Zu 1. Kor 11,2ff eine Bemerkung: es ist nicht möglich, diese Bibelstelle so auszulegen, dass wir zweifelsfrei erkennen können, was Paulus den Korinthern mitgeteilt hat.
Das liegt daran, dass Paulus auf Mitteilungen und Fragen der Korinther antwortet, die wir aber nicht kennen. Aus Paulus' Antwort können wir nicht sicher schliessen, wie die Situation in Korinth nun aussah und was Paulus gemeint hat. Wir wissen auch nicht, was Paulus nun exakt angeordnet hat.
Leider fällt es Männern schwer zuzugeben, dass sie schlicht nicht sicher wissen, was Paulus gemeint hat. Und es fällt ihnen schwer, Frauen nicht vorzuschreiben, wie sie sich zu kleiden haben. Also gibt es diverse von Männern erdachte Vorschriften, was Frauen im Gottesdienst mit ihren Haaren machen sollen.
Grundsätzlich gilt aber: nahezu alle Frauen der Bibel trugen Kopftuch, teilweise auch Schleier, wohl immer nach den Sitten ihrer Umwelt. In Korinth wurde das Kopftuch vermutlich nach römischen Sitten getragen, da Korinth, auch wenn es in Griechenland lag, eine römische Kolonie war, in der römische Sitten galten. So war es bei Kulthandlungen allgemein üblich, dass Frauen ihren Kopf bedeckten, Männer aber nicht - mit Ausnahme des Mannes, der der Kulthandlung vorstand.
Wenn heute eine Christin Kopftuch oder Schleier tragen will, dann soll sie es tun. Und wenn nicht, dann soll sie es lassen. Und wenn Männer ihr reinreden wollen, dann soll sie deren Maul mit einem Kopftuch stopfen. Es ist nicht Sache der Männer, wie Frauen sich beim Gottesdienst oder wo sonst kleiden.
In der Bibel gibt es keine Anweisung, Kopftuch zu tragen. Gerade Jesus selbst sagt dazu nichts (aber sehr wahrscheinlich trugen alle Frauen in seiner Umgebung einen Schleier, gerade bei den Frauen aus Galiläa dürfte das weit verbreitet gewesen sein). Wir haben also als Frauen die Freiheit, selbst zu entscheiden.
Zuletzt: ich trage als Christin (zeitweise) Kopftuch. Für mich ist es aber mehr ein Zeichen der Solidarität mit meinen muslimischen Schwestern, die mir als Christin wichtig ist. Ich stelle mich damit bewusst an ihre Seite und gehe mit ihnen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Muslimas wegen ihres Kopftuches angefeindet werden, also stelle ich mich zu ihnen.