Sind Religiöse (christliche) Sommercamps cool?

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Liebe Heidi

Ich war als Jugendlicher jeden Sommer in einem Ferienlager, welches von meiner Kirchgemeinde organisiert war. Das waren ganz normale Camps und ich bin gerne gegangen.

Wenn es sich aber um ein Camp handelt, welches "fromm" geführt wird, werden Deine Eltern nach Deiner Rückkehr eine Überraschung erleben. Du bist nämlich immer noch bi, hingegen wird zusätzlich Deine Begeisterung für die Kirche auf dem Nullpunkt sein.

Immerhin kannst Du dann sagen, dass Du dort gelernt hast, dass die göttlichen Gebote einzuhalten sind (Du sollst nicht lügen und Deine Eltern ehren). Du würdest deshalb sie als Deine Eltern nicht mehr anlügen und Ihnen offen und ehrlich sagen, dass Du auch auf Mädchen stehst.

Von daher kannst Du ruhig ein solches Camp besuchen. Er macht Dich stärker wenn Du mit solchen mittelalterlichen Thesen konfrontierst wirst. Du bestimmst über Dein Leben, nur Du!

Tellensohn  


gforler  20.10.2021, 21:32

Das ist eine super Antwort. Die Anwendung der Gebote finde ich klasse.

Ich war zwar nie in einem solchen Sommercamp, aber ich denke nicht, dass solche dazu geeignet sind, jemandem auszureden, etwas anderes als heterosexuell orientiert zu sein. Vielleicht werden einem dahingehend dann Vorwürfe gemacht, aber beispielsweise Homo- oder Bisexualität ist weder eine Krankheit noch bedarf sie einer Heilung. Und wenn Deine/Eure Eltern das nicht begriffen haben, dann sind diese sehr weit davon entfernt, wirkliche Christen zu sein, denn das wichtigste an einem Christen ist die Nächstenliebe, und die lebt man nur dann wirklich, wenn man andere so zu akzeptieren lernt, wie sie sind und sein möchten. Wer also über andere deshalb urteilt, weil sie beispielsweise homo- oder bisexuell sind, und meint, diesen Splitter im Auge der betreffenden Person herausziehen zu müssen, sollte sich erst einmal um den Balken im eigenen Auge bezüglich unzureichender Nächstenliebe kümmern. Und ich schreibe dies, obwohl ich selbst heterosexuell veranlagt bin, aber das Christsein ist mir wichtiger als beispielsweise die Sexualität und es ist auch mehr als allein der Glaube.

Ich war mal im Rahmen meiner Firmung in einem christlichen Camp in Frankreich. ("Taizé", falls es wen interessiert)

Dort wurden dreimal täglich zu festen Zeiten Lieder in einer riesigen Kapelle gesungen und über den Nachmittag wurden wir in Gruppen eingeteilt, in denen wir zusammen über Gott sprachen. Niemand hätte es gewagt uns nach unserer sexuellen Orientierung zu fragen und "behandelt" hätte dich da auch niemand. Du müsstest es dort einfach nur für dich behalten und das schlimmste was dir dann passieren könnte, wären komische Blicke von anderen, nicht toleranten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

hargon  04.01.2020, 15:54

Taize ist leider kein exemplarisches Beispiel, ich glaub da er wartet Fragestellerin etwas ganz anderes

Vorweg: ich bin zwar bi, aber in keiner weise religiös und war daher auch nie in christlichen Sommercamps. Ich habe aber eine sehr gute Bekannte, die selbst lesbisch ist und die auch anlässlich ihrer Konfirmation in einem solchen Camp war. Sie hat berichtet, dass alle dort sehr offen und tolerant waren. Man hat zusammen halt viel unternommen. Lagerfeuer, zusammen Lieder singen, die üblichen Sachen halt.

