An Lehrer fragen zum Lehrerberuf

6 Antworten

Als ehemaliger Schulleiter einer Grundschule mit 40 Jahren Berufserfahrung kann ich nur sagen: Ich wurde als Haupt- und Realschullehrer ausgebildet, bin aber "aus Versehen" in einer Grundschule gelandet und mit Herz und Seele Grundschullehrer geworden. Ich würde das jederzeit wieder machen. Es war für mich erfüllend, "meine" Kinder in die Klasse 1 zu bekommen, sie nach meinem Wunsch zu formen und sie dann "fertig" in der Klasse 4 in die weiterführenden Schulen zu entlassen. In der Klasse vor den Schülern muss allerdings vom ersten Tag an klar sein, wer der "Herr im Ring" ist. Also vom ersten Tag an Respekt einflößen und nichts durchgehen lassen. Eltern und Kinder müssen wissen, woran sie sind. Was sich allerdings in den letzten 20 Jahren entwickelt hat, ist die steigende Anzahl Kinder mit ADHS, gar nicht erzogene Kinder und ihre nicht erzogenen Eltern. Da ist unbedingt zu raten, dass man auch sonderpädagogisch ausgebildet wird. Unterrichtsvorbereitung bis nachts: Nein, bei mir nie, obwohl ich öfters abends gearbeitet habe. Ich hatte immer genügend Freizeit. Wer seine Vorbereitungen immer wieder umwirft, der sitzt lange dran, aber da weiß ich auch nicht, ob er letztlich geeignet ist.


Einstein94 
Beitragsersteller
 01.02.2014, 14:12

Danke

Ja das mit den ADHS Kindern oder Kindern mit starken Verhaltensauffälligkeiten ist mir auch aufgefallen waren es bei mir in der Grundschule vllt. 2 so sind es heute min 6 in einer Klasse die man "bändigen" muss. Gegen Abends arbeiten habe ich überhaupt nichts habe das im Abi auch bis 21 Uhr gemacht und dann die Dinge Konsequent beiseite gelegt. Das mit den "Herr im Ring" ist so ne Sache manchmal klappt es manchmal nicht. Habe schon viele Bücher gelesen aber trotzdem oft noch starke Probleme gerade in einer bestimmten Klasse meine Autorität durchzusetzen. Am Donnerstag bekomme ich 2 neue Kurse und hoffe das ich noch was brauchbares finde damit vom Anfang an klar ist wer das sagen hat.

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Gernspieler  01.02.2014, 15:03
@Einstein94

Von Anfang an darf man ich bestimmten Klassen keinen Zweifel aufkommen lassen, wer das Sagen hat. Also, man muss autoritär auftreten, sonst hat man verloren!

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Auch wenn das deutsche Schulsystem ein starkes Beharrungsvermögen hat und gern an alten Zöpfen festhält, glaube ich, dass Du an ganz anderen Schulen arbeiten würdest, wärest Du zukünftig ein Lehrer. Vielleicht hast Du Lust mal in folgendes Video hineinzuschauen. Ab Minute 16:40 erfährst Du etwas darüber, wie Schulen in der Zukunft nicht mehr sein werden. Es sind nur 16 oder 17 Minuten, die Du schauen musst. Du erfährst, dass es solchen Menschen wie Gernspieler nicht mehr lange an Schulen geben wird. Menschen die ihre Autorität über Macht definieren. Wenn Du so einer werden willst, hast Du schlechte Karten. Ich stimme nicht mit allem überein, was der Referent sagt, aber im wesentlichen stimme ich ihm zu. Ob in der anschließenden Diskussion noch der eine oder andere erhellende Gedanke auftaucht, kann ich nicht sagen. Die habe ich mir noch nicht angehört.

Kennst Du den Unterschied zwischen (Be)Lehrern und Gelehrten? Gelehrte gibt es an unseren derzeitigen Schulen nur sehr, sehr selten. Sie haben gar keine Chance. Ich verwende gern folgendes Bild um den Unterschied zu erklären: Pflanzen wachsen dort, wo die Bedingungen für sie an besten sind. Man muss sich keine Gedanken um sie machen. Eine Blume, die viel Sonne braucht, kommt nicht auf die Idee im Schatten eines Hochhauses zu wachsen. Es gibt Pflanzen, die wachsen hervorragend in der Wüste; viel Sonne, wenig Wasser (Kakteen). Andere stehen den ganzen Tag im Wasser (Seerosen). Manche Menschen (Lehrer) bekommen die Aufgabe, eine kleine Pflanze (Schüler) auf einen Balkon (Klassenzimmer) zu stellen und dafür zu sorgen, dass sie wächst. Jetzt passen die Bedingungen auf dem Balkon aber nicht zu der Pflanze. Die Pflanze braucht Sonne, der Balkon geht aber nach Norden raus. Die Pflanze braucht viel Platz, wird aber in einem viel zu kleinen Topf mit viel zu wenig Erde gepflanzt. Sie wird an einem Stock festgebunden, damit sie in eine bestimmte Richtung wächst. Man kann sich vorstellen, wie es der Pflanze geht und was aus ihr wird.

Ein Gelehrter macht es ganz anders. Er lässt sich nicht vorschreiben, wie und wo er eine Pflanze zu züchten hat. Er geht von der Pflanze aus. Sie bestimmt, wo und wie sie wächst und was aus ihr wird. Wenn er sie also züchten will, schafft er Bedingungen, in denen sich die Pflanze wohlfühlt; dann muss er nämlich gar nicht viel tun. Sie wächst von allein. Er muss nur alles von der Pflanze fern halten, was ihr schadet. Ein Gelehrter weiß, was für die Pflanze gut ist.

