Darf der Arbeitgeber einem Auszubildenden den gesamten Urlaub streichen?
Hallo zusammen,
ich bin 18 Jahre alt, im 3. Lehrjahr in der Ausbildung zum Elektriker und habe in der Firma einige Konflikte mit der Geschäftsführung, Sekretariat und ein Paar Gesellen.
Nun war es im Dezember so weit, dass ich psychisch am Ende war und Dezember, sowie Januar fast vollständig krank war. Des weiteren haben sich nun während meiner Ausbildungszeit Krankheitstage gesammelt, an denen ich keinen Krankenschein gemacht habe.
- Nun wurde mein gesamter Jahresurlaub 2022 gestrichen. Nach Aussage der Geschäftsführung bekomme ich diesen auch nicht wieder.
- Für Dezember 2021 wurde mir im Januar mein Gehalt erst gestrichen, dann gegen Mitte des Monats nach Gesprächen mit der GF erst gezahlt.
- Im Januar hatte ich einen Lehrgang auf der HWK, normalerweise bekomme ich (nach Ausbildungsvertrag) meine Fahrtkosten erstattet, dies war aber bisher immer noch nicht so.
- Ich soll die Fehlzeiten ohne Krankenschein Samstags oder in Überstunden abarbeiten, also keine Freizeit mehr?
- Ich soll der GF bis Donnerstag Vorschläge bringen, wie ich die Fehlzeiten kompensieren kann.
- Wir arbeiten in der Firma digital, auch Stundenzettel erfolgen digital. Krankenscheine, Berufsschule und Handwerkskammer werden vom Sekretariat ins System eingetragen. Für Januar 2022 habe ich -120 Arbeitsstunden, da zwei Wochen Krankenschein; Handwerkskammer und Berufsschule NICHT eingetragen wurden.
- Der Lohn kommt NIE pünktlich, nicht mal am selben Tag. Mal kommt er am 5., mal am 8., mal am 14. Dadurch bin ich bei Telekom, PayPal und anderen Stellen verschuldet und es regnet ein Inkassobrief nach dem anderen in den Briefkasten. Für einen Finanziellen Puffer besteht nicht die Möglichkeit durch Miete und andere Kosten. Eine Dispo-Freigrenze erlaubt die Bank mir nicht durch meine ständigen verschulden.
- Gespräche verlaufen ins leere und im Sekretariat ignoriert man mich, bzw. verlässt mitten im Gespräch während ich spreche den Raum.
Ich bin fertig mit der Welt, würde am liebsten abbrechen oder mir einen neuen Betrieb suchen, jedoch ist es "nur noch" ein Jahr bis Abschluss der Ausbildung. Aber es kostet mich mental verdammt viel kraft überhaupt arbeiten zu gehen.
Bezüglich der Krankenscheine habe ich Mist gebaut, aber ich bin nicht das einzige schwarze Schaf in der Firma. Die GF sagte mir sogar offen und ehrlich, dass sie es super finden wie ich meine Arbeit ausführe. Das wars dann aber auch.
Über Antworten und Anregungen würde ich mich freuen.
Grüße,
ML
5 Antworten
Damit du zur Prüfung zugelassen wirst, darfst du während der gesamten (!) Ausbildungszeit nicht mehr als ca. 10-15 % gefehlt haben. Sonst gibt es eine Einzelfallprüfung der Kammer und oft die Entscheidung, dass die Ausbildungszeit verlängert werden muss, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Völlig ungeachtet, ob du krank warst, eine AU hast oder andere Gründe zu den Fehlzeiten geführt haben.
Somit kann ich mir vorstellen, dass dein Betrieb hier eventuell erreichen möchte, dass du durch die Mehrarbeit diese Fehlzeiten wieder "reinarbeiten" sollst, damit es mit der Zulassung noch klappt. Rechtlich geht das mit bis zu 60 Stunden Arbeitszeit pro Woche - 6 Werktage, maximal ausnahmsweise 10 Stunden pro Arbeitstag. Kannst du ja mal rechnen, wie lang du da nach welchem Modell gehen müsstest, um wenigstens die Tage ohne AU wieder "reinzuholen"... Aber ja, mach das - du willst doch auch nicht länger als nötig dort bleiben!
Die Streichung des Urlaubs hingegen funktioniert nicht. Der zählt auch nicht in die Fehlzeiten rein.
