Ab wie viel Grad Minus entgleist ein Zug?

Das Ergebnis basiert auf 3 Abstimmungen

+10 Grad 67%
-50 Grad 33%
0 Grad 0%
-5 Grad 0%
-10 Grad 0%
-20 Grad 0%
-30 Grad 0%

7 Antworten

Wie kommst Du auf diese seltsame Fragestellung?

Für Zugentgleisungen gibt es zahllose Ursachen und Einflussgrößen. Niedrige Temperaturen gehören nicht dazu.

Damit ist die Frage eigentlich schon beantwortet, es sei denn, ich müsste hier in aller Bescheidenheit noch etwas ganz Unerwartetes dazu lernen. Für derartige Hilfestellungen wäre ich dankbar. Nun zur Sache.

In seltenen Grenzfällen kann zumindest eine außerplanmäßig hohe Temperatur der Schienen eine Rolle spielen. Die Schienentemperatur ist erst einmal deutlich zu unterscheiden von der aktuellen Lufttemperatur und der aktuellen Bodentemperatur. Beide können davon weit abweichen! Verkehrstechnisch bedrohlich kann die außerplanmäßig hohe Schienentemperatur werden v.a. durch eine lang anhaltende starke Sonneneinstrahlung in schattenfreien Regionen bei bereits hohen Boden- und Lufttemperaturen, geringer Windstärke und geringer Luftfeuchte.

Ich beschränke mich hier zur Vereinfachung auf die veraltete Gleistechnik mit den Wärmedehnungsfugen, wie es mir aus der Kindheit in Erinnerung ist, als man als Zugpassagier ein ständiges periodisches Klopfen am Boden hörte und spürte durch diese Fugen in den Gleisen.

Die Wärmedehnung der Fahrschienen würde ohne besondere Maßnahmen die Schienen derart aufstauen und slalomartig verbiegen, dass die Züge entgleisen könnten. Die klassische Vorsorgemaßnahme dazu ist die Einfügung von Dehnungsfugen in die Gleise, die deren Längendehnung aufnehmen.

Bei der Dimensionierung der Dehnungsfugen muss immer ein Kompromiss gefunden werden zwischen Fahrkomfort, Betriebssicherheit, zu erwartenden regionalen Temperaturdifferenzen in den Schienen und der Spurbreite. Das Bodenklopfen für die Fahrgäste soll gering gehalten werden, die Sicherheit muss gewährleistet sein, und die Fugen müssen lang genug sein für die geplante Temperaturdifferenz. Letztlich können bei hohen Schienentemperaturen auftretende kleine Verformungen der Schienen auch aufgefangen werden durch eine Vergrößerung der Spurbreite. Deshalb hat man beim Aufbau des europäischen Schienennetzes seinerzeit in zwei Ländern besonders große Spurbreiten eingeführt, abweichend von der Normalspur mit 1435 mm. Das Maß der Normalspur entstand in England weitgehend zufällig. Man übernahm einfach die bei der Bergwerkslogistik bewährte Spurbreite für hand- oder pferdebetriebene Schienenloren. Bei den herrschenden jahreszeitlich stark schwankenden Temperaturen in Spanien und Russland entschied man sich dort abweichend für eine Breitspur. Die erfordert beim Bau größere Kurvenradien. Bei kurvenreichen Bergbahnen dagegen bewähren sich Schmalspurbahnen.

Bei der Planung der Schienentrasse ist nun für die Dimensionierung der Dehnungsfuge nach Maßgabe von regionalem Klima und Spurbreite ein bestimmter Temperaturintervall vorzusehen. Wird nun außerplanmäßig die angenommene obere Temperatur einmal überschritten, dann verformen sich die Schienen zu Schlangenlinien.

Wird dagegen die planmäßige untere Temperatur unterschritten, dann verkürzen sich die Schienen stärker, die Dehnungsfugen überschreiten das geplante Maß. Dann werden die Passagiere eben etwas stärker durchgerüttelt als sonst. Das ist für die meisten Passagiere nur lästig, sofern die nicht gerade den akuten Bedarf haben für einen Nierensteinzertrümmerer. Doch dazu braucht man heute keine holprige Verkehrstrasse mehr wie zu Luthers Zeiten, den Medizintechnikern sei dafür gedankt.

