt zu einer parlamentarischen Demokratie ist.

Das Plakat ist emotional gestaltet. Die Aussagen sind Pauschalisierungen und übertreibende Zuspitzungen.

Wahlplakat 2

Das Wahlplakat stammt (siehe unten links) von der Allgemeinen Arbeiter-Union Deutschlands und der Kommunistischen Arbeiter-Partei.

Diese Organsiationen gab es erst seit 1920. Das Wahlplakat ist also keines der KPD und keines zur Wahl einer Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919.

Richtig ist: Die KPD hat 1919 zum Wahlboykott aufgerufen. Damals war ein „ultralinker“ Flügel, zu dem viele spätere Mitglieder der Kommunistischen Arbeiter-Partei Deutschlands gehörten, besonders scharf gegen eine Beteiligung an Parlamentswahlen, während dies für andere Gruppen mehr eine taktische Frage war.

Die Kommunistische Arbeiter-Partei Deutschlands (KAPD) war eine Gründung linker Kommunisten, die jede Art des Parlamentarismus ablehnten, stark ein Rätesystem befürworten, die Rolle der Basis betonten und gegen den sogenannten Demokratischen Zentralimsmus waren. Ihr Ziel war eine sofortige Beseitigung der „bürgerlichen“ Demokratie und die Herstellung einer „Diktatur des Proletariats“. Die Allgemeine Arbeiter-Union Deutschlands (AAUD) war ein Zusammenschluß ihrer Betriebsorganisationen.

Das Wahlplakat kann sich erst auf die Reichstagswahl am 6. Juni 1920 beziehen.

Auffällig ist die vollständig rote Schrift. Politisch ist die Farbe Rot unter anderem ein Symbol des Kommunismus.

Die wichtigsten Aussagen sind durch besonders große Schrift hervorgehoben. Ganz oben steht der Hauptaufruf: „Du sollst nicht wählen“. Dies wird ganz unten noch eimal mit einem anderen Ausdruck wiederholt: „Übt Wahlboykott“.

Der Begründung des Aufrufs, sich nicht an der Wahl zu beteiligen, dienen Vorwürfe gegen den Parlamentarismus.

Die entstandene parlamenatische Demoktarie wird scharf abgelehnt.

demokratische Kulisse: Scheinhaftigkeit einer demokratischen Fassade als Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse (Herrschaft der Kapitals/Machtmittel des Kapitals)

Schutz schlimmer Kapitalisten und Mord an der Arbeiterklasse

Hervorbringen von Rechtsanwälten als politischen Interessenvertretern („politische Advokaten“), die sich trickreich auf Rechtsformen und Einzelheiten stützen, und von Geschäftemacherei

Übermacht von Amtsinhabern und Funktionären (Bozentum) gegenüber dem Proletariat/der Arbeiterschaft und Burgfrieden (Zurückstellung von Interessen und Auseinandersetzungen zugunsten von Zusammenarbeit auch mit Gegnern; gedacht werden kann insbesondere auch an die „Burgfriedenspolitik“ der SPD im Ersten Weltkrieg mit Bewilligung von Kriegskrediten) mit der Bourgeoisie (Großbürgertum/Kapitalisten)

Einschläferung der Basis der Arbeiterschaft darin, das Handeln in der Hauptsache Anführern zu überlassen und ihnen ziemlich kritiklos zu vertrauen

Parlamentsarbeit wird also abgelehnt und stattdessen als Waffen (Machtmittel) der Arbeiterklasse direkte Aktion und Massenkampf angegeben.

Die Argumente sind propagandistisch, mit Pauschalisierungen und übertriebenen Zuspitzungen. Vorteile/günstige Seiten einer parlamentarischen Demokratie kommen nicht vor.

Der Vorwurf des Mordens der Arbeiterklasse hat einen gewissen Hintergrund in der Niederschlagung von Aufständen und Räterepubliken im Zeittraum Ende 1918 - 1920, wobei eingesetzte Trtuppen (insbesondere Freikorps) oft ziemlich brutal gegen radikale linke politische Kräfte und mit ihr sympathisierende Arbeiterschaft vorgingen.

Vorherrschend ist in der Weltanschauung der Gegensatz zwischen Arbeiterklasse/Proletariat und Bourgeoisie/Kapitalisten.

Statt der parlamentarischen Demokratie ist ein Rätesystem (Räterepublik/Rätedemokratie) das Ziel. Dabei wählen gesellschaftliche Gruppen Vertreter (Räte), die gegenüber der Basis verantwortlich und an deren Weisungen gebunden sind (imperatives Mandat). Die Forderung „Alle Macht den Räten“ zielt auf eine vollständige Herrschaft von Räten, also eine Ersetzung der parlamentarischen Demokratie durch ein anderes politisches Modell. In der Novemberrevolution 1918 hatten sich Arbeiter- und Soldatenräte gebildet, deren Befugnisse und Macht waren aber beschränkt und größtenteils eher zeitweise. Eine Mehrheit der Räte hatte die Wahl einer Nationalversammlung und damit den Weg zu einer parlamentarischen Demokratie gutgeheißen.

Deren Ablehnung verdeutlicht noch einmal der Ausruf „Nieder mit dem Parlament“. Schon eine Beteiligung an Parlmentswahlen gilt als etwas, das grundsätzlich nicht in Frage kommt. Ein wichtiger, nicht direkter genannter Gegner ist die SPD, die als Arbeiterpartei begonnen hat und nun unter Kompromissen mit „bürgerlichen" Parteien, Organisationen und Gruppen eine parlamentarische Demokratie errichtet hat, in der radikale Linke nichts von Sozialismus entdecken können.

Die Zielgruppe des Plakats ist die Arbeiterschaft (und vielleicht weitere Sympathisanten eines Rätesystems). Die Argumentation ist teilsweise emotional und verwendet weitgetriebene einfache Zuspitzungen.


lini6767 
Beitragsersteller
 04.12.2016, 19:05

Vielen lieben Dank!!:)

das erste Plakat zeigt einen gefallenen Mann im Krieg. Die Deutsche Volkspartei nutzt dies um die Zivilisten damit zu verängstigen, dass wenn sie die falsche Partei wählen es zum totalen Krieg kommen würde. So wollten sie die Bürger davon überzeugen, dass ihre Partei den Frieden bringen würde. Sag vielleicht noch, dass sie rote Farbe verstärkt benutzt haben, um es auffälliger zu gestalten, aber die rote Farbe auch das vergossene Blut im Krieg wiederspiegelt.

so würde ich es jetzt analysieren. :)