Azeotrop?

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Von Experte Picus48 bestätigt

Unter Normalbedingungen ist Wasser flüssig, weil die Atmosphäre auf das Wasser drückt und die einzelnen Moleküle so innerhalb der flüssigen Phase hält. Übersteigt der Sättigungsdampfdruck von Wasser, d.h. jener Druck bei dem flüssiges Wasser mit Wasserdampf im Gleichgewicht steht, den Umgebungsdruck, dann siedet das Wasser. Das Wassermolekül muss dabei u.a. gegen den Umgebungsdruck angehen, es muss sich aber auch von benachbarten Wassermolekülen lösen, da zwischen den Molekülen anziehende Wechselwirkungen bestehen. In einer Mischung von Wasser mit einem anderen Stoff entspricht der Partialdruck von Wasser in der Dampfphase nun unter Umständen nicht mehr dem Sättigungsdampfdruck von reinem Wasser. In einer Mischung von Ethanol und Wasser besteht z. B. zwischen einem Ethanol- und einem Wassermolekül eine schwächere Anziehung, als zwischen 2 Ethanolmolekülen oder zwischen 2 Wassermolekülen. Das führt dann dazu, dass der Partialdampfdruck des verunreinigten Wasser den idealen Sättigungsdampfdruck reinen Wassers übersteigt, anschaulich formuliert: Wasser gelangt leichter in die Dampfphase. Dies führt zu einer Siedepunkterniedrigung. Selbiges gilt dann natürlich auch für Ethanol: Bereits geringe Mengen an Wasser im Ethanol lassen den Siedepunkt sinken.

In der nachfolgenden Abbildung gibt die blaue Kurve die Zusammensetzung des flüssigen Ethanol-Wasser-Gemisches als Massenbruch bei einer bestimmten Temperatur an (Bildquelle: Link).

Bild zum Beitrag

Sie können hier gut erkennen, dass sowohl die Zugabe von wenig Ethanol in Wasser den Siedepunkt deutlich von 100°C absinken lässt, als auch die Zugabe von wenig Wasser in Ethanol deutlich von 78,5°C. Die rosafarbene Kurve gibt nun die Zusammensetzung der Dampfphase bei einer gegebenen Temperatur an, wobei sie deutlich von der blauen Kurve abweicht. Das liegt daran, dass der Dampf des Ethanol-Wasser-Gemisches nicht notwendigerweise die gleiche Zusammensetzung wie die flüssige Phase haben muss. Bei einer Zusammensetzung von C1 mag der Siedepunkt etwa 90°C betragen. Kommt es zum Phasenübergang, dann weist der Dampf nun aber eine Zusammensetzung von C2 auf, d.h. im Dampf ist ein größerer Anteil an Ethanol enthalten, was nun einfach daran liegt, dass Ethanol im Vergleich zu Wasser bei einer merklich niedrigeren Temperatur siedet. Kondensiert man diesen Dampf, weist die Flüssigkeit eine Zusammensetzung von C2 auf. Lässt man diese aber erneut sieden, dann weist der Dampf diesmal eine Zusammensetzung von C3 auf! Und so weiter. Nach mehrmaligen Wiederholungen wird schließlich ein Punkt erreicht, an dem die flüssige Phase die gleiche Zusammensetzung besitzt wie die Dampfphase. Dieses Gemisch bezeichnet man als Azeotrop. Durch wiederholtes Erhitzen des Gemisches auf einen Wert von unter 100°C bis zum Sieden, Verwerfen des wässrigen Rückstands, Kondensieren des Dampfes usw. lässt sich sukzessive der Ethanolanteil erhöhen, allerdings nur bis zum azeotropen Punkt. Weiter geht's mit einer Destillation nicht...

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium
 - (Chemie, organische Chemie, Produktion)

Totenprinz hat es eh schon erklärt, hier mal als Beispiel ein Gemisch aus 50% Ethanol und 50% Wasser. Das kann man wie z.B. beim Schnapsbrennen destillieren, indem man es auf den Siedepunkt von reinem Ethanol (ca. 78,4°C) bringt. Sieden und somit verdampfen tut dann größtenteils Ethanol und man kann es an einer anderen Stelle wieder kondensieren, somit hat man eine Mischung mit mehr Ethanolanteil.

Je öfter man das macht, desto höher wird der Ethanolgehalt. Allerdings ist bei einer Ethanolkonzentration von ca. 95,6% Schluss, weil sich dann ein Azetrop bildet: Diese Mischung hat eine konstanten Siedepunkt von 78,2°C. Da siedet dann nicht nur Ethanol, sondern Ethanol und Wasser zusammen. Durch Destillation kann man die Konzentration deshalb nicht mehr erhöhen.