Wie fange ich am besten eine Ahnenforschung an?

6 Antworten

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1.Phase: Alles suchen

Geh los und such alles zusammen, was Dir bei Deiner Forschung helfen kann: Alte Urkunden, Postkarten, Fotos, Verträge, Testamente, Briefe,Zeugnisse usw., geh auf den Dachboden, in den Keller, in den Schuppen.

2.Phase: Alles aufschreiben

Nimm Dir zwei A-4-Blätter.

Das erste legst Du waagerecht vor Dich hin und schreibst unten Deinen vollständigen Namen (sämtliche Vornamen) sowie wann und wo Du geboren und wann und wo Du getauft bist. Darüber schreibst Du auf der einen Seite die Daten Deiner Mutter: Wann und wo geboren, wann und wo getauft, wann und wo geheiratet, wann und wo gestorben, wann und wo beerdigt; auf der anderen Seite über Deinem Namen notierst Du ebenso die Daten Deines Vaters. Nun schreibst Du über den Daten Deiner Mutter die Deiner Großeltern mütterlicherseits usf. so weit wie Du kommst. Ich schreibe gern auch noch die andern Kinder der Leute dazu (also z.B. unter meine Großeltern väterlicherseits neben meinen Vater noch seine Geschwister), aber das ist natürlich weniger Ahnenforschung und mehr Familienforschung. Interessant finde ich es trotzdem (und manchmal auch hilfreich, falls man auf direktem Wege nicht weiterkommt).

Auf das andere A-4-Blatt schreibst Du in Prosa alles, was Dir sonst noch zum Thema einfällt, aber nicht in Deine systematische Übersicht passt: "Opa erzählte, er sei im 1. Weltkrieg im Lazarett gewesen (gibt es darüber Unterlagen? Wo?)." usw.

Schreibe alles auf. Das mag Dir jetzt noch überflüssig erscheinen, aber glaube mir, es wird sehr bald unübersichtlicher, und alles, was Du aufgeschrieben hast, kannst Du durch geduldige Suche wiederfinden - was Du vergessen hast, ist weg. (Deine 2 Blätter werden nicht lange reichen. ;-))

3.Phase: Alle fragen

Eltern, Großeltern, Onkel, Tanten, Geschwister, Cousins und -sinen, Freunde oder Nachbarn oder Mitschüler oder Arbeitskollegen Deiner Eltern, alte Ärzte, Lehrer, Pfarrer, Anwälte. Frag sie schnell. Je älter sie sind, um so mehr können sie Dir erzählen, aber um so wahrscheinlicher ist es auch, daß sie Dir morgen gar nichts mehr sagen können. Diese Phase ist ganz anders als die anderen: Normalerweise bekommt man nur Daten, Zahlen, Orte. Aber wenn alte Leute erzählen, bekommt man Geschichten, das ist ganz wunderbar. Und man merkt hier sehr deutlich, daß die Menschen alles, was sie wussten, ihre ganze Welt und das was von ihren Mitmenschen noch in ihnen lebte, mit in den Tod nehmen. Deswegen mach schnell.

Falls Du eine ergiebige Quelle findest, zapfe sie mehrmals an. Frag, ob Du das Gespräch aufzeichnen darfst (es gibt ganz kleine mp3-Rekorder, die sind sehr praktisch dafür). Lass sie erstmal frei reden. Wenn ihnen nichts mehr einfällt, stell Deine Fragen. Zeig ihnen dann Deine Systematik und bitte um Ergänzungen und Korrekturen. Trag zu Hause alles neue in die Systematik ein und melde Dich dann nach ein oder zwei Wochen noch mal, zeige, was Du eingetragen hast und frage, ob das so stimmt.

Frag auch alle Deine Verwandten nach Unterlagen, Fotos etc. (siehe Phase 1).

4.Phase: Standesämter

Seit 1876 (in Preussen seit 1874) gibt es in ganz Deutschland Standesämter. Die Zuständigkeit richtet sich danach, wo jemand geboren wurde, geheiratet hat oder gestorben ist; wo man gemeldet ist, ist egal (Kirchenbücher dagegen richten sich nicht nach Geburt und Tod, sondern danach, wo man getauft und beerdigt wird).

Bitte jeweils um eine beglaubigte Kopie (Nicht Abschrift!) des Eintrags im Personenstandsregister inklusive evtl. Hinweise und Randvermerke (sonst decken die womöglich beim Kopieren die Ränder ab und Du bekommst eine jungfräulich aussehende Kopie mit blütenweißem Rand ohne die ganzen interessanten Informationen, die evtl. im Laufe der Jahre auf diesem Rand notiert wurden).

Besorg Dir erstmal eine Kopie Deines eigenen Eintrags im Geburtenregister und dann mach weiter mit Tod, Eheschließung und Geburt Deiner Eltern usw. so weit Du kommst.

