Die kostenfreie Programmierschule 42 Heilbronn - Kann hier jemand über eigene Erfahrungen damit berichten?
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Ist sie wirklich ideal für alle Jugendlichen, die gemeinsam mit anderen die Kunst des Programmierens erlernen möchten, ohne Geld für ein Boot Camp ausgeben zu müssen?
1 Antwort
In der Zeit kann man auch (fast kostenlos bzw. sogar bezahlt) eine Ausbildung machen oder studieren.
Einerseits hätte man dann einen Abschluss, der auf jeden Fall überall anerkannt wird. Andererseits hat man tatsächlich dann auch (beim Studium tiefergreifende) theoretische Hintergründe und kann nicht einfach nur programmieren.
Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die Zeit vorbei ist, in der Leute nur dafür eingestellt werden, dass sie programmieren können.
Wie mir scheint, wird wohl nur der Level-1-Abschluss an der Computerschule 42 Heilbronn (d.h. der niedrigste von insgesamt 6 auf einander aufbauenden Abschlüssen und Ausbildungsabschnitten) dem entsprechen, was ein normales, kostenpflichtiges Bootcamp in 4 bis 6 Monaten an Ausbildungsresultat liefert.
Ein Level-6-Abschluss könnte demnach gut vergleichbar sein mit einem typischen FH-Master-Abschluss in Software Engineering an irgend einer der besten deutschen Fachhochschulen.
antwortet die Schule 42 wie folgt:
Die Piscine soll sowohl den Bewerbenden als auch dem 42-Team helfen, einzuschätzen, wer mit unserer Methodik kompatibel ist. Wenn du die Piscine nicht bestehen solltest, kannst du dich ein weiteres Mal bei einer der 42 Schulen weltweit bewerben - aber erst nach einem vollen Jahr (365 Tage). Du kannst also eine Piscine pro Jahr besuchen, aber nur zwei im Laufe deines Lebens. Wenn du die Piscine nicht bestehen solltest, dann fühl dich bitte nicht entmutigt. Dein Profil ist vielleicht nicht das geeignetste für ein Studium mit 42, aber es gibt viele andere Möglichkeiten, das Programmieren zu lernen. Für jede*n gibt es eine passende Lernmethode!
So gesehen kann man die Piscine (= die notwendige Teilnahme an einer durch die Schule definierten Aufnahmeprüfung) auch als guten Test dafür sehen, ob man für den Beruf des Software-Entwicklers denn überhaupt geeignet erscheint. Dazu was gesagt zu bekommen, ist natürlich viel wert. Insbesondere im negativen Fall.
42 wird dir nicht beibringen, wie man ein bestimmtes Problem löst oder wie man ein Werkzeug benutzt. 42 wird dir beibringen, wie man lernt und wie man die Werkzeuge versteht, die es gibt. Nach 42 wirst du in der Lage sein, schwierige Probleme zu lösen, weil du es gewohnt bist, kritisch zu denken, Wissen zu suchen und zu teilen. 42 wird dich nicht auf eine bestimmte Technologie festlegen. Technologie ändert sich ständig... Die Studierenden werden in der Lage sein, relevante Fähigkeiten während der gesamten Karriere zu entwickeln und zu erhalten.
Zitiert aus: https://www.42heilbronn.de/de/faq/
Mein Eindruck nach all dem ist:
Die Programmierschule 42 Heilbronn will (wie auch die gesamte Ecole 42) eine ganz extrem nur praktisch orientierte Schule sein. Theorie wird dort offenbar als völlig überflüssig erachtet, so dass mit ihr nur in Berührung kommen kann, wer ihm fehlendes Wissen nicht einfach nur bei Peers zu erfragen gewohnt ist, sondern sich angewöhnt hat, darüberhinaus solches Wissen auch in guten Fach- und Lehrbüchern zu suchen. Sog. "Frontalunterricht", wie man ihn von sämtlichen deutschen Hochschulen her als dort vorherrschende wichtigste Lehrmethodik kennt, gibt es in Ecol 42 offenbar überhaupt nicht. Meiner Ansicht nach, kann das schon auch zum Problem werden. Man sei also vorsichtig ...
Meine eigene Erfahrung - auch im Software Engineering - war immer: Beste Praxis ist stets eine gute Theorie.
Man kann es auch so sagen:
Guter Praktiker zu sein bedeutet, alle wichtigen Lösungswege zu kennen (oder zu wissen, wo man sie erfragen kann).
Zudem auch Theoretiker zu sein bedeutet, sich – wo notwendig oder hilfreich –selbst neue, bisher noch unbekannte Lösungswege erarbeiten zu können.
Einerseits hätte man dann einen Abschluss, der auf jeden Fall überall anerkannt wird. Andererseits hat man tatsächlich dann auch (beim Studium tiefergreifende) theoretische Hintergründe und kann nicht einfach nur programmieren.
