Könnte ich von dem ausgestorbenen Adelsgeschlecht abstammen?

4 Antworten

Wenn das Adelsgeschlecht einem Ort/Dorf seinen Namen gegeben hat, wird es wahrscheinlich so sein, dass einer deiner Vorfahren aus diesem Ort stammt, dann in einen anderen Ort gezogen ist und von den dortigen Bewohnern einen Namen nach seinem Herkunftsort erhielt. Diese Art der Namensgebung für "Zugereiste" war nicht unüblich.

MfG

Arnold


Hegemon  24.10.2015, 22:16

"Wenn das Adelsgeschlecht einem Ort/Dorf seinen Namen gegeben hat,"

Das interessiert mich jetzt aber. Sind solche Fälle tatsächlich überliefert? Soweit mir bekannt, haben Adlige immer den Namen des Ortes übernommen, den sie Lehen und Stammsitz hatten, und nicht umgekehrt. Daher auch das Wort "von". Wenn sie einen anderen Sitz als Lehen erhielten und zu ihrem Wohnsitz machten, haben sie ihren Familiennamen entsprechend geändert.

In welchem Fall ist das andersherum gewesen?


ArnoldBentheim  25.10.2015, 13:51
@Hegemon

Lehen, gerade die für Ministeriale oder einfache Ritterbürtige, beinhalteten nicht immer einen "Ort/Dorf". Die Benennung der Beliehenen nach einem (befestigten) Sitz oder Herrenhof kam i. d. R. vor, zumal wenn das Lehen erblich wurde, aber selbst dann gab es Ausnahmen, z. B. wenn eine bedeutendere Familie etwa durch Erbfolgen mehrere Lehen hatte: bildete sich auf einem solchen Lehen eine Seitenlinie, dann wurde an den Familiennamen der Name des Lehens zusätzlich angehangen.

Dass sich aus einem kleinen Weiler um oder in der Nähe des (befestigten) Sitzes/Herrenhofes im Laufe der Zeit ein richtiges Dorf oder sogar ein größerer Ort entwickelte, kam recht häufig vor. Dieser Ort wurde dann - und nun kann man Haarspalterei betreiben - eben nach dem belehnten Adelsgeschlecht oder seinem befestigten Sitz benannt.

Noch eine Bemerkung: Man muss, wenn man historische Benennungen beurteilt, immer die Zeitstellung berücksichtigen. Etliche Namen von Örtlichkeiten oder auch Siedlungsplätzen haben ihren Ursprung noch in spätrömischer oder in frühmittelalterlicher Zeit. Darunter gibt es solche, die auf Personennamen beruhen, was darauf hindeutet, dass der Ort von einer gesellschaftlich herausgehobenen Persönlichkeit, einem Adligen, in Besitz genommen, bewohnt und kultiviert worden ist. Manche dieser Familien haben einen solchen Besitz sei es durch agnatische oder kognatische Vererbung lange Jahrhunderte in Besitz gehabt. Viele Lehen gerade im Hochmittelalter sind dadurch entstanden, dass kleinere Adelsfamilien sich in den Schutz mächtigerer Adelsfamilien begaben.

Hegemon  25.10.2015, 16:22
@ArnoldBentheim

"Der Adelsname war ursprünglich eine Herkunftsbezeichnung, bezogen auf den Familienstammsitz. Bei Orts- oder Besitzwechsel wechselte man seinerzeit auch den Namen – so wurden aus Grafen von Arnstein die Grafen von Barby, als diese die Herrschaft über die Burg Barby übernahmen. Manchmal hängte man den neuen Besitz auch als zusätzlichen Namensbestandteil an („von“ Stein „zum“ Altenstein). Erst im Laufe der frühen Neuzeit, parallel zur Entstehung moderner Familiennamen wurde das „von“ zu einem vom Besitz unabhängigen, während das „zu“ ein vom Besitz abhängiges Adelsprädikat blieb."

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Adel

Hegemon  25.10.2015, 17:00
@ArnoldBentheim

Zitat:

"Wenn das Adelsgeschlecht einem Ort/Dorf seinen Namen gegeben hat,"

ArnoldBentheim  25.10.2015, 17:06
@Hegemon

1. "Herkunftsbezeichnung, bezogen auf den Familienstammsitz": Und woher stammt der Name eines Familienstammsitzes, zumal wenn er alter Familienbesitz und kein oder erst später Lehen war? Wiki ist hier sehr ungenau! Aufgrund fehlender Überlieferung kann grundsätzlich nicht immer entschieden werden, wie die Namensgebung genau abgelaufen ist.

