Bin ich durch Mobbing traumatisiert?

2 Antworten

Die Definition von einem Trauma ist laut WHO:

Ein Trauma ist ein kurz- oder langanhaltendes Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß.

Die DeGPT (Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie) definiert den Begriff folgendermaßen:

Der Begriff Trauma (griech.: Wunde) lässt sich bildhaft als eine „seelische Verletzung“ verstehen, zu der es bei einer Überforderung der psychischen Schutzmechanismen durch ein traumatisierendes Erlebnis kommen kann.

So, jetzt genug von Begrifflichkeiten.

Diagnosen stelle ich persönlich nicht, denn ich bin dazu nicht berechtigt und auch nicht ausgebildet. Ich bin aber auch kein Laie, denn ich leide selbst unter einer PTSD aufgrund multiplen Traumata.

Mir selbst fällt die Abgrenzung zwischen einem Trauma und einem sehr verletzenden Erlebnis schwer. Ich würde sagen, dass ein schlechtes Erlebnis dann ein Trauma ist, wenn es Dich in Deinem Leben einschränkt. Wenn Du also dadurch in Deiner Lebensqualität eingeschränkt bist. Ein Jahre langes schweres Mobbing kann traumatisierend sein. Da kommt es auch immer auf den Mensch und sein Gemüt an.

Aber ganz egal, wie man es jetzt nennt oder was es jetzt ist.

Du hast was schlechtes durchgemacht und es belastet Dich. Und das ist verständlich. Dass man sowas auch nicht einfach wegsteckt, ist ebenfalls verständlich. Denn immerhin hat das Mobbing Dich persönlich als Mensch angegriffen, und zwar aus Gründen, die (vermutlich) nicht nachvollziehbar sind. Solche Erfahrungen prägen unseren Charakter und ändern uns, oft eher negativ als positiv.

Wenn Du da mit jemandem drüber reden möchtest, wären vermutlich die Sozialpädagogen oder Vertrauenslehrer an Deiner Schule ein guter erster Anlaufpunkt. Es gibt auch Psychologen oder Therapeuten, zu denen Du gehen könntest, wenn Du an einer Therapie interessiert bist (wenn die Erinnerungen Deinen Alltag und Dein Leben dominieren und Du in Deiner Lebensqualität eingeschränkt bist). Vielleicht reicht Dir aber auch einfach eine Art Gesprächstherapie bei Kinder- und Jugendberatungsstellen.

PS: Du hast Trigger angesprochen. Folgende Frage ist nur aus Neugierde: Wie verhält es Dich bei Dir? Kommen die Bilder an das schlechte Erlebnis einfach nur hoch, oder kommt es Dir dann so vor, als würdest Du das schlimme Erlebnis nochmal durchleben müssen?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Intensive Beschäftigung mit der menschlichen Psyche

KeepRunning596 
Beitragsersteller
 30.10.2019, 19:53

Danke:) Ich weiss es sollte eigentlich völlig normal sein, zum Psychologen zu gehen, aber ich will aus verschiedenen Gründen nicht; Meine Eltern machen sich generell zu viele Sorgen, wenn das jetzt auch noch kommt darf ich gar nicht mehr raus:/ ; auch fällt es mir im Moment oder generell, vielleicht auch aufgrund meiner Erfahrungen, schwer, mich Menschen zu öffnen, da ist ja ein potenzielles Verletzungsrisiko und ich möchte das im Moment nicht riskieren... Ich würde lieber mit einer realen Person 8 mit real meine ich eine, die ich kenne und die mich kennt) sprechen...

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Noeru  30.10.2019, 19:59
@KeepRunning596

Wenn Du nicht zum Psychologen gehen möchtest, musst Du es nicht. Es bringt immerhin nichts, wenn Du das nicht freiwillig machst. Du solltest nur wissen, dass es diese Möglichkeit gibt und dass Du diese Last nicht alleine tragen musst, wenn Du das nicht willst. Jeder Mensch hat eine Belastungsgrenze. Pass nur auf, dass Du Deine nicht langfristig übertrittst.

Nur am Rande: Wenn Du älter als 14 bist, kannst Du ohne das Wissen Deiner Eltern zu einem Psychologen / Therapeuten gehen und das Erstgespräch ist auch kostenlos. Wenn Du Interesse daran hast, wie sowas abläuft, kannst Du mich gerne anschreiben.