Anmerkung zur Medizin- und Kulturgeschichte:

Als Martin Luther zum Wormser Reichstag anreiste ("Hier stehe ich und kann nicht anders, Gott helfe mir!"), bediente der sich noch nicht der Eisenbahn, sondern einer Pferdekutsche ohne pneumatische Stoßdämpfer und ohne Gummireifen auf holpriger Pflasterstraße. Luthers Vorführung in Worms zur religiösen Rechtfertigung scheiterte beinahe daran, dass er bei der Anreise von quälenden Nierensteinen geplagt war. Doch sein holpriges Verkehrsmittel erwies sich Gott sei Dank (!) bald als heilsamer Nierensteinzertrümmerer.


dompfeifer  14.09.2021, 15:02

Mittlerweile kam mir in den Sinn, dass Deine Frage vielleicht auch ganz anders gemeint sein könnte, als sie vermutlich bei den meisten Lesern angekommen ist.

Bei winterlichen Temperaturen können an den Gleisanlagen die Weichen vereisen. Das könnte tatsächlich ohne Enteisungsmaßnahmen zu Zugentgleisungen führen. Die vorsorglichen Maßnahmen führen gelegentlich zu Zugverspätungen. Entgleisungen durch Vereisung sind mir noch nicht bekannt geworden.

Aber auch das Ereignis der Weichenvereisung lässt sich keinesfalls einfach auf Temperaturen im Sinne der Wetterberichte zurückführen, wo ausschließlich Lufttemperaturen zur Sprache kommen. Die Einflussgrößen sind auch hier weitaus vielfältiger:

Zunächst muss als erste Grundvoraussetzung bei den Bauelementen der Weiche die Temperatur die Frostgrenze von 0°C unterschreiten. Das hängt vor allem von der Boden- und Lufttemperatur ab, den Wärmeleitfähigkeiten und den Wärmekapazitäten der Elemente, der Sonneneinstrahlung und vor allem der jeweiligen Zeitdauer von niedrigen Temperaturen und niedriger Sonneneinstrahlung.

Die zweite Grundvoraussetzung muss hinreichend gefrierbares Wasser vorliegen, das sich da etwas aufstaut bzw. durch Adhäsion anhaftet. Das kann die Folge von Regen oder Schneefall sein oder auch von Kondensation durch Frühnebel ("Morgentau"). In Einzelfällen kann auch einmal etwas Oberflächenwasser zufließen. Bei geeigneter Mischung all dieser Einflussgrößen kann es zur Vereisung der Weichen kommen. Entgleisungen als Folge werden in aller Regel technisch verhindert.

Wie Du siehst, lässt sich auch die Weichenvereisung keinesfalls einfach auf irgendeine Temperatur zurückführen, und schon gar nicht auf eine aktuelle Lufttemperatur, etwa in der Art:

Welche Temperatur herrscht genau in den Frostnächten, in denen immer weltweit alle Stechmücken-Puppen absterben?

Alles klar soweit, oder noch Fragen dazu?

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dompfeifer  14.09.2021, 15:44
@dompfeifer

Die Gleisweichenvereisung kann übrigens auch die Folge von zeitweilig zu hoher Temperatur sein! Bei höherer Temperatur kann an der Weiche z.B. Wasser zusammenlaufen aus der umgebenden Schneeschmelze, das bei der nachfolgenden Temperaturabsenkung vereist. Oder in der hoch verschneiten Weiche schmilzt der weiche, lockere Schnee und friert danach zu einem harten Eisklotz zusammen. Der könnte theoretisch schon einen schnellen Zug aus dem Gleis werfen.

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Doktorelektrik  14.09.2021, 19:18
@dompfeifer

Mhhhmm... nicht so ganz...

  1. Weichen werden seit > 100 Jahren überwacht, wenn sie nicht in (der richtigen) Endlage sind, kommt keine Fahrt zustande
  2. Kondensat gibt es immer - gerade an Metallen draußen.
  3. Für Verspätungen braucht die "moderne" Bahn keine Gründe - das war vielleicht früher mal so, dass Verspätungen auch einen nachvollziehbaren Anlass hatten (um das Wort "Grund" nicht weiter zu strapazieren!)

