Kernaussage vom Buch "Der Sandmann"?

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Frage dich, warum die Schauer-Erzählung "Der Sandmann" heißt - und nicht z. B. Olimpia oder Die Augen. Was ist ein Sandmann?

Informiere dich über das "psychische Trauma", weil dies die Wirklichkeit in Nathanaels Wahrnehmung der Dinge immer stärker entwickelt, bis er sich aus Verzweiflung selbst tötet. Was bewirkt die Verzweiflung? Der Tod seines Vaters? Wertet er ihn als Mord oder als Unfall? Warum betrachtet er schließlich seine Verlobte, die ja doch geliebte Clara, als Ideal in der mechanischen Puppe Olimpia? Weshalb beurteilt man (heute) Nathanael als psychotischen Narziss? Ist Olimpia die künstlich menschliche Frau, die Coppelius und Nathanaels Vater erschufen, oder ist sie nur eine menschenähnliche Maschine? Wer glaubt da was?

Kannst du die Ununterscheidbarkeit von der sachlichen Wirklichkeit und der gefühlsmäßigen Vorstellung von der Wirklichkeit verstehen, mitempfinden? Dann hast du die "Kernaussage" des Märchens festgemacht. Du kannst dir auch Stichworte aufschreiben, was wohl zum hellen Tag der Realität der Erzählung und was zur dunklen Nacht der Irrealität gehört, weshalb dieser Kurzroman mit ähnlichen Werken unter dem Titel "Nachtstücke" von Hoffmann veröffentlicht wurden.

Wo könnte da ein Wendepunkt in der Geschichte erkannt werden? Eine Lösung der handlungstreibenden Erzählstränge? - Der erste Wendepunkt liegt schon im Anfang, in der "Urszene" mit dem Tod Nathanaels Vaters, denn deshalb beginnt sich Nathanaels Leben schnellstens in Richtung Sterben zu bewegen, ganz nach der Bedeutung des Namens "Nathanael". Warum heißt die Geschichte nicht so?

Die letzte Wende könnte nach dem Selbstmord sein, als erzählt wird, dass Clara ihr "häusliches Glück" doch noch gefunden hätte.

Das Werk heißt "Der Sandmann", weil Hoffmann somit keinen eindeutig zu ordnungsfähigen Titel geschaffen hat. Einen "Sandmann" können viele LeserInnen in ihrer Jugend erfahren haben, die Schauerlichkeit mit ständigen Ängsten haben viele Menschen. Der Sandmann könnte auch Napoleon sein, das Symbol der fürchterlichen Jahre der Kriege, die 1815 endlich durch die Schlacht bei Waterloo endeten, aber in eine Restauration, eine absichtliche Wiederherstellung der Vergangenheit, in die ihrerseits unwirkliche Idylle - (vgl. viele Bilder von E. Spitzweg). Die Menschen waren alle traumatisiert, zahllose Familien haben zumindest ihre Väter und Söhne verloren...

Und so wird Hoffmanns Geschichte geradezu zeitlos und in der skrupellosen Entwicklung der "Künstlichen Intelligenz", nicht weil die natürliche des Menschen zu gering ist, sondern aus Neugier und Machtgier, irgendwann endlich selbst eine beherrschbare, kontrollierbare menschengehirnähnliche Maschine zu erschaffen, hochmodern. Kinder zu schöpfen, ist eben das Leben zu schenken. Maschinen zu erschaffen, ist nur sich den Tod als Lebewesen vorzustellen.

All das und noch mehr steckt in dieser Schauer-Erzählung, über die es mittlerweile tausende Seiten Sekundärliteratur gibt; auch von Psychologen, Philosophen, Politikwissenschaftlern usw. usw..

Also wirst du mehr Fragen auch selbst finden als einfache Antworten zu entdecken - genau das macht ein außerordentliches Kunstwerk aus.

Viel Erkenntnis und Mitfühlen in diesem Spiel der Vereinigung von Wirklichkeit und Fantasie, von Gesundheit und Krankheit, von Leben schöpfen und Tod erreichen und...