Verspätete Gehaltszahlungen sind ein Fehlverhalten des Unternehmens, ja. Du könntest deinen Arbeitgeber dafür abmahnen und Schadenersatz für Überziehungszinsen, Rückbuchungen etc. verlangen (geht inzwischen sogar als Pauschale, ohne Einzelnachweise für jeden Posten).
ABER: dieses Thema steht auf einem ganz anderen Blatt, hat nichts mit deinen Fehlzeiten zu tun und gleicht diese auch nicht wieder aus!
Danke für die sehr ausführliche Antwort in allen Punkten!
Unentschuldigtes Fehlen ist ein Grund für eine fristlose Kündigung. Du hast noch Glück, dass die so kulant sind.
Beiß die Zähne zusammen. Nach der Lehre solltest Du Dir aber einen neuen Arbeitgeber suchen.
So ein Blödsinn. Indirekten Fehlen... Du hast auf Kosten deines Arbeitgebers blau gemacht und das nicht zu knapp. Wie schon geschrieben kannst du froh sein das du deine Ausbildung überhaupt noch hast.
Ohne AU= unentschuldigtes Fehlen. Natürlich musst du diese Zeiten irgendwie nachholen.
Es ist nur noch ein Jahr, ja, aber willst du das auch so leben? Was hindert dich daran ihn zu wechseln?
Das mit dem Urlaub ist schwierig. Warum hast du keine Krankschreibungen wie diese lange Zeit? Die sind dann eher noch sehr kulant, wenn sie dir nur deinen Urlaub streichen und dich nicht ganz rausschmeißen.
Es ist schwierig hier in der Wohngegend etwas neues zu finden und Umziehen ist nicht möglich da die Mietpreise hier der Horror sind und ich mit meiner Wohnung echt Glück habe.
Die Krankschreibungen haben sich seit Beginn der Ausbildung gesammelt, es waren immer höchstens 2 Tage bspw. wegen Bauchschmerzen oder Magen-Darm wobei ich nicht den Sinn dahinter sah für sowas zum Arzt zu gehen. Ich habe keinerlei Abmahnungen oder mündliche Verwarnungen oder Vorwarnungen bekommen, sondern es wurde einfach durchgezogen.
Selbst schuld. Es ist deine PFLICHT nachzuweisen warum du nicht zur Arbeit kommst. Aber du hast den Sinn nicht gesehen? Da kann ich nur sagen, wer nicht hören will muss eben fühlen...
Da könnte ja jeder ankommen, der mal ein verlängertes Wochenende braucht und sagen, er sei mal 2 Tage krank und bringt aber keinen Krankenschein! Selbst wenn du nur einen Tag krank bist, musst du das von einem Arzt bestätigen lassen. Von daher kannst du eher noch froh sein, dass die dich nach den zweiten oder dritten mal nicht gleich rausgeschmissen haben. Dazu hätten sie nämlich das Recht gehabt. Was den Rest betrifft. Einige Sachen sind zwar gesetzlich nicht haltbar, wie der gestrichene Urlaub, aber durchaus nachvollziehbar. Wie heißt es so schön: "wie man in den Wald hinein ruft..."
Des weiteren haben sich nun während meiner Ausbildungszeit Krankheitstage gesammelt, an denen ich keinen Krankenschein gemacht habe.
damit hätte ich kein Problem, die Tage werden einfach nicht bezahlt ;)
in der Ausbildung hat die Vergütung am Letzten des Monats am Konto zu sein. Chef zahlt später - du solltest ihn abmahnen und ggf. auf Schadensersatz klagen
die Fehlzeiten könnten zur Nichtzulassung der Prüfung führen.
Urlaub kann er nicht streichen, der steht dir zu
Okay. Das mit den Unbezahlten Tagen würde ich ja noch einsehen, so lerne ich es. Aber das plötzliche Urlaub streichen ohne Ankündigung, genauso wie das volle Gehalt?
Bezüglich am ersten des Monats auf dem Konto sein wollen sie nicht machen, da es bequemer ist alle Überweisungen zusammen zu tätigen und nicht Azubis und Gesellen getrennt.
Danke für die Antwort!
Es ist ja höchstens indirektes Fehlen. Sie wussten jedes mal bescheid, auch wie lange ich Krank bin, was ohne AU höchstens zwei Tage waren. Krankgemeldet habe ich mich immer schriftlich.
Den neuen AG suche ich mir dann auf jeden Fall.
Aber Danke für die Antwort.