Apropos Wiki: "Ortsnamen können verschiedenste Ursprünge haben:      Herrschaftliche Namen: diese Art rührt von ehemaligen Besitztümern von adeligen oder kirchlichen Grundbesitzern her."


https://de.wikipedia.org/wiki/Ortsname

2. "Manchmal hängte man den neuen Besitz auch als zusätzlichen Namensbestandteil an": Ich hatte geschrieben: " (...) wenn eine bedeutendere Familie etwa durch Erbfolgen mehrere Lehen hatte: bildete sich auf einem solchen Lehen eine Seitenlinie, dann wurde an den Familiennamen der Name des Lehens zusätzlich angehangen." Wo siehst du einen wesentlichen Unterschied zwischen Wiki und meiner Ausführung?

Hegemon  25.10.2015, 18:16
@ArnoldBentheim

"Und woher stammt der Name eines Familienstammsitzes, zumal wenn er alter Familienbesitz und kein oder erst später Lehen war?"

Das Lehenswesen ist hierzulande deutlich älter als die Familiennamen. Familiennamen kamen beim Adel erst auf, nachdem Konrad II 1037 mit der Constitutio de feudis die Erblichkeit des Lehens einführte. Sie hatten den Zweck, diese Erbansprüche kenntlich zu machen und zu sichern. Vorher verwendete man nur Vornamen. Es wird auch regelmäßig unmöglich sein, bei den Stammvätern von Adelsgeschlechtern eine zeitgenössische Zuweisung dieser Familiennamen nachzuweisen. Diese Zuordnung erfolgte immer erst im Nachhinein - mehrere Jahrhunderte später.

"Apropos Wiki: "Ortsnamen können verschiedenste Ursprünge haben: Herrschaftliche Namen: diese Art rührt von ehemaligen Besitztümern von adeligen oder kirchlichen Grundbesitzern her." "

Dieser Wikipedia-Abschnitt bezieht sich auf die Zeit der Völkerwanderung. In diesem Kontext gab es aber noch keinen Adel. Adel wurde erst mit der Staatenbildung erforderlich. Insofern hast Du Recht: die Wikipedia ist - insbesondere bei politischen und geschichtlichen Themen - z.T. sehr unzuverlässig und ausgesprochen wirr.

"Wo siehst du einen wesentlichen Unterschied zwischen Wiki und meiner Ausführung?"

Ich sehe da keinen Unterschied. Beide Formulierungen stützen die Feststellung, daß sich der Adel nach seinen Lehen benannte. Insofern sind wir d'accord. Ich sehe nur die Behauptung kritisch, wonach Ortschaften nach Adelsfamilien benannt worden seien. Mir fehlt dafür auch nach wie vor noch ein valider Beleg.

Die Wahrscheinlichkeit hängt ganz vom Nachnamen ab. Würdest du jetzt Müller, oder Becker heißen, wäre es schon recht wahrscheinlich, dass es bloß ein Zufall ist.

Adelsgeschlechter sterben aus, indem die Nachkommen einfach keine Kinder mehr kriegen, oder einen anderen Nachnamen annehmen.


NoahNoah50 
Beitragsersteller
 24.10.2015, 19:34

Naja, der Name ist eher selten.. Vielen Dank für die Antwort :)

Es gibt zwei Sachen zu Beachten!

1. Es kann sein, dass dieses Adelsgeschlecht einen Ort seinen Namen entlehnt hat.

2. Es gab eine Zeitperiode, in dem Findelkinder einen Nachnamen erhalten haben, benannt nach der Stadt/Ort/Gau an dem diese Gefunden wurden. 


NoahNoah50 
Beitragsersteller
 24.10.2015, 19:34

Vielen Dank 

Hahaha😂 Wenn das bloß so einfach wäre...
Es gibt so viele Familien, die den gleichen Nachnamen tragen, aber in keiner Weise miteinander verwandt sind!


Phagel  28.10.2015, 09:02

Klar, aber der Verwandtschaftsgrad ist doch so verschwindend gering, dass es lächerlich wäre nun zu behaupten, dass man mit den Bismarcks verwandt wäre...😉

AARONner  27.10.2015, 13:02

Doch eigentlich sind alle unter einander Verwant, vor 6000 Jahren hatte Deutschland erst 5 Millionen einwohner, wie steigt die Zahl der Bürger? Also...