Alles Gute!

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dompfeifer  14.09.2021, 20:22
@Doktorelektrik

"Für Verspätungen braucht die "moderne" Bahn keine Gründe ...."

Man sollte ja immer am Ball sein, wenn ein neuer Zeitgeist um die Ecke klotzt. Der berüchtigte Oberchaot Hartmut Mehdorn hatte ja als Bahnchef nicht nur den neuen Berliner Hauptbahnhof vielseitig verstümmeln lassen. U.a. hat er dort die herannahende Trasse der neuen Nord-Süd-S-Bahn klammheimlich unterirdisch baugewaltig blockieren lassen. An der Betonblockade unter den Fundamenten der umgelegten Ost-West-Trasse wird seit Jahren gemeißelt. Daneben wächst ein "S-Bahn-Interimsbahnhof" heran. Im Bahnhofsgebäude ließ er an großen Schautafeln seine Misserfolgsliste anpreisen: Die aktuelle Statistik der Zugverspätungen, die bedürfen ja keiner Begründung mehr, sondern bereichern die prächtige Misserfolgsliste. Spezielle Rabatte für Bahnkunden wurden durch komplementäre Zuzahlungen ersetzt.

Zur Bereicherung seiner Verspätungsliste ließ er jahrelang bundesweit Weichen demontieren, um deren Wartungskosten (auch bei Eisbefall) einzusparen. Ausweichgleise für den Gegenverkehr verschwanden damit. So ließen sich Fahrpläne ausdünnen, die Bahnkunden haben ja viel Zeit. Zahllose Bahnbrücken verfielen zwecks weiter Umleitungen. Das nannte Mehdorn "Ertüchtigung für den Börsengang". Die Aktionäre werden es ihm danken.

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dompfeifer  14.09.2021, 20:48
@Doktorelektrik

"Für Verspätungen braucht die "moderne" Bahn keine Gründe"

Man muss eben immer am Ball sein, wenn ein neuer Zeitgeist um die Ecke klotzt. Der chaotische zeitweilige Bahnchef Helmut Mehdorn war da immer am Ball. Den neuen Berliner Hauptbahnhof ließ er vielseitig verstümmeln. U.a. ließ er die unterirdische Trasse der heranwachsenden S-Bahn-Nord-Süd-Trasse klammheimlich baugewaltig blockieren. An den klotzigen Fundamenten der umgeleiteten Ost-West-Trasse wird seit Jahren gemeißelt. Daneben wächst der S-Bahn-"Interimsbahnhof" heran. Spezielle Rabatte für Bahnkunden ließ er in komplementäre "Zuzahlungen" umwandeln.

Im Bahnhofsgebäude stellte er großflächig seine Misserfolgsliste zur Schau: Die aktuelle Statistik der Zugverspätungen. Zur Bereicherung der Liste ließ er jahrelang bundesweit Weichen demontieren zur Einsparung der Wartungskosten, besonders bei Vereisung. Zahllose Bahnbrücken ließ er verfallen zwecks weiter Umleitungen. Damit verschwanden viele Ausweichgleise für den Gegenverkehr. Der musste einfach warten. Damit ließen sich Fahrpläne ausdünnen. Die Bahnkunden haben ja Zeit.

All das pries Mehdorn an als Ertüchtigung für den Börsengang. Die Aktionäre werden es ihm danken.

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dompfeifer  14.09.2021, 23:24
@dompfeifer

Die Verdoppelung des Kommentars ist einer technischen Panne geschuldet: Der Text war plötzlich unrettbar verschwunden. Er tauchte erst wieder auf nach meiner eiligen Neufassung und Hochladung. Entschuldigung!

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Von Experte tunik123 bestätigt

Vermutlich gar nicht, da selbst in Sibirien -50 Grad keine Seltenheit sind und die Züge dort trotzdem recht zuverlässig verkehren. Übrigens sind +10 Grad und 0 Grad keine Minusgrade.