Dass Du Dich Menschen schwerer öffnest, ist ja auch verständlich! Immerhin wurdest Du, wie gesagt, vermutlich grundlos angegriffen und seelisch sehr verletzt. Dass man da Mauern aufbaut, ist eine ganz normale Reaktion. Immerhin möchte man nicht verletzt werden. Schau nur, dass Du nicht auch die Menschen aussperrst, die Dir helfen wollen.

Wenn Du jemanden hast, mit dem Du reden kannst, ist das toll. Ansonsten sind wie gesagt noch die Sozialpädagogen in der Schule für Dich da. Die haben eine Schweigepflicht, niemand erfährt davon.

Falls Du einfach mal jemanden zum Schreiben brauchst, komm gern auf mich zu. Ich hab Jahre langes Mobbing auch durch.

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Narzissmus und Psychopathie als Grundlagen von schwerem Mobbing Narzissmus

Eine wichtige Rolle bei allen schweren und hartnäckigen Fällen von Mobbing spielt psychologisch der Narzissmus. Doch was ist dieser Narzissmus, der vom Laien gerne mit Eitelkeit verwechselt wird, eigentlich? Das Wort leitet sich ab von Narziss, dem schönen Sohn eines Flussgottes und einer Wassernymphe in der griechischen Mythologie. Narziss wies die Liebe anderer zurück und verliebte sich in sein eigenes Spiegelbild. Obwohl er die Unerfüllbarkeit dieser Liebe erkannte, verzehrte er sich bis zu seinem Tod nach seinem Ebenbild, konnte sich von dieser Sehnsucht nie befreien.

Trotzdem ist der Narzissmus psychologisch an und für sich ein wertneutraler Begriff. Es gibt den gesunden Narzissmus des Kleinkindes, das immer mehr seine Umwelt und seine zunehmenden Fähigkeiten entdeckt und darauf stolz ist – ein Motor für seine weitere Entwicklung. Es gibt die Schönheitskönigin, die sich freut, Erste geworden zu sein. Jemand Anderer freut sich über einen beruflichen Erfolg oder eine Fussballmannschaft freut sich über ihren Sieg.

Ein positiv gelebter Narzissmus ist jedoch auch an eine einigermassen normale Entwicklung des Selbstwertgefühls geknüpft. Und hier gelangen wir zum krankhaften Narzissmus, einer Persönlichkeitsstörung, die häufig bei Mobbing-Tätern beobachtet werden kann. Wenn nicht eine ernsthaftere genetische Störung vorhanden ist – dazu kommen wir bei der Psychopathie – reagiert ein Kleinkind auf die Liebe der Eltern, die die Basis für seine Selbstliebe bildet. Wird dieser Prozess gestört, kann es zu einer schweren „narzisstischen Kränkung“ kommen, wo es den Betreffenden nie gelingt, ein annähernd intaktes Selbstwertgefühl auszubilden. Das kann verheerende Folgen auch für ihre Mitwelt haben.

In seinem Buch „die Narzissmusfalle“ nennt der österreichische Psychiatrieprofessor und Gerichtsgutachter Reinhard Haller die sogenannten 4 E:

  1. Extreme Egozentrik
  2. Sehr hohe Empfindlichkeit
  3. Mangelnde Empathie (Einfühlungsvermögen und Mitgefühl)
  4. Entwertung

Der 4. Punkt ist besonders wichtig für unser Thema: Die Entwertung anderer nennt man heute den bösartigen oder malignen Narzissmus und dies ist typisch für notorische Mobbing-Täter. Im Buch „Die Masken der Niedertracht“ von Marie-France Hirigoyen (französische Psychoanalytikerin) wird dasselbe Phänomen als „perverser Narzissmus“ bezeichnet. Bei der Entwertung geht es darum, dass eine Person sich künstlich erhöht, indem sie Andere erniedrigt. Tatsächlich ist es eine pervertierte Form des Narzissmus, etwa so, wie wenn z.B. eine Fussball-Mannschaft sich in erster Linie darüber freuen würde, dass die anderen verloren haben, anstatt sich über ihren eigenen Sieg zu freuen.