Ich glaube aber, dass deine Eltern diese Art von Camps gar nicht meinen und sich wohl eher auf so genannte Konversionscamps beziehen. Solche Einrichtungen werben damit, Homo- oder Bisexuelle "umpolen" und zu Heteros erziehen zu können. Leider gibt es heute immer noch sehr intolerante Menschen, die Homosexualität als eine Krankheit ansehen, obwohl das nachweislich nicht so ist. Es ist völlig normal und in Ordnung, wenn du bi oder homo bist und du solltest dich dafür nicht schämen müssen.
Ganz abgesehen davon, dass man Homosexualität nicht heilen muss, ist das übrigens auch gar nicht möglich. Die sexuelle Orientierung ist angeboren und man kann rein gar nichts dagegen machen. Du hast dir ja nicht ausgesucht bi zu sein und du wirst dein Leben lang bi bleiben, daher ist jeder Versuch einer Konversion bereits im Voraus zum Scheitern verurteilt. Es ist im Gegenteil sogar so, dass solche Konversionstherapien erheblichen seelischen Schaden anrichten können. Auf vielen leidet ein erheblicher emotionaler Druck, weil sie irgendwann einsehen, dass sich ihre sexuelle Orientierung trotz Konversion nicht ändert. Bei nicht wenigen kommt es dann zu starken Depressionen, manche werden sogar so weit getrieben, dass sie Selbstmord begehen.
Aus gutem Grund plant die aktuelle Bundesregierung daher ein Verbot solcher Konversionstherapien. Bleibt nur zu hoffen, dass ein längst überfälliges Verbot auch wirklich kommt.

Ob du dich outen möchtest, hängt ganz von dir ab. Du musst es jedenfalls nicht tun. Wenn du das Gefühl hast, dass deine Eltern mit deiner sexuellen Orientierung ein Problem haben könnten, dann würde ich an deiner Stelle warten, bis du mit 18 auf eigenen Beinen stehst.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin bisexuell. 💕💜💙

don2016  26.02.2020, 21:39
"Viel zu gefährlich für Leib und Seele"

Zuvor hatte Spahn seinen Entwurf noch einmal verschärft: Ausnahmeregelungen für Heranwachsende im Alter zwischen 16 und 18 Jahren wurden gestrichen.

Denn gerade in dieser Altersphase fänden die meisten Versuche statt, mit Pseudo-Therapien gegen Homosexualität oder die Geschlechtsidentität vorzugehen, sagte Spahn: "Diese angebliche Therapie ist viel zu gefährlich für Leib und Seele, als dass man Graubereiche zulassen dürfte."

Jegliches Bewerben, Anbieten oder Vermitteln sogenannter Konversionstherapien an Personen unter 18 Jahren soll künftig nicht mehr erlaubt sein und mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Bei Volljährigen werden nur die öffentliche Reklame, das Anbieten und die Vermittlung verboten.

In Kraft treten könnte das Gesetz nach einem Beschluss im Bundestag voraussichtlich Mitte kommenden Jahres.

...ich habe mir erlaubt, den Text, von Spahn mal hier hinein zu kopieren; hoffen wir, daß Mitte 2020 das Gesetz zustande kommt...

Hallo Heidi,

von einem Coming Out als 14jährige gegenüber religiösen Eltern rate ich dir dringend ab, und zwar solange du da wohnst. Ihre Religion befiehlt ihnen, dass sie kein Verständnis für LGBTQ haben dürfen, und dir ist es nach der Religion auch streng verboten. Deine Eltern sind zuzweit, älter und stärker als du. Außerdem können sie viel über dich bestimmen.

Also lebe deine Neigung einfach heimlich. Niemand sieht, was du mit einer Freundin machst, wenn du sie nachmittags besuchst.

Auch von diesem Camp rate ich dir dringend ab. Solche Camps dienen unter anderem dazu dir deine Neigung auszutreiben. Auch mit fiesen Mitteln. Schlimmer ist es noch, wenn deine Eltern dort erzählen, um was es bei dir geht. Dann kannst du dich auf Terror gefasst machen.

Mädchen wie du sind dort vielleicht einige wenige, die auch zur "Heilung" dahin geschickt werden. Aber ich glaube, es geht dort eher um allgemeine religiöse Erziehung. Wenn dort tatsächlich jemand aus der LGBTQ-Abteilung ist, dann wirst du genau dort wohl kaum Gelegenheit zu einem freien Kontakt finden.

Du kannst dich weigern dorthin zu gehen. Bitte tu das.