5.Phase

Wenn Du dann weitermachen willst (Kirchenbücher, Mormonen, WASt usw.), frag noch mal nach.
Wenn Du hier oder in einem anderen Forum dazu Fragen stellst, stell sie möglichst konkret. Also nicht "Woher kommt mein Uropa?" sondern "Mein Großvater Fritz Müller hat am 1. April 1898 in Kleinkleckersdorf geheiratet. Lt. Eintrag im Eheregister des Standesamtes Kleckersdorf war er zu diesem Zeitpunkt 95 Jahre alt, evangelisch und Sohn des verwittweten einarmigen Karussellbremsers Franz Müller aus Großkleckersdorf. Wie kann ich herausfinden, wo Franz Müller geboren wurde?"
Eine gute und kostenlose Software zum Verwalten Deiner Daten kannst Du übrigens bei den Mormonen herunterladen: PAF (Personal Ancestral File) auf http://www.familysearch.org/eng/default.asp


BeHope  18.06.2019, 20:59

Wow, echt gut beraten ...

Canicula  16.09.2011, 18:23

Mit welchen Kosten muss man abPhase 4 rechnen? Ich weiß, dass häufig eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 10EUR fällig wird. Käme das bei jeder Auskunft des Standesamtes auf einen zu?

heffenberg  17.09.2011, 01:04
@Canicula

Ja. Die Gebühren unterscheiden sich je nach Standesamt (oder je nach Landkreis oder je nach Bundesland, keine Ahnung), aber inzwischen sind es wohl meistens 10.- pro Urkunde. Das macht bei 5 Urkunden (2 Geburten, eine Heirat, zwei Sterbefälle) 50 Euro pro Vorfahrenpaar:

50.- für die Eltern
+100.- für 2 Großelternpaare
+200.- für 4 Urgroßelternpaare
usw. bis 1874.

Dazu noch Porto und evtl. Extragebühren, wenn der Standeseamte suchen muss.

Hat aber den Vorteil, dass man seinen Hintern nicht vom Schreibtisch wegbewegen muss, weil man alles per Internet/Fax/Post machen kann.

Was man tatsächlich bezahlen muss, weiss man aber immer erst hinterher. Die weitaus meisten Standesbeamten sind sehr nette Menschen (ist ja auch ein schöner Beruf), die sich in ihrem Arbeitsgebiet sehr gut auskennen, aber auch dort gibt es natürlich Ausnahmen. Zwei Beispiele von entgegengesetzten Enden des Spektrums:

  1. Ein Standesbeamter ruft mich an: "Sie schreiben in Ihrem Fax, dass Sie das nur für private Ahnenforschung brauchen? Dann müssen die Urkunden doch gar nicht beglaubigt werden, oder? Reicht es Ihnen, wenn ich Ihnen die einfach so kopiere? - Was das kostet ... keine Ahnung ... Porto wird natürlich fällig ... wenn Sie 5 Euro in die Stadtkasse spenden, wäre das für Sie in Ordnung?"
    Dafür bekam ich mehrere wunderschöne A3(sic!)-Kopien von Urkunden aus dem 19. Jahrhundert, teilweise von Seitenlinien meiner Vorfahren (was damals aus Datenschutzgründen noch gar nicht erlaubt war: Bis vor einigen Jahren durfte man nur Informationen zu direkten Vorfahren einsehen aber keinesfalls z.B. den Tod des Bruders vom Ururgroßvater). Dieser Standesbeamte hat einen festen Platz in meinem Herzen und immer, wenn seitdem jemand einen Beamtenwitz erzählt, lache ich nur unter Vorbehalt - weil ich weiss, dass es mindestens einen Beamten gibt, der ganz anders ist als die in den Witzen.

  2. Die Standesbeamten einer Stadt im Land der Frühaufsteher (ich sag nicht welche, aber wenn Polizisten dort einen Betrunkenen an die Wand ketten und bei lebendigem Leib verbrennen, werden sie nicht bestraft) mochten weder meine mitgefaxte Einzugsermächtigung nutzen noch mochten sie mir eine Rechnung schreiben, statt dessen schickten sie die Urkunde per Nachnahme: 8 Euro für die Urkunde und dazu 11 Euro Porto. Die Post hat sich gefreut über so viel Dämlichkeit.

Ich empfehle Dir trotzdem: Mach das per Fax (E-mail gilt im Gegensatz zu Brief und Fax nicht als Dokument). Such Dir bei google das zuständige Standesamt raus und dann schick Deine Anfrage zusammen mit einer eingescannten Kopie Deines Personalausweises und einer formlosen Einzugsermächtigung per Fax ans Standesamt (ruf evtl. vorher an).

Ich bin übrigens begeistert: Seit Januar steht diese Antwort im Netz und nur knapp 8 Monate später stellt jemand eine intelligente, themenbezogene Rückfrage.
Canicula, Du hast mir den Glauben an die Menschheit wiedergegeben. ;-)

Ein eventueller Tipp: In der Zeit des sog. 3. Reiches (1933-1945) war es notwendig (z.B. bei der Verbeamtung, aber auch bei manchen Stellenbewerbungen), die "arische" = nichtjüdische Herkunft nachzuweisen. Vielleicht sind in Deiner Familie, beispielsweise von den Großeltern, Urkunden über solche Nachweise erhalten geblieben.

Es gibt da spezielle Seiten im Netz. Ist zwar kostenpflichtig, aber meistens auch von Erfolg gekrönt!


heffenberg  28.01.2011, 16:15

Woher sollte eine Seite im Netz mehr über GrinseKatze64s Ahnen wissen als GrinseKatze64 selbst?
Kostenpflichtige Seiten gibt es viele, aber wer hat da schon mal etwas über seine Vorfahren herausgefunden?