KlickMeinLeben 
Beitragsersteller
 13.09.2021, 23:34

Sehr lustig, wenn bei uns gar -20 hat entgleist bei uns fast alles

0 ist eine positive und negative Zahl, krieg deine Fakten mal korrekt.

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Schimeck  13.09.2021, 23:37
@KlickMeinLeben

Die Zahl 0 ist weder positiv noch negativ, sie ist neutral. Außerdem hatten wir schon oft -20 Grad in den Nächten, maximal ist da vielleicht eine Oberleitung gerissen, von entgleisten Zügen weiß ich nichts.

Soviel zu korrekten Fakten.

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Schimeck  13.09.2021, 23:40
@KlickMeinLeben

Interessanter Link... Aber warum liest Du Deinen Link nicht bis zum Ende?

Da die Schienen auf der Schwelle zueinander fixiert sind, treten Spurfehler, die zum direkten  Entgleisen führen, erst auf, wenn in einem Bereich mehrere Schwellen zerstört sind. Bis dahin bleibt die Strecke meist notdürftig langsam befahrbar.
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tunik123  13.09.2021, 23:44
@KlickMeinLeben

WTF?

Ich lese regelmäßig die Unfall-Untersuchungsberichte des Eisenbahn-Bundesamtes. Davon, dass bei -20°C etwas entgleist ist, habe ich aber noch nichts gelesen.

0 ist weder eine positive noch eine negative Zahl.

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KlickMeinLeben 
Beitragsersteller
 13.09.2021, 23:45
@Schimeck

Du verstehst nix. Schnee und Kälte ändern die Form der Schienen wegen Temperaturextreme

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tunik123  13.09.2021, 23:45
@Schimeck

Unfälle durch Gleisverwerfung kamen bisher nur bei Hitze vor. Oder habe ich jetzt was verpasst?

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KlickMeinLeben 
Beitragsersteller
 13.09.2021, 23:47
@tunik123

Ahem...

Du verstehst nix. Schnee und Kälte ändern die Form der Schienen wegen Temperaturextreme
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Schimeck  13.09.2021, 23:48
@KlickMeinLeben

Das kannst Du mir noch x mal schreiben, trotzdem entgleist so schnell kein Zug

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tunik123  13.09.2021, 23:56
@KlickMeinLeben

Ich war schon einmal bei -20°C auf einem Stellwerk. Die hatten alle möglichen Probleme, aber nichts mit Schienenform und Entgleisungen.

(Eher mit feinem Schnee, der in die Mechanik der Weichenantriebe geweht wurde)

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ronnyarmin  14.09.2021, 00:14
@KlickMeinLeben

Dann hör doch mal, was als Ursache genannt wir: Gefrorene Schalter am Gleis. Was das bedeuten soll, wird nicht erklärt.

Von einer Gleisverwerfung ist nicht die Rede.

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guru61  14.09.2021, 12:03
@KlickMeinLeben

Bei uns würde man sagen 10 Jahre Baumschule und immer noch ein Pfahl!

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Metall zieht sich bei hohen Temperaturen zusammen. Müsste aber sehr dolle kalt sein damit da so ein großer Spielraum entsteht das der Zug kein Grip mehr hat denke.
In Deutschland würde ich sowas komplett ausschließen


Pleasureminds  12.12.2022, 22:57

Bei sehr hohen Minus Temperaturen meintest du wahrscheinlich.

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+10 Grad

Heute früh hatte es 10°C bei uns. Ich konnte meinen Zug gerade noch so auf dem Gleis halten. In ein paar Tagen wird dann wieder - wie jedes Jahr - der Zugverkehr auf der gesamten Nordhalbkugel bis Mai eingestellt.


Doktorelektrik  14.09.2021, 20:28

Guter Ansatz - ich fürchte, die DB wird den Ansatz aufgreifen und das Rollmaterial gleich mitsamt Personal auf die Südhalbkugel verbringen zur Vermietung. So Kleinigkeiten wie andere Spurweite oder andere Energieformen werden im Management wegdiskutiert. Ein moderner Vorstand steht über all dem. Eben 4.0...

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Gib mir einen Grund an, warum die Bahn entgleisen soll?

-30 Grad hab ich in Polen und in der Ukraine erlebt. Kein Problem!