Zu diesem Punkt lese man den Erfahrungsbericht von Christina (23) auf dem Bild ihrer selbst auf Seite https://www.42heilbronn.de/de/Studium/einblicke-studierende/ :
Sie fand den Besuch dieser Schule angeblich sogar noch wertvoll und (für sich jedenfalls) nahezu notwendig nach Beendigung ihres Studiums der Informatik.
Ja, eben deswegen habe ich die Frage hier ja gestellt an Leute, welche die Schule wirklich besucht haben (und uns sagen können, in welchem Umfang alles stimmt, was auf der Homepage der Schule als so wunderbar dargestellt wird).
Wahr scheint auf jeden Fall zu sein, dass man die Schule kostenfrei nutzen kann, was ja schon sehr viel ist angesichts der Tatsache, dass, wenn jemand ein anderes Boot Camp bucht, er vergeblich einige tausend Euro bezahlt hat auch dann, wenn er schon einen Monat nach Beginn feststellt, dass zu Programmieren eben doch nicht seine Sache ist.
Tatsächlich glaube ich, dass die Mehrzahl aller Jugendlichen, die zunächst glauben, Software entwickeln zu können wäre ihr Traumjob, sehr schnell merken, dass sie für solchen Beruf so ganz und gar nicht geeignet sind. Den Schulbesuch dann ohne finanziellen Verlust einfach abbrechen zu können, wird für sie natürlich schon als großer Vorteil einzustufen sein.
Da die Schule offenbar (von möglichen Fördergeldern mal abgesehen) komplett durch Sponsoren aus der Industrie finanziert wird, gehe ich davon aus, dass denen die Qualität der Schulabgänger durchaus gefällt und sie viele dieser Jugendlichen dann auch wirklich einstellen.
Schade nur, dass es keine veröffentlichten Zahlen darüber zu geben scheint, die uns zeigen, welcher Prozentsatz der Schüler nach Erreichen welchen Levels die Schule verließ und wie lange er sie besucht hat.
Ob das richtig ist, weiß ich nicht, da Fachinformatiker (auch solche für Software-Entwicklung) die Disziplin "Entwurf größerer Software-Anwendungen" i.A. viel zu wenig beherrschen. Gut zu gebrauchen sind sie eher nur für Service und Wartungsarbeiten, d.h. als Problembeheber, wo Endanwender sonst nicht weiterarbeiten könnten.
Auf Seite https://www.42heilbronn.de/de/Studium/einblicke-studierende/#article-793 findet sich folgende interessante
Info zu Ursprung und Background der Schule 42:2021 hat die Dieter Schwarz Stiftung ein völlig alternatives Lernkonzept nach Heilbronn geholt. Hier wird in der Gemeinschaft gelernt, praxisnahe Aufgaben werden gelöst. Das Prinzip: Learning by Doing. Es gibt keinen Frontalunterricht, keine Stundenpläne, keine Theorie. Jeder Lernende ist Schüler und Lehrer. Die erste 42 ist 2013 in Paris gegründet worden. Das Lernkonzept überzeugt. In kürzester Zeit gründen sich Partnerschulen in aller Welt. Heute sind es 50 Schulen in 29 Ländern – mit 12.000+ Studierenden ist es die größte Coding School weltweit. Der Standort in Heilbronn hat aktuell über 400 Studierende und wächst (Stand: 08.2024).
Interessant erscheint mir, dass die Computerschule 42 Heilbronn nicht nur kostenfrei ist, sondern sogar Stipendien vergibt bis hin zu BaföG-Höhe. Man lese dazu die Seite https://www.42heilbronn.de/de/Studium/stipendien/ .
In der Zeit kann man auch (fast kostenlos bzw. sogar bezahlt) eine Ausbildung machen oder studieren.
Das ist natürlich nicht richtig, da eine Ausbildung ja in aller Regel 3 Jahre dauert und die Schule hier nur so etwas wie ein Boot Camp ersetzen möchte (das man in wenigen Monaten Fernunterricht absolviert und dafür einige Tausend Euro bezahlen muss).
Ich persönlich bin davon überzeugt, dass die Zeit vorbei ist, in der Leute nur dafür eingestellt werden, dass sie programmieren können.
Dem kann ich nur zustimmen.
Wie ich gerade auf Seite https://www.42network.org/about-us/ lese, ist die Programmierschule 42 Heilbronn, Teil eines weltweiten Netzes solcher Schulen, das
- 2013 gegründet wurde durch den französischen Großunternehmer Xavier Niel
- und sich Ecole 42 nennt.
Ganz besonders erstaunlich: Im WURI RANKING 2024der weltweit renommiertesten Hochschulen wird der Ecole 42 Platz 6 zuerkannt: siehe das erste Dokument hinter Seite https://www.wuri.world/wuri-ranking-2024 .
Das scheint mir ja nun wirklich für hohe Qualität der Ausbildung an der Programmierschule 42 Heilbronn zu sprechen. Kaum zu glauben, dass Studenten nichts dafür bezahlen müssen.