Gernspieler würde nie auf solche Gedanken kommen. Er will Schüler (nach seinem Bilde) formen. Mir wird ganz übel, wenn ich das lese. Das ist die Schule des 19. Jahrhunderts.

Hier findest Du jemanden, den ich als Gelehrten bezeichnen würde. Einen, der sich in seiner langen Schullaufbahn nicht hat verbiegen lassen, obwohl ihm von seinen Vorgesetzten viele Steine in den Weg gelegt wurden.

www.rolf-robischon.de/

Gruß Matti

Es stimmt, dass es Lehrer gibt, die regelmäßig bis 1 Uhr Nacht ihre Stunden vorbereiten. Und es stimmt auch, dass der Beruf in der Schule für viele sehr belastend ist. Allerdings sind auch andere akademischen Berufe sehr belastend und haben meist keine geregelten Arbeitszeiten.

Letztendlich ist aber auch der Lehrerberuf das, was du daraus machst. Wenn du Probleme hast, vor Leuten zu reden und es dir schwer fällt, dich gegenüber einem "pubertierenden Haufen" durchzusetzen, wenn du vielleicht generell schnell an dir selbst zweifelst und alles in Frage stellst, dann wird der Unterricht psychisch sehr belastend. Aber das ist vor allem eine Typ-Sache. Es gehört jedenfalls eine Menge Energie dazu, dich so zu verhalten, dass dich die Schüler akzeptieren und du normalen Unterricht machen kannst. Aber natürlich ist das möglich - und macht dann auch wirklich Spaß! Du solltest dazu aber nicht der Introvertierteste sein.

Und zu den Arbeitszeiten: Leider muss viel vorbereitet werden und es gibt immer wieder eine Menge zu korrigieren (ist aber auch sehr vom Fach abhängig). Man muss einen Weg finden, sich die Arbeit einzuteilen und eben auch damit aufzuhören. Es kann nicht jede Stunde perfekt vorbereitet sein, da man sich sonst kaputt arbeitet. Aber natürlich ist es nicht einfach, zu sagen, ich lass es, obwohl man weiß, dass man es mit 1-2 Stunden mehr Vorbereitung deutlich besser machen kann. Auch das ist eine Typ-Sache. Perfektionist solltest du nicht sein.

Außerdem wird dir Arbeit mit der Zeit weniger, da du ja immer mehr auf alte Vorbereitungen zurückgreifen kannst. In den ersten Jahren wirst du nicht darum herum kommen, viele Wochenenden und Nächte zu opfern. Geht leider nicht anders. Dafür gibt es aber dann immer auch ruhigere Zeiten oder eben die Ferien, die zwar nicht immer ganz arbeitsfrei sind, aber doch oft, besonders die Sommerferien. Mit der Zeit wird es also insgesamt immer weniger Arbeit.

Auch wenn es sich eingependelt hat, wird sich deine Arbeitszeit von anderen Berufen unterscheiden: Punktuell musst du auch dann noch mal ein Wochenende durcharbeiten (v.a. Korrektur!) oder bis in die Nacht hinein arbeiten, dafür gibt es wieder Zeiten, wo du nicht nur die Wochenenden, sondern auch ganze Nachmittage frei hast und auch die Ferien weitgehend arbeitsfrei halten kannst.


Einstein94 
Beitragsersteller
 01.02.2014, 14:07

Danke für die super ausführliche Antwort. Ich bin etwas perfektionistisch aber habe da schon abgebaut. Meine Fächer wären Bio und Geschichte bzw. Mathe ich denke das aufwändigste Fach ist Geschichte in der Korrektur. Durchsetzten kann ich mich schon, kommt nur auf die Klasse an. Wenn sich 30 Schüler komplett gegen mich stellen finde ich keinen Weg durch zu kommen habe das bereits bei einer Klasse bei allen anderen läuft es mehr oder weniger gut, habe aber auch noch keine Ausbildung oder ähnliches in der Tasche halt nur mein Abi.

Deine Antwort hat mir wieder etwas Mut gemacht, dass es auch Phasen der Erholung gibt.

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Trevrizent  01.02.2014, 15:47
@Einstein94

Phasen der Erholung gibt es! Und das sage ich, der ich unter anderem Deutsch habe ;-)

Dass man mit Klassen gar nicht zurecht kommt, gibt es. Meist liegt das aber daran, dass man in den ersten Stunden zu locker aufgetreten ist. Dann ist es sehr schwer, wieder umzuschwenken.

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Einstein94 
Beitragsersteller
 02.02.2014, 19:46
@Trevrizent

Genau das war mein Problem, es war die erste Stunde die ich hatte in dieser Klasse und hatte eine völlig falsche Vorstellung von 1.Klassen. Ich dachte die werden schon hören da sie ja noch klein sind und eigentlich noch folgsam sein sollten aber Pustekuchen die haben ihren eigenen Kopf und merken sofort wenn jmd. unsicher wird und das war ich.

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Ich glaube für den Lehrerberuf muss man heute eine Menge Idealismus mitbringen
und der wird einem heute dann auch ganz schnell zerstört.

Im Nachhinein bin ich froh, dass ich doch nicht Lehrerin geworden bin, wie es eigentlich mein Traumberuf war.

Zumindest an einer öffentlichen Schule würde ich heute kein/e Lehrer/in mehr sein/werden wollen.

AstridDerPu

Meine Tante ist Lehrerin auf dem Gymnasium und sie liebt ihren Beruf. Ich hab auch nicht den Eindruck, dass sie keine Freizeit hätte. Sie ist in einer Künstlergruppe , malt viel, spielt und bastelt mit ihren Kindern... So schlimm scheint es also nicht zu sein. ;-)