Bildinterpretation in Kunst?

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Wenn du eine Bildinterpretation vornehmen musst, solltest du auch geschichtliche Hintergründe miteinbeziehen. Stillleben entwickelten sich erst ab etwa 1600 zu einer anerkannten Kunstgattung und boten dem Künstler vorrangig die Möglichkeit, sich in dem Darstellen der Wirklichkeit zu üben. Zudem waren Stillleben beliebt um den "Vanitas"-Gedanken der Zeit zu verbildlichen. Dieser steht für Vergänglichkeit und ist in diesem Beispiel durch das Wurmloch im Apfel oder die welke Stelle im Blatt angedeutet.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Caravaggio - Früchtekorb

von Alexandra Tuschka

Fast scheint der überfüllte Früchtekorb von der Tischkante zu fallen! Diese markiert den unteren Bildrand und zieht sich über die gesamte untere Bildfläche. Diese ungewöhnliche perspektivische Besonderheit führt zu einer Monumentalisierung des Dargestellten.

Das Gemälde stellt eines der ersten autonomen Stillleben dar und wurde von Caravaggio in seinen frühen Jahren in Rom für den Kardinal del Monte geschaffen. Noch ist nichts von dem starken Hell-Dunkel-Kontrasten zu sehen, für die der Künstler so berühmt werden sollte. Stattdessen leitet der unaufgeregte, gelbe Hintergrund den Betrachterblick direkt zu dem mittig positionierten Stillleben .

Um 1600 konnte sich das Stillleben langsam als eigenständige Bildgattung entwickeln. Zum einen gab es einen Markt für diese Bildmotive, da der Bildtypus des kleinen Sammler- oder Galeriebildes aufkam, zum anderen konnte sich ein Künstler damit als besonders fähig der Wiedergabe von Stofflichkeiten und verschiedenen Materialien auszeichnen: hier ist zum Beispiel im Apfel vorn ein Wurmstich deutlich zu erkennen; auch das Flechtwerk des Korbes verrät einen außerordentlichen, realistischen Blick.

 

Siehe im Übrigen weiter Wikipedia (beschreibender Verfasser unbekannt):

Viele Kunsthistoriker sehen in Caravaggios berühmtem Früchtekorb aus der Mailänder Pinacoteca Ambrosiana das erste selbstständige italienische Stillleben (um 1595). Auf jeden Fall gilt es als eines der frühesten überhaupt; darüber hinaus ist es das einzige erhaltene autonome Stillleben von Caravaggio und das kleinste Bild, das er je gemalt hat.

Dargestellt ist auf einem Querformat (47 x 61 cm) ein von Früchten und Blättern überquellender Weidenkorb, der nur wenige Zentimeter über dem unteren Bildrand auf einer nicht näher bezeichneten, bräunlichen Tischplatte oder einem Regalbrett steht. Der Korb reicht minimal in den Raum des Betrachters hinein, sodass sich auf dem braunen Brett ein kleiner Schatten bildet.

Der hell leuchtende Hintergrund, vor dem Caravaggio seinen Früchtekorb platziert, ist völlig unbestimmt: Handelt es sich um eine gekalkte Wand? Die räumliche Beziehung von Vorder- und Hintergrund bleibt unklar – ein Tiefenraum wird nicht angedeutet, in den der Früchtekorb entsprechend der Darstellungslogik hineingestellt sein müsste. Durch die optische Absperrung nach hinten ist es eigentlich nicht möglich, den Früchtekorb im Bildraum zu lokalisieren, weswegen er als Trompe-l’œil „im Realraum des Betrachters erscheint“ (Kroschewski 2002, S. 129). Raum wird in Caravaggios Stillleben fast ausschließlich im Volumen der Früchte sichtbar.

Der Maler lässt in seiner Komposition nahezu die gesamte obere Bildhälfte frei. Die Früchte, in verblüffender Präzision wiedergegeben, sind in Lagen aufgebaut: Eine Quitte, tief dunkle Trauben und die beiden Feigen rechts bilden zusammen die untere Ebene, da sie annähernd die gleiche Höhe erreichen. Die obere Lage besteht aus den beiden braunen, geplatzten Feigen, der Birne und den roten Trauben rechts. Als Bekrönung dient eine reife Aprikose.

Dieser Aufbau wird auf der linken Seite durchbrochen und auf der rechten Seite überdeckt: Die über den linken Korbrand quellenden weißen Trauben liegen für das untere Register zu tief; der Apfel darüber vermittelt zwischen der ersten und der zweiten Ebene, was ebenso für die dunkelgelben Weintrauben im Verhältnis zur bekrönenden Aprikose gilt. Auf der rechten Seite verdeckt ein großes Weinblatt teilweise die Birne und die roten Trauben. Über den Korbrand hinaus kragt rechts noch ein welkes, zusammengerolltes Feigenblatt; es folgen noch zwei zerzauste Weinblätter, deren Zweig von rechts außen her ins Bild hineinragt. „Sie sind als Silhouetten angelegt und tragen zu dem asymmetrischen Erscheinungsbild des ganzen Stillebens bei, indem sie mit ihrer Dunkelheit einen starken Akzent zum rechten Bildrand hin setzen“ (Raabe 1996, S. 48). Auf dem Weinblatt rechts der Aprikose, aber auch zwischen den Äderungen zahlreicher anderer Blätter und auf den Oberflächen weiterer Früchte befinden sich Tautropfen. Sie sind leicht zu übersehen, da sie den Glanzlichtern auf den Früchten ähnlich sind.

Alles Obst ist so detailliert wiedergegeben, dass es sich in erkennbar unterschiedlichen Reifegraden befindet und verschiedene Stadien der Fäunis und des Verdorrens repräsentiert. Einige Weintrauben nehmen bereits eine dunklere Farbe an; wir sehen welke Blätter, erkennen, wie sie vom Rand her vertrocknen; wir entdecken die beginnenden Fäulnisflecken auf dem Apfel. Vor dem Bild verharrend, entsteht der Eindruck, als würden immer mehr braune und dunkle Stellen hinzukommen, ganz so, als wäre der Fäulnisprozess in vollem Gange. „Es ist Teil unserer Betrachter-Aufgabe, diesen Prozess weiterzudenken und zu antizipieren“ (Müller 2020, S. 14). Trotz vermeintlicher Ereignislosigkeit zeigt Caravaggios Bild also vergehende Zeit. Sein Bild „inszeniert Verzeitlichung und beschleunigt Zeit, als sollten die Früchte und Blätter vor unseren Augen verfaulen und vertrocknen wie in einem Zeitraffer“ (Müller 2020, S. 14). Und der Betrachter soll erkennen, dass nicht nur die verwelkenden Blätter und das vergehende Obst dem Gesetz der nie stillstehenden Zeit unterliegen – sondern auch wir. Und das bedeutet: Wir haben ein Vanitas-Stillleben vor uns.

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